Das Whiskyjahr 2021 war doch ein sehr spezielles. Die scheinbar nicht enden wollende Pandemie zerrt an den Nerven, zwischendurch spült die Flut im Ahrtal eine Whisky-Sammlung hinfort und hält uns bis heute auf Trab. Und trotz – oder gerade wegen – dieses einschneidenden Ereignisses haben wir die unglaubliche Erfahrung von Hilfsbereitschaft, SolidAHRität und Spendenbereitschaft von überall, aber ganz besonders aus der Whisky-Community machen dürfen. Unglaublich was sich aus allen Ecken des Landes an Spendensammlungen, Whisky-Auktionen, tatkräftiger Unterstützung in Gummistiefeln sowie Lieferung von Hilfs- und „Wohltu“-Gütern formiert hat. Dafür zunächst nochmal ein herzliches Dankeschön an alle!
Dabei fing doch alles recht ruhig an und besonders das erste Drittel des Jahres war noch geprägt von vielen tollen Online-Tastings. Seien es die Whisky-Online-Experiences bei unserem Freund Markus Eichhorn, die formidablen Online-Tastings von Klaus Postert, die zu wahren Whisky-Stammtischen mit jeder Menge feiner Geister geworden sind oder die Live-Tastings von Thorsten Rech, der im Juli leider ebenfalls mit seinem Whisky-Genussbahnhof am Bahnsteig 1 ein Opfer der Ahr-Flut geworden ist: Keinen dieser unterhaltsamen und geselligen Abende vor dem heimischen Laptop möchten wir missen.
Himmlische Gaumenfreuden
Auch die Whisky-Food-Pairings mit Genussbotschafterin Annick Seiz waren wahre Highlights. Von Parmesanschokolade und Leberwurst bis Grafschafter Goldsaft auf Banane mit Curry und Sellerie – wir durften erleben, dass das alles nicht nur außerordentlich gut zusammenpasst, sondern auch wie Whisky und andere Spirituosen diese Genussmomente nochmal verändern und verstärken können. Großartig!
Live und in Farbe
Im weiteren Laufe des Jahres traf man sich auch endlich wieder persönlich, bevor dann das Unheil hereinbrach. Immerhin haben wir es trotz allem mit der Hall of Angel’s Share noch auf eine der stattfindenden Whiskymessen geschafft.
Im Herbst ging unsere Reise dann in den Spreewald zum Blogger- und Vlogger-Treffen im Storck Club.
Der Spezialpreis für den verrücktesten Whiskey und die ungewöhnlichste Spirituose geht für den Cereal Killer und den Gurkengeist auf jeden Fall an den Storck Club nach Schlepzig! 😉 Aber auch der Rye Whiskey von dort ist es unbedingt wert probiert zu werden!
Im November haben wir es dann auch tatsächlich zum ersten Mal zum Distel-Revival-Treffen nach Oberhausen geschafft. Tolle Tage mit tollen Menschen und tollen Whiskys!
Die Tops des Jahres
Aber auch daheim gab es noch genug Whiskys die verkostet werden wollten. Die Auswahl für die Tops und Flops 2021 fiel uns in diesem Jahr allerdings besonders schwer. Einerseits sind die Erinnerungen an die erste Jahreshälfte von den Geschehnissen an der Ahr teilweise verblasst. Andererseits wird es immer schwieriger aus der „Flut“ an Whiskys, die zu immer weiter steigenden Preisen auf den Markt gelangen, die passenden Tropfen für sich zu finden. Zu viel Hype, zu viel lieblose Finishs, zu viel Beliebigkeit, viel zu teuer.
Aber natürlich wären wir keine richtigen Whiskyliebhaber, wenn wir nicht auch aus diesem Wust ein paar Highlights für uns entdecken könnten. Und vielleicht ist es auch nicht verwunderlich, dass wir auch einige Standard-Whiskys wieder für uns entdeckt haben. Im folgenden stelle ich euch ein paar der zusammengetragenen Whisky-Höhepunkte vor.
Glenlivet Illicit Still
Eigentlich schon 2020 erschienen. Aber der erste von zwei Preisleistungssiegern, bei dem wir uns eigentlich alles über das Jahr weg einig waren. Ein toller Whisky, der vielleicht nicht den einzelfassverwöhnten, sehr fortgeschrittenen Genießer vollends in seinen Bann ziehen kann, aber doch einer, der diejenigen, die sich bereits mit so einigen Standardabfüllungen vertraut gemacht haben, für einen sehr guten Preis mitnehmen kann in neue, komplexere Gefilde. Mit den Fässern aus amerikanischer und europäischer Weißeiche hat sich eine beherrschbare Vielschichtigkeit ergeben, die auch durch die 12 Jahre nicht überfordert. Einfach sehr empfehlenswert.
Man muss wirklich unterstreichen, dass Whiskys mit einer so guten Preisleistung sehr rar geworden sind, leider. Um so größer war die Freude, eine solche Perle entdeckt zu haben.
Berry Bros & Rudd Blended Malt Scotch Whisky Sherry Cask Matured Batch 2
Ebenfalls bereits 2020 erschienen, aber auch hier gab es über das Jahr hinweg für uns kaum einen Whisky, der fürs Geld mehr geboten hätte. Von der Sensorik her ein echter Superlativ, besonders für Alex, der diesen Whisky kartonweise im Freundeskreis verteilen musste. Bei diesem Topfen muss man Sherry allerdings auch wirklich mögen. Dieser Whisky trägt keine Altersangabe, aber wir sind uns sicher, dass auch einige wirklich alte Fässer in ihm gelandet sind. Insgesamt ein beeindruckendes Geschmacksprofil. Eine erschwingliche Alternative für alle, die einen Sherry-lastigen Whisky suchen. Für wen aber Schwefelnoten eine inakzeptable Fehlnote sind, für den ist dieser Whisky nichts.
Drei 10-jährige Klassiker
Vielleicht kommt man irgendwann, wenn man hunderte von Fassstärken und Sonderabfüllungen probiert hat, automatisch mal wieder zurück zu den Klassikern aus dem Standard-Sortiment des schottischen Single Malts. Oder man weiß auch die harmonische und ausgewogene Machart der sogenannten Standards wieder mehr zu schätzen. Diese Erfahrung machen wir immer wieder mal. Im Jahr 2021 waren es aber besonders drei Klassiker, die wir wieder für uns entdeckt haben.
Arran 10
Ein sanfter und öliger Standard. Vanille, ein paar exotische Früchte und die für Arran so typischen Zitrusaromen heben diesen Single Malt von der Masse ab. Lecker, tadellos und preiswert! Die 46% tun diesem Whisky sicherlich auch gut. Sehr zu empfehlen! Alex war zuletzt sehr angetan von diesem Whisky.
Glencadam 10
Eine Brennerei die ein wenig unter dem Radar zu finden ist. Zu Unrecht, wie wir finden. Auch hier dominieren Zitrusfrüchte und süße Vanille den Geschmack, abgerundet durch feine Eichenaromen. Wenig Schnörkel und irgendwie ein Whisky in seiner Urform. Alex empfiehlt: Sollte man mal probieren!
Ledaig 10
Beim ersten Online-Tasting mit meinen neuen Arbeitskollegen machten wir Gebrauch von einem Standard-Tastingset. Darin waren mit dem Tullibardine 228, dem Auchentoshan 12, dem Bunnahabhain 12 und dem Ledaig 10 grundsolide Single Malts enthalten. Aber am meisten begeistert hat mich der Ledaig 10. Kräftiger Torfrauch gepaart mit vanilliger Süße mit viel Karamell und Röstmalz. Lange nicht im Glas gehabt und plötzlich wieder richtig angetan. Ein richtig toller Malt für ein schmales Budget und mehr als nur eine Islay-Alternative!
Ein paar Tasting-Highlights
Wie schon eingangs erwähnt, haben wir uns die Lockdown-Zeit mit einigen Online-Tastings verschönert. Ob nun bei Markus, Klaus oder Thorsten – hier ging es im Kreise von erfahrenen Whisky-Liebhabern und neugierigen Neulingen folglich etwas weiter abseits von den Standard-Whiskys zur Sache. Enttäuschungen haben wir dabei tatsächlich kaum erlebt, aber dafür um so mehr Highlights entdeckt. Eine kleine Auswahl findet ihr im Folgenden.
Hart Brothers Tomatin 10 Jahre
Bei diesem, über die vollen 10 Jahre komplett in 1st Fill Port Pipes gereiften Whisky aus der Tomatin-Distillery, waren wir uns einig. Eine absolut gelungene Portweinfass-Abfüllung. Voll und rund, Pflaumenkuchen, Rhabarberkompott, Zimtzucker, weihnachtliche Gewürze und mit den roten Beeren eine richtige Fruchtbombe. Unmittelbar nach dem Tasting haben es davon einige Flaschen in die persönlichen Sammlungen geschafft.
Old Pulteney Single Cask 2006
Das Fass mit der Nummer 2059 war ein reines Ex-Bourbon Cask und hat diesen fruchtig-maritimen und geschmeidigen Whisky hervorgebracht. Die 14-jährige (2006-2020) Einzelfassabfüllung zeigt, dass auch ein klassisches Ex-Bourbonfass aus amerikanischer Eiche nicht nur einen ehrlichen Whisky, mit den für die Fassart typischen Aromen von Vanille, Zitrusfrüchten, Honig und reifen Äpfeln, hervorbringen kann. Gerade das Zusammenspiel mit dem mineralischen, maritimen und salzigen Pulteney-Flavour haben hier einen komplexen Single Malt geschaffen.
Cask Orkney 18
Dieser ebenfalls maritime Mystery-Malt von der Insel Orkney könnte auch in der Kategorie „Preis-Leistung“ weit oben mitspielen. Viele mineralische Noten, süße Äpfel gepaart mit Heidekräutern und einem öligen Mundgefühl wissen zu begeistern. Dazu kommen würzige Aromen mit Ingwer und etwas weißer Pfeffer, die sich mit einem süßen Orangen-Jaffa-Cake abwechseln. Im Hintergrund klingt leichter Rauch mit. Letztlich war das auch der Hinweis, dass wir es hier höchstwahrscheinlich mit einem Highland Park zu tun haben werden. Verglichen mit dem 18-jährigen Original macht man mit dem Cask Orkney ein wahres Schnäppchen!
Was war sonst noch los?
Der Cask Orkney gehörte übrigens zum Line-Up unseres Tastings bei Clubhouse, das wir zusammen mit Flo Lochner und dem Schnapsstodl ausgerichtet haben. An Whiskytastings und berufliche Meetings mit Webcam haben wir uns mittlerweile alle gewöhnt und auch soweit organisiert, dass wir vor laufender Kamera zumindest obenherum ordentlich gekleidet sind. Auf der Plattform Clubhouse geht es alleine um die audiobasierte Kommunikation ohne Kamerabild – der nackte Wahnsinn und die nackte Freude über diesen Kanal ein Whiskytasting zu halten.
10 Jahre Irish Whiskeys
Im September haben Patrick und ich uns kurzfristig dazu entschlossen das Tasting zum 10-jährigen Jubiläum von Mareike Spitzer und Irish Whiskeys zu besuchen. Das Restaurant Rhönblick als Veranstaltungsort für das Tasting und auch der Termin lagen günstig auf dem Weg in den Spreewald. Und manchmal sind die spontanen Entscheidungen einfach die besten. Das tolle Line-Up war mit einem Best-of aus alten, eigentlich längst vergriffenen Sonderabfüllungen und aktuelleren Spezialitäten bestückt. Ein Jameson Gold Reserve, ein 11-jähriger Teeling, Black Rock Batch 2, Temple Bar 14 Malbec Cask, ein Barr an Uisce, der Bonder’s Blend No. 4 von J.J. Corry und zum Abschluss die Fairy Cask – Jubiläumsabfüllung. Es war ein gelungener und äußerst kurzweiliger Abend, an dem Mareike einige kuriose Anekdoten aus den Anfangszeiten ihres Onlinehandels berichtete, die ihr und den Gästen vor Lachen die Tränen in die Augen trieben.
Wer denkt schon bei der ersten Warenbestellung für den neuen Internetshop daran, dass die Ware ja auch irgendwo gelagert werden muss? Gut wer dann bei den Schwiegereltern noch das leere Kinderzimmer des Ehemannes als Whiskeylager nutzen kann. Auch bei der Feststellung, dass man für Single Cask-Abfüllungen aus Irland auch passende Korken benötigt, aber längst nicht jeder Korken auf jede Flasche passt und dass man diese auch nur in 500er-Gebinden kaufen kann, gehören wohl zum Lehrgeld einer selbstständigen Einsteigerin in den Whiskey-Versandhandel.
Letztlich können wir alle sehr froh sein, dass Mareike den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt hat. Nicht zuletzt die Jubiläums-Abfüllung, ein 5-jähriger Single Malt, zeigt, dass sie ein feines Gespür und große Leidenschaft für irischen Whisky hat. Drei Jahre reifte dieser Whiskey in einem Ex-Bourbonfass bevor er die restlichen 2 Jahre noch einem PX Sherry Cask kräftige Aromen von Rosinen, süßen und dunklen Beeren, Karamell und Datteln entziehen durfte. Kräftig, würzig und sicherlich auch ein Whiskey des Jahres!
Weitere Entdeckungen
Dafür, dass wir uns mit der Auswahl der Top-Whiskys im Jahre 2021 schwer getan haben, ist doch wieder eine recht lange Liste zusammengekommen. Aber wir sind ja auch zu fünft und das schöne ist, dass jeder seine persönliche Präferenzen und Geschmäcker mit einbringen kann.
GlenAllachie 10 Cask Strength Batch 5 und 6
Waren wir im Vorjahr noch etwas erschlagen von den, für unseren Geschmack, zu häufigen Releases von GlenAllachie unter der Führung von Billy Walker, fanden wir doch mehr und mehr Zugang zu einigen der vielen Abfüllungen. An dieser Stelle hätten wir auch eines der Cuvée Cask- oder speziellen Wood-Finishes nennen können. Stellvertretend für unsere letztjährige GlenAllachie-Begeisterung sind aber die GlenAllachie 10 Cask Strength Batches 5 und 6 zu nennen. Vor allem Alex und Stefan haben diese Abfüllungen direkt als ihre Tops des Jahres genannt. Nachdem Batch 4 bei den World Whisky Awards zum weltbesten Single Malt 2020 gekürt wurde, war der Run auf die beiden Nachfolger folglich entsprechend hoch. Wer eine Flasche ergattern konnte wird mit einer gewaltigen Aromenfracht aus verschiedenen Sherryfässern belohnt. Kräftig, komplex, süß und würzig. Der Genuss eines GlenAllachie lässt wieder das alte Glendronach- und Benriach-Gefühl aus Billy Walker-Zeiten aufleben.
Ardbeg 25
Und dann gibt es in jedem Jahr noch die Whiskys der Kategorie „für ein Sample reicht das Taschengeld noch“. Bei der aktuellen Preissteigerung erscheinen 750 Euro UVP für einen 25-jährigen Ardbeg schon fast preiswert. Trotzdem ist das ein klassischer Fall, bei man sich davon lediglich ein Sample besorgt. Immer noch ein teurer Spaß, bei dem es sich aber mehr als gelohnt hat ihn zu probieren. Die Rahmendaten sprechen für sich und erfüllten die Erwartungen. Relativ typisch halten sich die Raucharomen nach 25 Jahren Reifung dezent zurück, spielen aber wunderbar um die vielschichtigen Aromen herum und ergänzen diese perfekt – das sogenannte „torfige Paradox“. Es gibt viel zu entdecken – ein Whisky mit dem man sich einen Abend lang beschäftigen kann.
Ben Bracken 47 Jahre
Die Kategorie „Discounter-Whisky“ führen wir eigentlich nicht, auch wenn selbst im unteren Preissegment nicht unbedingt alles schlecht ist. Doch als der Discounter LIDL ein paar Wochen vor Weihnachten mit einem 47-jährigen Single Malt warb, war meine Neugier geweckt. Gerade mal 279 Euro sollte der Spaß kosten – für einen fast ein halbes Jahrhundert alten Whisky in Fassstärke ein Spottpreis. Zugegeben – die Fassstärke beträgt gerade einmal 41,2%, der Whisky ist gefärbt und eine Destillerie wird leider auch nicht genannt. Irgendwo muss sich der Preis doch rechtfertigen.
Schnell war der alte Tropfen auch ausverkauft. In den verschiedenen Social Media Foren kam er dann anschließend nicht überall gut an. Zu beliebig sei er, das Alter merke man ihm nicht an. Kann man so stehen lassen. Doch wir waren äußerst zufrieden! Würde man blind das hohe Alter erraten? Wahrscheinlich nicht. Sollte er mehr Power haben? Keinesfalls! Nach 47 Jahren, abgefüllt wurde im Jahre 1973, haben sich die Engel einen großen Schluck gegönnt, nicht selten fallen derart lang gelagerte Fässer auch unter die gesetzliche Grenze von 40% Alkohol für Whisky.
Es mag insgesamt sicher noch Luft nach oben geben, aber das ist ein Whisky, so wie wir uns einen alten Tropfen vorstellen. Eine tolle Nase die man stundenlang verriechen könnte. Ein würzig, süßer und fruchtiger Geschmack, durchaus komplex, aber gefällig. Ein Abgang der in Wellen kommend und gehend Aromen von Honig, Kräutern und dezenter Eiche transportiert. Ein Highlight und der älteste Whisky, den wir bislang im Glas hatten.
Wemyss Untold Riches 28 Jahre – Bunnahabain ohne H
Dass es auch Lichtblicke hinsichtlich Preisleistung gibt, hat zu Beginn des Jahres der unabhängige Abfüller Wemyss Malts bewiesen. Mit dem 28-jährigen Bunnahabhain kam ein Whisky auf den Markt, der eigentlich alles bietet, was sich ein Genießer wünscht. Altes Holz, fetter Sherry, dunkle Schokolade, etwas Leder und Tabak. Mit einer Auflage von 6.500 Flaschen konnten auch genug Genießer ein Stück vom Kuchen abbekommen. Außerdem sind die verwendeten Fässer mit allen Daten samt Fassnummer, Fülldatum, Fasstyp und dem prozentualen Anteil am gesamten Vatting auf der Umverpackung festgehalten. 28 Hogsheads und 3 Sherry Butts sind es insgesamt. Mega transparent! Das macht Spaß!
Zur Belustigung und sicherlich auch Wertsteigerung trug noch ein kleiner Schreibfehler beim Destillerienamen bei, bei dem man im Namen Bunnahabhain einfach das letzte H vergessen hat. Nach eigener Aussage wollte man aus Gründen der Nachhaltigkeit das Label nicht nochmal nachdrucken und hat es halt so gelassen. Sympathisch!
Tamdhu 17 Douglas Laing und Batch Strength 005
Tamdhu gehört vielleicht ein wenig zur zweiten Reihe der schottischen Brennereien. Ziemlich zu unrecht. Die Batch Strength Ausgabe schafft es eigentlich in jedem Jahr in unsere Bestenliste. Schon Batch 1 hat uns wahnsinnig überrascht und erfreut. Offiziell ein Whisky ohne Altersangabe sind wir uns ziemlich sicher, dass hier auch deutlich ältere Fässer in jedem Batch verwendet werden. Die Mischung fällt mal jünger, mal reifer aus. Mal süß-süffiger, mal würziger. Aber immer extrem aromatisch und sherrybetont. Und Batch 005 hat uns wieder besonders gut gefallen!
Der 17-jährige Tamdhu ist die Black Friday-Abfüllung vom niederländischen Versandhändler drankdozjin und wurde von Christian entdeckt. Für die heutigen Verhältnisse lockte auch der Preis, aber auch der Inhalt konnte ihn restlos überzeugen.
GlenAllachie 2007 Uncharted Whisky
Den Abschluss unserer diesjährigen Bestenliste macht ein Flutwhisky. Wie schon zu Beginn erwähnt, hat die Ahr-Flut Stefans Whisky-Sammlung komplett zerlegt. Neben dem großen Verlust von Hab und Gut konnten aber auch einige Flaschen gerettet werden. Wobei gerettet relativ zu sehen ist. Schlamm und Modder haben sich teilweise bis in die Kapseln gedrückt, teilweise hat es die Etiketten komplett abgelöst. Lange haben wir darüber diskutiert, ob und wie diese Whiskys noch zu genießen sind. Aber probieren geht über studieren!
Beim Öffnen jeder Flasche Flutwhisky gehen wir also nun mit chirurgischer Präzision vor, um bloß keinen Dreck in den guten Tropfen gelangen zu lassen. Das erste Versuchsobjekt war ein 13 Jahre alter GlenAllachie, der vom unabhängigen Abfüller Uncharted Whisky herausgebracht wurde. Er reifte komplett in einem First Fill Sherry Fass und kommt mit glatten 50% Alkohol daher.
Eigentlich hat Stefan diese Flasche zufällig und ziemlich wahllos als ersten Versuch aus dem Chaos an dreckigen Flaschen gegriffen, aber direkt einen Volltreffer gelandet. Einmal Trüffelschwein bleibt halt immer Trüffelschwein!
Vom ersten Schluck an bietet dieser Whisky eine selten empfundene, schwere Süße mit richtig reifen Früchten. Dazu passt eine dezente Würze mit Zimt und Eiche. Aber süße Früchte, Karamell, Honig und Butterscotch bilden doch den Schwerpunkt dieses GlenAllachies. Der Genuss entschädigte nicht für alles, aber für vieles.
Und 2022?
Das war nur eine Auswahl aus Whiskys, die uns besonders im Gedächtnis geblieben sind und die wir spontan zusammengetragen haben. Die Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit und die Reihenfolge der Nennung bildet kein Ranking ab. Sicherlich gibt es immer mal wieder den einen Ausnahme-Dram, der es auch mal zum einzigen Whisky des Jahres schaffen könnte. Aber insgesamt kommen doch, bei aller Kritik über Masse statt Klasse, Beliebigkeit und horrende Preissteigerungen, immer noch tolle und mit Liebe zum Produkt entstandene Abfüllungen heraus.
Daher abschließend eine Bitte in eigener Sache: Die Whiskys sind zum Trinken gemacht. Trinkt Sie! Wartet mit euren besonderen Tropfen nicht auf den einen besonderen Tag an dem die Pulle aufgerissen oder das Sample endlich verkostet wird. Welcher Tag soll das sein? Dieser besondere Tag ist heute. Es muss nicht immer eine Flut sein, die euch die tollsten, gesammelten Werke entreißt. Bleibt gesund und genießt eure Lebenswässer – ihr feinen Geister! Denn Genuss verbindet!
„Keiner von uns kommt lebend hier raus. Also hört auf, euch wie ein Andenken zu behandeln. Esst leckeres Essen. Spaziert in der Sonne. Springt ins Meer. Sagt die Wahrheit und tragt euer Herz auf der Zunge. Seid albern. Seid freundlich. Seid komisch. Für nichts anderes ist Zeit.“