Traditionell starten wir unsere Messebesuche mit einigen irischen Whiskeys. Der Stand von Mareike Spitzer, Importeurin und Händlerin mit Irish Whiskeys.de, ist da stets die perfekte Anlaufstelle.
In diesem Jahr hat Mareike sogar Verstärkung mitgebracht – Louise und Niamh von J.J. Corry.
Start in Irland
Wir, das sind die Whiskygraphen Patrick und Christian, sowie meine Freunde Willy und Michael neben mir, wollen mit einigen verhältnismäßig leichten Drams in den Tag starten. Da bieten sich doch einige Perlen von der grünen Insel an. Überdies verfolgen wir die große Entwicklung in Irland auf dem Gebiet des Whiskeys spätestens seit unserem Tasting zum Thema mit Freude und Interesse.
Dingle Batch 4
Auch bei unserem letzten Tasting, das Whiskys und Whiskeys aus aller Welt zum Gegenstand hatte, war mit dem Dingle Batch 3 ein Ire vertreten. Er hatte sich besonderer Beliebtheit erfreut und war noch in der Nacht des Tastings zum Bottlekill geworden. Und nun galt es den Nachfolger, den Dingle Batch 4 zu verkosten.
Produktionsmenge in Dingle
Das besondere bei den Whiskeys aus der Distille im Südwesten Irlands ist unter anderem die geringe Stückzahl. Diese alleine macht einen Whiskey sicherlich noch nicht gut. Hier resultiert sie aus der schlichten Tatsache, dass lediglich 4 Fässer Whiskey pro Tag erzeugt werden. So gibt es vom Batch 4 auch nur 30.000 Flaschen, die mit 46,5 % abgefüllt worden sind. Und nun mag sich 30 000 Flaschen nicht gerade nach wenig in absoluten Zahlen anhören, aber in Anbetracht der Tatsache, dass es eben keine anderen Abfüllungen von der Distille gibt und die vorherigen Batches rasch vergriffen waren, ist es wohl doch relativ wenig. Insofern sollte man wohl schnell eine Kaufentscheidung treffen.
Fässerhochzeit
Zu dem Single Malt wurden Bourbon-, PX-Sherry-, Oloroso-Sherry- und Portweinfässer miteinander vermählt. Er ist fruchtig, süß, würzig und durchaus von einer Komplexität, die einerseits die Vielfalt der verwendeten Fässer anzeigt, andererseits doch andeutet, dass es zunehmend verwobenere, dichtere Geruchs- und Geschmacksprofile von der grünen Insel zu erleben gibt. Eine gelungene Hochzeit.
Clonakilty
In den Gläsern der Freunde landet auch der ebenfalls kürzlich erschienene Clonakilty Bordeaux mit 43,6 %, ein 8-jähriger Single Grain, der in Bordeaux-Fässern nachgereift worden ist. Genau vor einem Jahr hatte ich die Limburger Messe bei Mareike mit dem Clonakilty Virgin Oak begonnen. Einen Bericht darüber findet man hier. Über den neuen Clonakilty mit Bordeaux-Finish wird es auch bald ein Whiskygramm bei uns geben. So viel sei verraten, mir gefallen die Clonakiltys gut.
Louise McGuane
Noch während der Dingle in meinem Glas seinen Geruch und Geschmack merklich verändert, ein wenig Zeit muss man ihm schon geben, kommen wir ins Gespräch mit Louise McGuane. Die außerordentlich sympathische Irin hat nach 20 Jahren Erfahrung in der Welt der Spirituosen, unter anderem bei Diageo, Pernod Ricard oder Moet Hennessy, nach einem Leben in New York, Paris, London oder Singapur, wieder den Weg zurück zu ihren Wurzeln angetreten. Tradition ist auch immer die Rückbesinnung auf Ursprünge und so ist Louise, eine Frau, die im Gespräch kein Zweifel daran lässt, dass sie ein werteverbundener Mensch ist, auch motiviert durch eine Hochzeit und die Nähe zu ihrer Familie, wieder nach Irland zurückgekehrt.
Authentizität und Tradition
Ihre Eltern haben eine Farm bei Cooraclare im County Clare bewirtschaftet und Louise konnte mit ihren Plänen und deren mehr als erfolgreicher Umsetzung doch den beruflichen und privaten Werdegang in einer Weise harmonisieren, wie sich dies vermutlich viele Menschen wünschen. Und diese tiefe Zufriedenheit, die stets bei Menschen zu spüren ist, die ein authentisches, traditionsbejahendes Leben in Verbindung mit ihren Wurzeln führen, strahlt sie aus.
J.J. Corry
Mehr noch, diese Authentizität wird in der Güte ihrer Produkte schmeckbar. Bisher haben eine Reihe von J.J. Corry-Whiskeys den Weg in unsere Gläser gefunden. Aber Moment, zunächst muss man vielleicht erläutern, wie es zu J.J. Corry als Marke gekommen ist.
Whiskey-Bonding
Louise wollte einerseits die elterliche Tradition auf der Farm fortführen, andererseits ihr beträchtliches Wissen und ihre Fähigkeiten auf dem Gebiet des Whiskeys weiter vertiefen und einbringen. Eine Destillerie zu gründen war allerdings nicht das, was sie gerne machen wollte. Und so kam die Idee eine alte Irische Tradition wiederzubeleben, das Bonding. Beim Whiskey-Bonding wird New Make eingekauft und in ebenfalls separat erworbenen Fässern gelagert. Der Bonder lässt den Whiskey also reifen, bemüht sich um verschiedene Finishes und blended unterschiedliche Fässer.
The Chapel Gate Irish Whiskey Company und J.J. Corry
Louise gründete also The Chapel Gate Irish Whiskey Company, den derzeit einzigen Whiskeybonder Irlands. Sie sicherte sich die Rechte an der Marke J.J. Corry, die nach einem berühmten Bonder in der Zeit, als das Bonding in Irland noch weit verbreitet war, benannt ist. Die Häuser auf dem Gelände der Farm wurden umgebaut und so lagern dort heute einige Fässer, die Louise reifen lässt, finished und blended.
The Flintlock
Bei einem solchen Umbau eines Farmhauses zu einem Funktionsgebäude musste auch das Dach abgenommen und vollständig erneuert werden. Dabei fiel eine Waffe aus den 1780er Jahren von diesem alten Dach herunter, die schon lange dort versteckt gewesen sein muss. Und in Andenken an dieses Erlebnis hat Louise eine ihrer neueren Arbeiten „The Flintlock“ genannt, in Andenken an die vielen Menschen, die für die Irische Unabhängigkeit gestritten haben.
Rahmendaten zum J.J. Corry The Flintlock
Und eben dieser J.J. Corry The Flintlock landet mit seinen 46 % in meinem Glas. Vermählt worden sind hier drei 16-jährige Bourbonfässer, zwei firstfill, ein secondfill mit Single Malt. Insgesamt sind 650 Flaschen mit 0,5 l in dieser Small Batch Abfüllung herausgekommen. Und das Ergebnis kann sich durchaus schmecken lassen.
Eine Geschmacksbibliothek
Louise gibt sich sehr viel Mühe, Aromen und Geschmacksstoffe sehr bewusst und gezielt zu einem Gesamteindruck zu verbinden, der auf der einen Seite in sich harmonisch und stimmig ist, auf der anderen Seite aber auch eine Komplexität zu bieten hat, in der sich lange sehr vieles finden lässt. Dazu hat sie eine eigene Geschmacksbibliothek auf dem Gelände der Farm von zwischen 18 und 22 verschiedenen Aromen, mit denen sie gerne experimentiert.
Handwerk, Kunst und Vielfalt
Und sie versteht ihr Handwerk, wobei man hier doch, obwohl natürlich Handwerk und Kunst die selben Wurzeln haben, besser schreiben würde, dass sie ihre Kunst versteht. Der Flintlock gefällt mir in jedem Fall so gut, dass ich eine Flasche davon mitnehme. Es ist ein typischer Bourbonwhiskey höchster Güte, süß, samtig und, was den nicht ganz niedrigen Preis doch rechtfertigt, durchaus komplex mit einer Vielzahl an Nuancen, die ich am Stand zwar bemerke, die genau zu identifizieren ich aber mehr Ruhe brauchen werde.
Connacht Whiskey Company
Unser interessantes Gespräch mit Louise geht weiter und wir verkosten derweil den nächsten Whiskey, einen Connacht. In unseren Gläsern landet ein Spade and Bushel 12 Double Barrel. Connacht wurde als kleine Destillerie im Sommer 2015 eröffnet. Derzeit kauft man von den großen Herstellern ein und verkauft bereits unter dem eigenen Label, in diesem Fall einen Bushmills.
Brothership 10 und Ballyhoo
Bei der Aquavitae 2018 hatten Hagen und ich das Vergnügen mit Ella Nawrot von Connacht ins Gespräch zu kommen. Den Artikel findet man hier. Auch bei dieser Gelegenheit, zu der wir den Brothership 10 und den Ballyhoo aus dem Hause Connacht nach dem Clonakilty Port verkosten konnten, wurde evident, dass die Iren ein besonderes Verhältnis zu ihren Wurzeln und den Traditionen ihres Landes pflegen. Christian kam später Dank Irish-Whiskeys.de in den Genuss die beiden Whiskeys zu verkosten und besprechen.
Spade and Bushel 12 Double Barrel
Zurück zum Spade and Bushel 12 Double Barrel. Hier wurden 7.500 Flaschen mit 42,3 % abgefüllt. Nach 10 Jahren in Bourbonfässern wurde der Whiskey bei Connacht ab 2016 in First Fill Bourbonfässern für weitere 2 Jahre gelagert. Und auch hier, für mich doch etwas überraschend, gefiel mir das Ergebnis wirklich gut. Die Süße aus Vanille, Honig und Marzipan kann mich für sich einnehmen, was dem Ballyhoo mit seinem Durcheinander von Kräutern damals nicht ganz gelungen war.
Louises Arbeit
Louise berichtet währenddessen auf meine neugierigen Nachfragen hin, nachdem ich dann auch endlich mal begriffen hatte, mit wem ich da spreche, von ihren Erfahrungen und ihrem Werdegang in der Welt des Whiskys und Whiskeys, wie auch über ihre Arbeit beim Bonding. Sie erzählt, dass sie auf Basis ihrer Erfahrung und Kontakte weltweit an gute Fässer, zum Beispiel in Kentucky oder Frankreich kommt. Und sie gibt preis, dass es im letzten Sommer, der auch in Irland sehr heiß und trocken war, gar nicht so einfach gewesen ist, die klimatischen Bedingungen in ihrem Warehouse so zu gestalten, dass sie optimal für die Whiskyreifung gewesen sind. Die große Fensterfront des Lagerhauses hat die Temperatur des gelagerten Whiskeys in den Fässern doch steigen lassen und so musste der Boden der Halle doch häufiger gewässert werden, als das sonst üblich ist.
Whisky und Whiskey
Wir kommen auch auf die verschiedensten Whiskys und Whiskeys zu sprechen, welche Geschmacksvorlieben existieren und darauf, welche Vorgaben bestehen, damit ein gelagertes Destillat so genannt werden darf. Hier gibt es bezüglich Schottland und Irland doch einige Unterschiede, neben den zahlreichen Gemeinsamkeiten. So müssen die in Irland zur Lagerung verwendeten Fässer nicht zwangsläufig aus Eiche sein und insgesamt sehen die Iren das wohl alles etwas lockerer.
Weltpremiere
Und so schenkte uns Louise auch noch eine Weltpremiere ein, etwas, das in Schottland so nicht möglich wäre, wie sie uns verriet. Wir waren die ersten, die diesen bald erscheinenden Whiskey überhaupt verkosten dürften, noch vor Mareike, wie diese einwirft. Bei uns beginnt das heitere raten. Was haben wir da wohl im Glas?
Tequila und Mezcal
Es ist schließlich Michael, der den treffenden Tipp abgibt. Und zwar handelt es sich um einen Whiskey, der in Tequila- und Mezcalfässern gefinished worden ist. Vermählt worden sind hier drei Fässer. Zwei enthielten 9-jährigen Grain, eines einen 13-jährigen Single Malt. Vorher war der Whiskey in Bourbonfässern gereift. Das Endergebnis besteht zu 60 % aus Grain und zu 40 % aus Single Malt.
Einzigartigkeit
Und das Ergebnis von Louises Experimentierfreude kann sich durchaus schmecken lassen. Ein guter Whiskey, der etwas sehr einzigartiges mitbringt, das aber nicht so ausgeprägt ist, dass man das Lebenswasser für etwas anderes als Whiskey halten würde. Auch diesen Whiskey muss ich erst noch einmal in Ruhe genießen, damit ich die Eindrücke alle entsprechend sortieren kann. Fruchtig, süß und mit einer besonderen, aber nicht störenden Kräuternote tritt er in jedem Fall in Erscheinung, einzigartig.
The Battalion
Und auch bei der Namensgebung dieses Whiskeys zeigt sich wieder Louises Gespür für Traditionen. So wird das 41%ige Lebenswasser nach den San Patricios „The Battalion“ heißen. Das St. Patrick’s Battalion war eine Artillerietruppe im Mexikanisch-Amerikanischen-Krieg von 1846 bis 1848, die sich vornehmlich aus Iren und irischstämmigen Amerikanern konstituierte. Gerade katholische Soldaten auf amerikanischer Seite, darunter zum Beispiel auch Deutsche und Polen, hatten unter den meist protestantischen Vorgesetzten zu leiden und neigten daher dazu zu desertieren. Zwar ging der Krieg aus mexikanischer Sicht heute wohl doch verloren, aber noch immer wird in Mexiko und Irland das Battalion geehrt.
Rahmendaten zum J.J. Corry The Battalion
Von Batch 1 wird es insgesamt 700 Flaschen zu je 0,5l geben, die ab Juni bei Irish-Whiskeys.de erhältlich sein werden. Der Grainwhiskey wurde 7 Monate lang in Tequilafässern gefinished, der Maltwhiskey für einen Monat in einem Mezcalfass. Wobei Louise betont, dass es sich hier nicht um ein einfaches Finishing gehandelt hat, weil sie selber die Regeln, nach denen es ablaufen sollte, festlegen musste. Es gibt nichts, woran man sich orientieren kann, wenn man Neuland betritt. Traditionsbewusst und doch kreativ und erfinderisch, perfekt.