Das Wochenende
Die Vorfreude war groß gewesen, wie immer, wenn es auf eine Whiskymesse geht. Endlich war der 21.04.18 gekommen. Das Wochenende hatte gut angefangen, am Freitag mit einer Lesung von Elke Heidenreich im Sitzungssaal des Mayener Rathauses, genauer, mit einem guten Essen in wunderbarer Atmosphäre und in Gegenwart von lieben Freunden und interessanten Menschen im Gasthaus im Römer in der Mayener Marktstraße. Danach dann die Lesung von Kurzgeschichten und die Vorstellung Elke Heidenreichs neuen Buches über den Rhein. Im Anschluss noch ein Bier auf dem sehr schönen Mayener Marktplatz in einer Sommernacht im Frühling im Emils.
Der Mayener Bahnhof
Nach der kurzen Nacht also mein Durchgang durch die uringeschwängerte Luft des Mayener Bahnhofs. Ich will gar nicht genau wissen, wodurch die Rollspitze meines Blindenstocks da so durch schwingt. Am Bahnsteig ist direkt eine Gruppe von 4 Männern hörbar, die wohl auch nach Limburg zur Whisky Fair wollen, was aus ihren Gesprächen hervorgeht. Ich spreche sie ohne zu zögern an, frage auch, ob sie denn hier aus der Region sind und irritiere sie wohl sehr. Vielleicht sind es auch Idioten, deren Sozialkompetenz bereits dem Whisky zum Opfer gefallen ist – letztlich egal. Ich steige ein, alleine und suche einen Platz für mich und die anderen Whiskygraphen, die später hinzusteigen werden.
Das Frühstück
In Kruft steigen die Whiskygraphen Hagen, Patrick und Stefan ein, in Andernach der Freund Gerd, der uns über einen Karnevalsverein bekannt ist und in Koblenz dann der Whiskygraph Christian, der die Kaffeeversorgung übernommen hat. Zusammen mit den Leckereien, welche die Kumpels nach und nach aus ihren Rucksäcken zaubern, ergibt sich ein Frühstück, dass die ideale Grundlage für den Whiskygenuss bei 30 Grad schaffen wird. Abgerundet wird das ganze von einem Craft-Bier aus der Vulkan-Brauerei in Mendig. Ein sehr fruchtiges Geschmackserlebnis mit Maracuja.
Ankunft
In Limburg erwartet uns am Bahnhof bereits mein Freund und Kollege Willie, der aus Kelsterbach angereist ist. Nun sind die glorreichen 7 komplett und es kann in Richtung Messegelände gehen. Die Stadt füllt sich merklich und wir sind Teil des nicht kleinen Pilgerzuges, der vor den heiligen Hallen noch rund 30 Minuten warten muss, bevor der Einlass um 11 Uhr beginnt. Begrüßt werden wir draußen bereits von Dudelsackmusik, der brennenden Sonne, die es immer heißer werden lässt und schließlich auch von Whisky Jason, dem sympathischen Video-Blogger, mit dem die Whiskygraphen Patrick und Hagen bereits eine Live-Verkostung gemacht haben.
Das zweite Frühstück
Via Facebook hatten wir Whiskygraphen uns bei Irish Whiskys und Mareike Spitzer quasi zum Irish breakfast angemeldet. Wieso also nicht bei den Iren starten auf der Messe? Ein guter Einstieg über ein zweites Frühstück. In unseren Gläsern landeten 3 verschiedene Iren. Seit unserem Irish Tasting im letzten Jahr verfolgen wir auch die Entwicklungen auf der grünen Insel sehr interessiert. Zusätzlich gab es den 7-jährigen Tom Farclas von Anam Na H-alba. 59 % zum Frühstück, der Whiskygraph Stefan mag’s gerne deftig. Ansonsten fanden ein Clonakilty Virgin Oak Cask Finish mit 43,6 %, ein Blended Malt aus Single Malts und Single Grains im Alter von 7 bis 10 Jahren, die alle in Bourbon-Fässern gelagert haben, bevor sie in frischen Eichenfässern nach ihrer Vermählung gefinisht worden sind, ein Retronaut 17 und ein J. J. Corry The Gael den Weg in unsere Gläser.
Der Retronaut 17 ist ein unabhängig abgefüllter 17-jähriger Single Malt, der feierlich begleitend zur kommenden Eröffnung der Blackwater Distillery im Sommer 2018 erschienen ist. Er ist auf 1.160 Flaschen limitiert und kam mit 46% in die Flaschen, auf denen der Whisky tatsächlich, trotz irischer Herkunft, ohne „e“ geschrieben wird. Ebenfalls 46% hat der J. J. Corry The Gael, dessen erstes Batch 7.000 Flaschen umfasst. Vermählt wurden in diesem Blended Whiskey 7-jähriger Single Grain, 11- und 15-jähriger Single Malt und ein kleiner Anteil 26-jähriger Single Malt aus einem Ex-Sherry-Hogshead. Der Clonakilty war einfach, wunderbar süß mit Vanille und Karamell und ein perfekter Einstieg, eine tolle Empfehlung von Mareike. Der Retronaut war sehr gut, komplex, vollmundig, aber doch zu teuer und der J. J. Corry The Gael war gut, vielschichtig und angemessen im Preis. Der Tom Farclas konnte mich nicht überzeugen, er schien mir einfach deutlich zu jung, auch wenn klar erkennbar ist, dass es sich in seinen Anlagen um einen sehr guten Whisky handelt.
Kameraleute
Nach dem tollen zweiten Frühstück konnte es dann weitergehen. Der Whiskygraph Hagen machte sich verdient als Kameramann für Whisky Jason und ich bekam irgendwie Durst davon. Unsere Gruppe teilte sich und wir schwärmten in verschiedene Richtungen über die Messe aus. Mit Gerd, Willie und Whiskygraph Patrick landeten wir unter anderem bei Best Dram. Mein Freund Willie, den ich im Rahmen einer Fortbildung kennengelernt habe und der eine Sehbehinderung hat, ist ein versierter Hobbyphotograph. Als Gast-Whisky- und Photograph konnte er nun 2 Hobbys in Limburg miteinander vereinen.
Junges Gemüse
Bei Best Dram landeten dann einige sehr interessante Tropfen bei uns im Glas. Via Facebook hatten die Herren ihre Abfüllungen angekündigt und ich hatte es mir nicht nehmen lassen zu bemerken, dass es sich um relativ junges Gemüse handelt. Prompt war die Antwort gekommen, der Hinweis auf einen 26-jährigen Invergordon. Jener landete in meinem Glas. Die anderen hatten sich für einen 35-jährigen Inchgower, einen 15-jährigen Glentauchers und einen 10-jährigen Lagavulin entschieden. Machen wir es kurz, die beiden Single Grains, also der Invergordon und der Inchgower blieben doch unter meinen Erwartungen, der Glentauchers hingegen war absolut herausragend. Ein sehr fruchtiger Malt, der einige verschiedene Obstsorten im Aroma und Geschmack zu bieten hat. Mit 90 Euro die Flasche zwar ein sehr ambitionierter Preis, aber doch ein wahrhaft einzigartiger Malt. Der Lagavulin kam ebenfalls sehr gut an, wurde aber von mir nicht probiert, da es mir noch zu früh für rauchige Whiskys war.
Nachhaltig in Erinnerung geblieben sind hier insofern der frisch-fruchtige Glentauchers, der aus einem first fill Bourbon-Barrel stammt, mit 49,5% abgefüllt ist und durch eine sehr klar frische Aprikosennote besticht und der Inchgower 35. Er wurde 1980 destilliert und 2015 abgefüllt, hat noch immer 47,6 %, stammt aus einem first fill Bourbon Cask und fällt mit einer zurückhaltenden Fruchtigkeit und einer sehr schönen Süße auf. Gemessen am Alter und den Rahmendaten sind die 250 Euro für den Inchgower durchaus nachvollziehbar, die empfundene Trinkqualität, die auch durch eine phantastische Konsistenz des Malts durchaus hoch ist, rechtfertigt den Preis allerdings nicht ganz.
Russisches Whiskyroulette
Bevor wir mit Gerd und dem Whiskygraphen Patrick zu Best Dram gegangen waren, hatten mein Freund Willie und ich noch eine Runde Russisches Whiskyroulette gespielt. Denn obwohl der gebürtige Deutschrusse Willie zwar im Nahbereich das eingeschränkte Sehen hervorragend kompensieren kann, so ist dies in der Ferne doch nur bedingt möglich. So sind für ihn die Auszeichnungen der Stände nicht erkennbar und wenn wir zu einem Stand gingen, so hatten wir keine Ahnung, wo wir landen würden. Das ist nicht uninteressant in mehrerlei Dimensionen. Einerseits natürlich, weil es fast etwas von einem blind tasting hat, andererseits, weil die Menschen an den Messeständen immer so süß irritiert sind, wenn man sie als erstes fragt, um welchen Stand es sich überhaupt handelt (selbst wenn man einen Blindenstock in der Hand hält).
Kirsch Whisky
Das Glück war auf unserer Seite und so landeten wir bei Kirsch Whisky, einem Importeur, für den bereits hervorragende Whiskys exklusiv abgefüllt worden sind. Die freundliche Frau am Stand gab mir einen weitreichenden Überblick über die Abfüllungen und richtete sich dabei nach meinen Fragen. Leider verstand ich sie zunächst falsch und – bedingt durch die schlechte Akustik in der Messehalle – war irgendwie von Westport statt West Cork ausgegangen. Ersterer ist ein durch Best Dram vertriebener teaspoonend Whisky, der ein Glenmorangie ist, letzterer eben der berühmte irische Whisky. Gerade auf die vielen verschiedenen Abfüllungen von West Cork verwies die Dame am Stand, eben weil ich nachgefragt hatte, doch dann schwenkte ich zu Glenallachie rüber, die für mich ohnehin auf der To-Do-Liste standen mit ihren Abfüllungen zum 50. Geburtstag.
Sehr kompetent und freundlich gab mir der Herr hinter dem Stand nun in englischer Sprache Auskunft über die 6 verschiedenen Jubiläumsabfüllungen von Glenallachie, die zugleich die ersten des neuen Master Distillers Billy Walker sind. Ich schwankte zwischen den beiden von 1989, entschied mich dann für die aus dem Sherry-Butt und gegen jene aus dem Hogshead. Willie nahm diejenige von 1991. Der Glenallachie von 1989 aus dem Sherry Butt mit der Cask No. 986 kam mit 57,7 % daher, war wunderbar fruchtig und hat durch eine Nussnote absolut überzeugen können. Der Glenallachie von 1991 kommt aus dem Cask No. 100285, einem Hogshead, wurde mit 55% abgefüllt und glänzte mit einer großartig komponierten Süße, passend kontrastiert von leicht bitteren Tönen.
Dosenbier und Cola auf Eis
Von allen Getränken an diesem heißen Tag sind mir 2 als ganz besondere Erfrischung in Erinnerung geblieben. Das eine nahmen wir direkt nach unserem Besuch bei Best Dram draußen in der ersten Raucherpause, das andere später nach der letzten tatsächlich einmal sitzend an echten Tischen ein. Dass Gerd Dosenbier in der Pause anreichen konnte, war für mich ein großes Fest. Neben Whiskys, die hunderte von Euros kosten, trinke ich nämlich auch gerne Bier aus der Dose. Eigentlich bin ich sogar eher der Dosenbiertyp. Und die Cola mit Eis ist einfach an einem Tag, an dem man synchron wetter- und alkoholbedingt dehydriert ein Traum. Das zentrale Thema beim Whisky ist der Genuss und man kann es gar nicht oft genug betonen: es gibt auch andere Wege der Sinnesfreuden, die Genuss bescheren. Manchmal reicht ein Dosenbier, manchmal eine Cola mit Eis und ernsthaft betrachtet ist sogar das Glück in ausreichender Menge über Wasser verfügen zu können für sich genommen auch ein Genuss.
Malts of Scotland und Westwood
Weiter ging es bei Malts of Scotland, wo wir 3 verschiedene hervorragende Abfüllungen probieren konnten. Ein Abfüller, der sich seine Produkte gut bezahlen lässt, auf deren Qualität man sich aber immer verlassen kann. Unter anderem landeten hier ein BenRiach und ein Bunnahabhain in unseren Gläsern, beide großartig. Westwood war für uns auch ein Pflichttermin, da dort Menschen tätig sind, die aus unserer Region stammen. In meinem Glas landete hier wieder ein Bunnahahbhain aus der Octave-Serie von Duncan Taylor, recht jung mit 9 Jahren (2008 – 2017) und mit kräftigen 53,2 %. Maritim und süß, sehr überzeugend. Noch besser war allerdings die Abfüllung von Westwood selber, ein 20-jähriger Glenrothes, der von 1996 bis 2016 im Sherry-Cask No. 21 hatte reifen dürfen und dessen 360 Flaschen mit 47,8 % abgefüllt worden sind. Fruchtig, süß, komplex, vielschichtig und tiefgründig, aber mit 125 Euro pro Flasche leider etwas zu ambitioniert im Preis.
2 mal Ben Nevis
Es waren ein 21-jähriger und ein 19-jähriger Ben Nevis, die ich an diesem Tag verkosten konnte. Den 21-jährigen gab es bei der Villa Konthor. Er konnte durch eine ausgeprägte Orangenfruchtnote und ein insgesamt toll harmonisch-ausbalanciertes, aber nicht langweiliges Geschmacks- und Geruchserlebnis punkten. Abgefüllt war er mit 47,2 % als Single Cask aus einem Hogshead von Notierequired. Seine Güte ist auch auf der Whiskybase bekannt, wo er rund 88 Punkte erreicht. Der 19-jährige Ben Nevis war am Stand der Whisky.Auction UK zu bekommen. Er war aus dem Jahr 1972 und war doch leicht enttäuschend für mich. Ich hatte bereits das Vergnügen einige verschiedene Ben Nevis aus dieser Zeit zu verkosten, die ich allesamt als gelungener empfunden habe. Hier ist vor allem der Alkohol viel zu dominant ausgefallen. Eine interessante Erfahrung, aber keine, die man wiederholen müsste.
Adelphi und Riegger
Ein muss für mich war auch ein Besuch bei Adelphi, der ehemaligen Distille, die heute noch als unabhängiger Abfüller agiert, die auch durch qualitativ sehr hochwertige Abfüllungen auffallen. Hier war ein 23-jähriger Bowmore zu bekommen und da konnte ich nicht widerstehen. Und auch hier wurde man wieder nicht enttäuscht. Ein toller Bowmore in Fassstärke mit einer unglaublich guten Preisleistung. Nicht ganz der Mocha on the deck und vielleicht auch nicht ganz der Springtide, aber sehr gut. Bei Riegger mussten wir auf speziellen Wunsch des Whiskygraphen Hagen vorbei. Sie waren wieder mit einem Fass angereist, von dem man einen Handfilled mitnehmen konnte. Es handelte sich um einen Tomatin, der in einem Laphroaig-Fass gefinisht worden ist. Hagen überlegte, ob er eine Flasche mitnehmen sollte oder nicht und wollte unsere Meinung hören. Probieren konnte man den Malt unentgeltlich, abgefüllt direkt vom Fass. Ein toller Service! Ein von Riegger in Fassstärke abgefüllter Tomatin gehört auch noch zu den wirklich sehr überdurchschnittlich guten Whiskys, die ich bisher im Glas hatte. Dieser hier war gut, aber nicht so gut, dass er sich gegen die überaus starke Konkurrenz auf der Messe oder in meiner Sammlung hätte durchsetzen können. Aber auch eine überaus interessante Erfahrung.
Die Standenttäuschung des Tages
Mir war es ein besonderes Anliegen auch wieder bei Elements of Islay zu landen. Hier hatte ich meinem Freund Willie im letzten Jahr seinen ersten Octomore, also OC, ausschenken lassen. Beraten worden waren wir dabei von einer sehr sympathischen Frau, die uns auch einiges über den unabhängigen Abfüller erzählte, bei dem es sich wohl um einen in London lebenden Inder handelt. Ich mag Whiskygeschichten, die von besonderen Persönlichkeiten leben und nicht von der Langeweile technischer Details. Und so mussten wir da natürlich wieder hin.
Diesmal hatten wir aber dann doch eher Pech. Der Vogel hinter dem Stand war, und das ist nicht nur ein Litotes, sondern auch ein Euphemismus, nicht gerade ein Sympathieträger. Nun, damit kann ich sehr gut leben, auch wenn ich gerne noch etwas mehr hier aus erster Hand erfahren hätte. Was mich aber sehr befremdet ist, dass es insgesamt nur 2 Abfüllungen am Stand gab. Fährt man denn ernsthaft mit 2 Abfüllungen auf eine Messe? Nachdem wir uns also durch das gesamte Angebot am Stand verbal durchgekämpft haben, entscheiden wir uns für den CI 8, also einen 12-jährigen Caol Ila. Und der ist genau was wir suchen. Ein schön erdig-speckiger Rauch mit mineralischen Noten, wunderbar. Fazit: Stand unterirdisch, Whisky großartig.
Wieder ins Mackmyra-Universum
Außerdem Pflicht war für uns natürlich wider ein Besuch bei Mackmyra. Hier hatten wir auf Empfehlung von Pat Hock bei der Interwhisky 2017 am Stand einige tolle Tropfen probieren können. Außerordentlich kompetente und freundliche Menschen hatten uns dort fachkundig durch eine Reihe von verschiedenen Abfüllungen geleitet und so war klar, dass wir uns auch hier wieder auf den aktuellen Stand bringen mussten. Einige angebotene Drams musste ich bereits als bekannt zurückweisen und schließlich landete ein Mackmyra Moment Fjällmark in meinem Glas. Die 2018 abgefüllten 4.411 Flaschen haben einen Alkoholgehalt von nur 42%. Der Whisky wurde für eine Dauer von 8 bis 13 Jahren in verschiedenen Fässern gelagert, die zuvor mit schwedischem Moltebeerenwein, Oloroso- und PX-Sherry befüllt gewesen sind.
Bei Gerd landete der zu Weihnachten 2017 abgefüllte Mackmyra Moment Prestige im Glas. Die 4.111 Flaschen wurden mit 46,1% abgefüllt. Der Malt wurde über 11 Jahre in Champagner-Fässern reifen gelassen. Durchaus skeptisch wollte ich das auch einmal probieren. Aber, meine Skepsis war unbegründet, auch der Prestige hat selbiges verdient. Der Fjällmark hat ein tolles frisch-fruchtiges Geschmacksprofil, ausgemacht von einer vielseitigen Süße. 2 großartige Whiskys, man ahnt es, die leider nicht ganz günstig sind.
2 mal Whisky Spirits und Signatory
Mein persönliches Highlight bei Whiskymessen ist fast immer, darauf kann ich mich verlassen, der Stand an dem es die Abfüllungen von Signatory Vintage gibt. In Limburg ist jener Stand der des Frankfurter Händlers Whisky Spirits. Hier begegnet mir auch wieder, ebenfalls eine Konstante, die überaus sympathische Schweizerin, die uns stets fachkundig gute Empfehlungen ausspricht. So müssen wir bereits früh das erste mal mit Gerd, Willie und Patrick dort am Stand vorbei. Und selbstverständlich landet eine interessante Kombination von Whiskys in unseren Gläsern. Es ist hier noch lange vor dem Übergang zu den rauchigen Whiskys. Mir wird ein 20-jähriger Glenlivet mit 46% empfohlen, bei den anderen findet sich unter anderem ein Edradour Straight from the Cask mit Rum-Finish und ein solcher mit einem Red-Wine-Finish. Alles hervorragende Whiskys, an denen man nichts beanstanden kann. Ohnehin bin ich ein großer Freund der SFTC-Abfüllungen von Edradour und Ballechin, so zum Beispiel von jenem mit Madeira-Finish.
Eine Tradition am Ende
Auch ist es gute Tradition, dass meine Messe am Stand von Signatory endet. Zum Ende hin, unser Alkoholspiegel im Blut ist bereits viel zu hoch, muss natürlich noch einmal Vollgas gegeben werden. Nacheinander landen bei mir 5 weitere Whiskys im Glas, allesamt aus der Welt der rauchigen Vertreter. Der ebenfalls sehr nette Kollege der Schweizerin, von der ich später erfahre, dass man sie Gini nennt, empfiehlt mir zunächst einen Ledaig, verweist dann aber auf einen Ballechin SFTC. Ich halte das für eine hervorragende Idee, aber leider kann die Ballechin-Flasche nicht aufgefunden werden. Der Mann hinter dem Stand scheint auch eine Sehbehinderung, genauer eine Kurzsichtigkeit, ich schätze mit einem Visus zwischen 20 und 40%, zu haben. Ein Visus in Fassstärke, dass wäre es doch noch einmal, denke ich leicht melancholisch und nehme glückselig den Ledaig. Er ist 11-jährig, hat durchgehend in Sherry-Fässern gelegen und bringt die volle Ladung süßen Rauches.
Die Zielgerade
Und dann geht es mit den letzten 3 Whiskys des Tages auf die ultimative Zielgerade. Im Vergleich zum CI 8 von Elements of Islay trinke ich einen 12-jährigen Caol Ila in Fassstärke von Signatory. Ich denke, dass er noch ein wenig besser ist als jener von Elements of Islay. Es folgt ein Bunnahabhain Moine mit einem Finish in französischen Brandy-Fässern. Gereift ist er von 2004 bis 2017, abgefüllt wurden 4.152 Flaschen mit 55,3 %. Ich freue mich sehr, dass er den Weg in mein Glas gefunden hat, denn ich hatte doch im Vorfeld sehr viel Positives von diesem Whisky gehört und einfach ist er nicht mehr zu bekommen. Er ist großartig und wird vom letzten Whisky des Tages allerdings noch übertroffen.
Ein explodierender Stern
Abschließend findet der Ardbeg Supernova aus dem Jahre 2010 in mein Glas. Viel habe ich von der legendären Abfüllung gehört und Gini, die so freundlich ist ein Photo mit mir zu machen, klärt mich auf, dass es insgesamt 4 verschiedene Supernovas gibt. Ich bin ein großer Freund von Ardbeg und habe bereits einige Abfüllungen von ihnen verkosten dürfen. Und ich muss doch sagen, dass der Supernova, der mir bereits von Klaus Postert, in dessen Laden Postert-Whisky wir vor kurzem ein schönes Tasting hatten, empfohlen worden war, seinem Namen alle Ehre macht. Ein explodierender Stern im Mundraum. Ein phänomenal erdig-maritimer Rauch, leicht speckig, zurückhaltend süß, in toller Konsistenz, prima. Bevor wir uns vom Stand entfernen, lädt uns der nette Kerl mit dem rheinhessischen Idiom noch nach Islay in sein Hostel ein.
Der Zufall
Elke Heidenreichs Buch, aus dem sie ihre außerordentlich unterhaltsamen und mitunter durchaus tiefgründigen Kurzgeschichten vorgetragen hat, von denen sie aber nicht im Einzelnen verrät, welche absolut wahr und welche eher gedanklich inspiriert sind, trägt den Titel „Alles kein Zufall“. Und irgendwie bin ich geneigt mich der Auffassung anzuschließen. Eine wunderbare Whiskymesse, deren Veranstaltern man nur danken kann, weil sie hier so vielen Whiskyliebhabern ein ungezwungenes Zusammenkommen ermöglichen, geht für mich mit einem Whisky zu ende, der bei mir ganz oben auf der To-Drink-Liste gestanden hat. Das kann kein Zufall sein.
Das Interview
Am Ausgang begegnet uns erneut Whisky Jason, der sich auf den Weg zur Villa Konthor macht, wo er an einem von Markus Heinze geleiteten Whiskydinner mit dem Thema Glenfiddich teilnehmen will. Er hat den ganzen Tag Interviews geführt und selber noch nichts verkostet, insofern wünschen wir ihm nun viel Freude. Für uns wären das nun wirklich nur noch Perlen vor die Säue. Er oder wir, so genau kann man das nun auch nicht mehr sagen, ergreift die Möglichkeit und zeichnet noch ein Video-Interview mit uns auf. Ich bin wirklich gespannt, was wir da so von uns gegeben haben, eine glasklare Erinnerung sieht anders aus. Hoffentlich habe ich nicht zu viel Unsinn von mir gegeben.
Flammkuchen-Tasting
Nach dem Abschied von Whisky Jason machen wir uns auf den Weg in Richtung Bahnhof, wo wir im La Flamme einen Tisch reserviert haben. Mittags hatten wir im Sonnenschein nur eine Kleinigkeit gegessen, die Reste unseres fulminanten ersten Frühstücks in der Bahn, über das sich der Schaffner so gefreut hatte. In diesem netten Restaurant, wo man für einen Festpreis so viel Flammekuchen essen kann, wie man schafft, sehr viele verschiedene,
so dass wir quasi direkt ein Flammkuchen-Tasting veranstalten, haben wir Glück von einer Bedienung aus Köln versorgt zu werden, die Kummer gewohnt zu sein scheint. Lediglich die Frage, ob sie etwas dagegen habe, wenn man unter dem Tisch onaniert, scheint sie etwas aus der Fassung zu bringen. Wir sind wahrhaft zu betrunken.
Bahnhof und Rückfahrt
Mit Willie breche ich etwas vor den anderen in Richtung Bahnhof vom La Flamme aus auf. Nachdem er im Zug nach Frankfurt sitzt muss ich mein Gleis hier finden. Betrunken und blind auf einem mir unbekannten Bahnhof, eine perfekte und mir keineswegs fremde Situation. Die ersten beiden, die ich nach Gleis 3 frage sind noch orientierungsloser als ich – ich scheine nicht der einzige Betrunkene hier zu sein -, aber sehr freundlich. Der dritte letztlich kann mir helfen und geleitet mich sogar fast bis in den Zug. Nach kurzer Zeit kommen auch die übrigen aus dem La Flamme und es geht wieder in Richtung Koblenz, Andernach, Kruft und Mayen.
Im Zug begegnen uns noch weitere Heimkehrer von der Messe, mit denen wir angenehm ins Gespräch kommen, genauer eigentlich eher die übrigen Whiskygraphen und Gerd, denn ich bin platt und mache ein kleines Nickerchen. Die Rückfahrt vergeht wie im Fluge. An den verschiedenen Stationen verabschieden wir uns herzlich voneinander. In Mayen angekommen überlege ich kurz, ob ich in der Unterführung des Bahnhofs nicht auch noch schnell urinieren soll, aber ich entscheide mich dagegen. Dosenbier ist noch, aber da habe ich doch die Seiten gewechselt. Heute gehöre ich zu denen, die sich über die in Bahnhöfen urinierende Jugend empört.
Irish Whiskys / Anam Ma H-Alba / Best Dram / Kirsch Whisky / Malts of Scottland / Westwood / Villa Konthor / Whisky.Auction UK / Adelphi / Rigers / Elements of Islay / Whisky Spirits / Signatory Vintage
Christoph
Toller Beitrag. Hat Spaß gemacht, ihn zu lesen!
Alex
Das freut uns. Vielen Dank.
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