Edradour direkt aus dem Fass, ist das was?
Distille: Edradour
Abfüller: Edradour
Typ: Single Malt Scotch Whisky
Land / Region: Schottland Southern Highlands
Alter: 11 Jahre (18.05.06 – 17.07.17)
Fasstypen: Madeirafass mit der Nr. 228
Flaschenanzahl: 457
Alkoholgehalt: 58,7%
Kühlfiltrierung: nein
Färbung: nein
Preis: 80 Euro für 0,5l
Whiskybase ID: 99895
Auge / Anblick, Farbe:
Die Möglichkeit die Farbe zu beurteilen ist mir nicht gegeben, aber lobend sei hier doch die außergewöhnlich edle Verpackung, eine kleine aufschiebbare Holzkiste, erwähnt. Direkt ein haptischer und auch olfaktorischer Genuss.
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 8,5
Direkt nach dem Einschenken steigt ein interessantes, einzigartiges, komplexes aromatisches Gemisch aus dem Glas auf, das zunächst an Kräuter und Salbei denken lässt. Sodann gesellen sich Fruchtaromen dazu, vornehmlich Aprikose, Pfirsich und Kirsche. Trotz der 58,7 % steigt nichts alkoholisch-störendes zu den Riechrezeptoren auf. Das Kräuter-Salbei-Gemisch weicht einer angenehmen Würzigkeit, die auch eine Spur Zimt umfasst. Das Pfirsich-Aroma wird dominanter über die Zeit und auch ein Anklang von Banane taucht auf. Nach dem ersten Schluck werden die Madeira-Aromen deutlicher und verschiedene Teearomen (Kamille, schwarzer Tee und v.a. Pfefferminz) tauchen klar auf. Sehr gelungen und harmonisch, nirgendwo störende Einflüsse, eine 8,5.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 9
Ein hervorragender, direkter, frontaler Antritt mit einer entzückenden Süße, einem leichten, keineswegs störenden alkoholischen Prickeln auf der Zunge und einer Wucht von Aromen, die die Geschmacksrezeptoren zunächst völlig überfordert. Die Süße ist fruchtiger Natur und trägt Pfirsich-Charakter. Überdies ist sie ergänzt um dezente Schokoladen- und Vanilletöne. Am Gaumen offenbaren sich großartige Eichennoten, Holztöne ohne jede Bitterkeit, welche die Süße der Zunge vortrefflich ergänzen. Der Madeira, der vormals im verwendeten Fass gelagert hat, war vermutlich eher süß als trocken. Der Edradour ist cremig und hat einen vollen Körper. Der Malt ist kein Komplexitätsmonster und er hat das auch gar nicht nötig. Die vorhandenen Aromen kann man nicht besser inszenieren und herausarbeiten. Direkt, gradlinig, klar, deutlich, elegant und sicherlich einzigartig, mir die 9 wert.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 8
Ein langer Abgang, der angenehm aus dem Magen heraus wärmt, wobei der Malt vollkommen ohne alkoholisches Brennen die Kehle und Speiseröhre runtergeht. Die Zunge erinnert die Süße und den Alkohol. Insgesamt bleiben die typischen Fasstöne europäischer Eiche sehr moderat und bringen nur eine minimale Bitterkeit im Abgang. Gut, aber kein wesentlich zusätzlicher Genuss, daher die 8.
Preisleistung (0 – 10): 8
Gesamtbewertung (0 – 10): 8,5
Fazit:
Edradour aus dem Fass, das kann auf jeden Fall was! Ich hatte mir über den Whiskygraphen Hagen bei Daniel Hohleweg ein 0,05 l Sample von jedem Straight from the Cask aus dem Jahr 2017 besorgt und der Madeira hat mich so eingenommen, dass ich eine Flasche bestellt habe. Ich bereue nichts und würde es wieder tun.
Bemerkung:
Edradour ist die schottische Destille, die als die kleinste gilt. Die Brennblasen sind so klein, dass sie bei etwas geringerem Volumen als transportabel eingestuft werden würden, was steuerrechtlich aus historischen Gründen problematisch wäre. Die Destille wurde ursprünglich vermutlich von Bauern gegründet. 1982 ging sie in den Besitz von Pernod Ricard über, 1986 wurde der erste Singel Malt produziert und 2002 wurde Edradour von Signatory Vintage gekauft. Neben den nicht rauchigen Abfüllungen von Edradour werden auch rauchige Varianten unter dem Namen Ballechin herausgebracht. Derzeit wird eine eigene Produktionsstätte für Ballechin auf dem Gelände von Edradour in Betrieb genommen.