Sie war die erste Whiskymesse, die wir Whiskygraphen schon vor einigen Jahren und seitdem jedes Mal besucht haben. Im Untertitel nennt sie sich „Internationale Fachmesse für Whiskykultur“ und sie ist, nach eigener Aussage, die älteste Whiskymesse Deutschlands: Die Interwhisky in Frankfurt am Main. Am nächsten Wochenende ist es wieder so weit, Grund genug zur Vorbereitung einen Rückblick auf unseren Besuch im letzten Jahr und die ein oder andere Anekdote der vorherigen Jahre zu werfen.
Im Unterschied zu anderen Messen, wie zum Beispiel der Whiskyfair in Limburg, Whisky’n’more in Hattingen oder der Aquavitae in Mülheim, finden sich unter den Ausstellern weniger „Local Dealer“, die aus ihrem Portfolio oder den Eigenabfüllungen ausschenken. Dafür sind die großen Spirituosenkonzerne wie Beam Suntory, Campari oder Moët Hennessy vertreten, sowie einige Importeure wie Kirsch Whisky, Ferrand oder Schlumberger. Selbstverständlich trifft man aber auch auf die Vertreter und Markenbotschafter einiger Destillerien selbst, darunter Loch Lomond aus Schottland oder St. Kilian und Nine Springs aus Deutschland.
Unserer Meinung nach, hebt genau diese feine Mischung diese Messe von den uns anderen bekannten etwas ab. Man trifft auf internationale Größen, aber genau so auf gute, alte Bekannte. Das Gesellschaftshaus Palmengarten bietet als Location den perfekten Rahmen für eine Whiskymesse – mit allen Sinnen genießen.
Master Classes
Eine schöne Möglichkeit zur genussvollen Fortbildung sind die sogenannten Master Classes. Das sind extra zubuchbare Tastings zu den unterschiedlichsten Themen und von den verschiedensten Distillerien. Bei unserem Premierenbesuch vor ein paar Jahren machten wir im Rahmen einer Master Class unsere erste Erfahrung mit Whiskys von Port Charlotte und Octomore unter der fachkundigen Leitung von Ewald J. Stromer, dem Brand Ambassador von Bruichladdich. Sieben verschiedene, teils äußerst rauchige Whiskys – und das zur letzten Veranstaltung am späten Ende eines langen und alkoholreichen Messetages, das war schon sehr sportlich, aber auch lehrreich, unterhaltsam und lecker.
Genauso sportlich ging es ein Jahr später los, allerdings war diesmal unser zugebuchtes Tasting direkt zu Beginn der Messe. Da wir uns, sowieso schon knapp in der Zeit, auf dem Weg vom Hotel etwas verlaufen hatten, kamen wir abgehetzt und etwas verspätet an. Da man die Master Class überbucht hatte und man noch schnell einen weiteren Tisch für uns aufbauen musste, verzögerte sich der Beginn zwar etwas, trotzdem mussten wir an in diesem Messetag von Null auf Hundert starten und es war doch durchaus eine Erfahrung, völlig abgehetzt und verschwitzt, auf den ersten Durst das Premiumsegment von Balvenie, darunter der 21-jährige Portwood und der TUN Batch 3, serviert zu bekommen. Der TUN begeisterte uns allerdings nachhaltig, so dass Alex sich im Nachhinein sogar eine Flasche zulegte. Wahrscheinlich nimmt er seitdem immer einen großen Schluck aus der Flasche, wenn er vom Laufband steigt.
Benchmarks
Natürlich gibt es auch jenseits der Master Classes einiges an den einzelnen Ständen zu erleben und zu probieren. So haben Stefan und ich bei unserer ersten Messe direkt zwei Whiskys gefunden, die uns bis heute als Benchmark dienen. Und zwar, jeweils aus der Signatory Vintage Cask Strength Collection, ein 23-jähriger Ben Nevis und ein 23-jähriger Mortlach. Beide sind bis heute, auch mittlerweile vom Preis-Leistungs-Niveau her, unerreicht.
Riegger’s Selection
Nicht nur eine tolle Auswahl an besonderen Whiskys, sondern auch nette Menschen trifft man am Stand der Firma Riegger. Die Firma Wein-Riegger ist eine alteingesessene Weinhandlung aus Villingen-Schwenningen im Schwarzwald, die mittlerweile in der 5. Generation selbst Weine importiert und sogar eine eigene Brennerei betreibt. Zum Portfolio des Geschäfts gehören, neben den eigenen Bränden, auch diverse Spirituosen von Armagnac über Brandy, Cognac und Gin bis zu Grappa und eben auch Whisky. Hier fungiert Riegger mit der Selection-Serie als unabhängiger Abfüller von ausgewählten Single Casks. Die Fässer werden seit 2016 sogar im eigens dafür gebauten Warehouse gelagert. Einen hervorragenden Tomatin aus der Riegger’s Selection habe ich hier verkostet.
Fachkundig und sympathisch beraten von Lisa Lauinger haben wir hier im letzten Jahr ein paar richtig leckere Tropfen verkosten können, angefangen bei einem Speyside Whisky, der ein 2-jähriges Finish in einem Refill-Bowmore-Fass erhalten hat, über einen Ben Nevis aus dem First Fill Sherry Fino Butt bis hin zu einem Tullibardine aus dem First Fill Sherry Cask.
Sehr beliebt ist auch immer das Messe-Whiskyfass aus dem man sich selbst eine Flasche abfüllen kann. Im letzten Jahr gab es einen 9-jährigen Tomatin aus dem Sherry Blood Tub Cask. Ein voluminöser Tropfen, an den ich mich da erinnern kann, der wohl auch rasant verkauft war.
Speed-Tasting
Rasant ging es auch ein Jahr zuvor am Stand von Ferrand Deutschland zu. Interessiert an den uns bis dato unbekannten Flaschen mit der Aufschrift „Hellyers Road“, wurden wir von Genussbotschafter Ralf Zindel spontan zu einem Tasting direkt am Stand überzeugt. Zugegeben, schwer ist es nicht uns zu überreden. Bei solchen Gelegenheiten lassen wir uns nicht zweimal bitten und somit landeten nacheinander drei verschiedene „Hellyers Road“ – Abfüllungen, übrigens ein hervorragender tasmanischer Whisky, in unseren Gläsern. Der Pinot Noir sollte übrigens später ein Teil unseres Internationalen Whiskytastings werden.
Aber wer dachte, dass es das schon war, hatte sich getäuscht. Es folgten drei weitere verschiedene Whiskys aus dem Hause Grallet-Dupic aus dem schönen Lothringen in Rozelieures in Frankreich. Die Destillerie Grallet-Dupic war lange Zeit eine reine Obstbrennerei und ist besonders für ihr Mirabelle Eau-de-Vie bekannt. Seit 17 Jahren wird dort aber auch Whisky produziert und zwar durchgängig im eigenen Hause, vom Mälzen über die Maische, die zweifache Destillation bis zur Fassreifung. Die Whiskys kommen unter dem Namen „G. Rozelieures“ auf den Markt. Die Single Malts sind alle leicht rauchig und wir mussten zugeben, dass man sie, blind verkostet, auch locker in Schottland hätte einsortieren können.
Weltreise
Tasmanien, Frankreich – was sollte jetzt noch kommen? Die USA. Und nun fanden schon wieder drei Whiskeys den Weg in unsere Gläser. Und zwar ein Cask Strength Wheat Whiskey, ein Washington Bourbon 101 und ein Straight Triticale Whiskey – ein Rye Wheat Hybrid. Alle drei kommen aus der Brennerei Dry Fly Distilling, einer Mikrodistillerie aus dem US-Bundesstaat Washington. Die zwei Brennblasen der Distillery fassen lediglich je 450 Liter und wurden im deutschen Göppingen hergestellt. Geschmacklich war dieser Ausflug doch ganz was anderes, aber alles andere als schlecht.
9 Whiskys später war uns zwar noch nicht schlecht, aber ich hätte nicht darauf gewettet das Wort „Rozelieures“ noch fehlerfrei buchstabieren zu können. Irgendwie beschlich uns das Gefühl man wolle uns abfüllen, denn es folgten weitere Whiskys der Marke McCrae’s, darunter ein 19-jähriger Inchgower. Somit waren wir wieder in Schottland angekommen und schlenderten, nein, wankten die Galerie des Gesellschaftshauses entlang, bereit für weitere Taten. Whiskymenschen sind einfach tolle Menschen!
Denn so eine Messe verkommt von Jahr zu Jahr immer mehr zu einem Familientreffen mit guten, alten Bekannten. Ob nun Bloggerkollege Tim von Whisky-Helden, den Meenzer Grufte Schmidt oder Sebastian Büssing, im letzten Jahr noch am Stand von Mackmyra aktiv. Es ist immer wieder schön sich zum Plausch und auf den ein oder anderen Dram zu treffen.
Mackmyra
Überhaupt ist es eine schöne Tradition geworden, den Stand von Mackmyra keinesfalls auszulassen. Die Whiskys aus Schweden die wir bisher probieren durften, haben uns bisher nicht wirklich enttäuscht, ganz im Gegenteil. So kamen wir im letzten Jahr nicht nur in den Genuss des, nach der deutschen Rockband benannten, Scorpions-Single Malts, welcher ein Finish in Kirschweinfässern erfahren hat, sondern auch von den neuesten speziellen Abfüllungen, wie dem Bojer oder dem Kogge. Beide Whiskys, der eine elegant, der andere rauchig, lagerten zunächst in Ex-Bourbon-Fässern und anschließend in Rotspon-Barriques in einem alten Weinspeicher in Hamburg.
Isle of Jura
Die Whiskys von der Isle of Jura spalten die Whiskywelt etwas. Von den einen werden sie geliebt, von den anderen verschmäht. Woran das wirklich liegt, ist schwer zu sagen. Die Pot Stills der Brennerei haben eine relativ ungewöhnliche Form und gehören mit zu den größten in der Branche. Bauartbedingt heben diese Stills die Esternoten im Whisky stärker hervor, was zu einem leichteren und fruchtigeren Spirit führt. Die im bisherigen Kernsortiment enthaltenen Whiskys sind größtenteils mit lediglich 40-43% Alkoholgehalt abgefüllt, hinzu kommt eine Färbung der Abfüllungen. Alles Dinge, die nicht bei allen Whiskyliebhabern gut ankommen. Qualitativ kann man den Tropfen keinen Vorwurf machen, auch nicht von der Vielfalt her. Fruchtig, rauchig, verschiedene Fassarten, es ist alles dabei.
George Orwell begann übrigens während seines Aufenthaltes auf der Insel Jura im Jahr 1946 die Arbeit an seinem Roman 1984, den er 1948 fertigstellte. Der Zahlendreher der Jahreszahlen ist kein Zufall und spielt auf die damals noch fern erscheinende Zukunft an. Für Orwell lag auch die Brennerei Jura fern, er beschrieb sie sogar als „unerreichbar“, da es so schwierig war zu ihr zu gelangen. 60 Meilen von der schottischen Küste entfernt kann man sogar von Unzugänglichkeit sprechen.
One for you and all
Nun scheinen ja auch die Whiskys von Jura für einige Genießer unzugänglich zu sein, jedoch sind einige neue Abfüllungen erreichbar, die meines Erachtens für wesentlich mehr Zugang sorgen sollten. So zum Beispiel der 20-jährige „One and All“. 51 Volumenprozente Alkohol, natürliche Farbe, nicht kühlgefiltert und eine starke Auswahl aus Ex-Bourbon, Sherry, Cabernet und Pinot Noir Fässern. Eine fantastische, aromatische Aromenvielfalt durch die Weinfässer, vollmundig im Mundraum – klasse! Für mich ein Highlight der letzten Interwhisky.
Nicht ganz so spektakulär, aber auch richtig gut, fand ich den 18-jährigen „One for you“ aus Ex-Bourbon und Virgin Quarter Casks. Ich bin der Meinung, dass in Juras Warehouse tolle Fässer nur darauf warten richtig eingesetzt zu werden und dann wird man auch noch mehr Fans gewinnen können.
Und die Reise geht weiter
Erstaunlich wie viele Neuentdeckung man an einem Messetag schafft. Da gab es noch damals brandneue und schon so gut wie vergriffene Glenallachie Singles Casks, die uns begeisterten. Oder der MacNair’s Lum Reek, ein toller, rauchiger Blended Malt für schmales Geld aus dem Hause Billy Walker. Auf Empfehlung machte ich auch noch einen kleinen Ausflug nach Indien und ließ mir von Shilton Almeida die Vorzüge der Paul John – Whiskys vermitteln.
Dies waren nur ein paar wenige Anekdoten der letzten Jahre. Lassen wir uns überraschen, wer und was uns 2019 erwartet. Wir sehen uns in Frankfurt – genießen verbindet!
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