Jeder von uns, der sich schon einmal im Restaurant den passenden Wein zum Essen bestellt hat, hat es im Grunde schon praktiziert: Food-Pairing!
Und für die meisten von uns passen Kombinationen wie Fisch und Weißwein, Currywurst und Bier oder Schokolade und Whisky auch sehr gut zusammen. Allerdings lassen sich auch Geschmäcker miteinander kombinieren, die auf den ersten Blick gar nicht zusammenpassen. Parmesan und Schokolade mit schwarzem Tee? Popcorn und Leberwurst und wie man das alles mit Whisky kombinieren kann, hier ein kurzer Bericht.
Genuss verbindet
“Genuss verbindet” so lautet unser Motto. Im Zuge des Genusses haben wir im Herbst 2019 auf der Whiskymesse in Kerken Genussbotschafterin Annick Seiz kennen- und schätzen gelernt. Wir durften sie auch schon desöfteren als Gast bei unseren Zoom-Meetings begrüßen und freuten uns nun außerordentlich, dass sie extra für uns einen Abend voller Genuss mit interessanten Whisky-Food-Pairings zusammengestellt hat.
Die Zutaten
Die Idee war, dass jeder der möchte teilnehmen kann. Dazu haben wir ein Line-Up aus Whiskys, die man annäherungsweise zu Hause haben sollte, und eine kleine Einkaufsliste zusammengestellt. Auf dieser standen Dinge wie Leberwurst, Parmesan, Gruyère Käse, Himbeermarmelade, fruchtiges Olivenöl, Kaffeebohnen, Snacks wie dunkle Schokolade, Karamellpopcorn, Jaffa Cakes und Rauchmandeln und mit einem frischen Apfel auch etwas gesundes. Eine bunte Mischung und keiner von uns hatte eine Ahnung, was wir genau damit anstellen würden.
Dass aus Ginger Ale und Angostura Bitters eventuell ein Whisky-Cocktail entstehen könnte, konnte man erahnen. Aber was hatte Schwarztee damit zu tun? Was womit kombiniert wird – wir ließen uns überraschen!
Um nicht für ein unbekannte Anzahl an Teilnehmern spezielle Sample-Pakete fertigstellen zu müssen, haben wir die Auswahl der passenden Whiskys extra offen gehalten, aber Vorgaben gemacht, welche Art von Whiskys man sich aus dem eigenen Portfolio zurecht stellen sollte. Was für einen Whiskyfreak zunächst nach einer einfachen Aufgabe klingt, war für manche Teilnehmer aber dann doch Schwerstarbeit, da wir doch ein breites Spektrum an Whiskycharakteren abdecken wollten.
Die Whisk(e)ys
Im besten Falle einen klassischen Laddie oder etwas ähnliches sollte man da haben, einen Bourbon Whiskey nach Wahl und einen fruchtigen Whisky mit Süßweinfinish, wie zum Beispiel einen Glenmorangie Nectar d’Or. Dazu etwas würziges, maritimes, wie einen Bunnahabhain 12 und, wie es zu jedem guten Tasting gehört, zum Abschluss etwas rauchig-torfiges a la Port Charlotte PC 10. Unterm Strich hat das auch ganz gut funktioniert, auf unser Publikum ist Verlass.
Die Gäste
Tatsächlich haben sich dann auch nach und nach ca. 30 Gäste in unserem Zoom-Raum eingefunden. Whiskyfreunde aus allen Himmelsrichtungen von denen wir viele gar nicht oder zumindest nicht so intensiv kennengelernt hätten, wenn wir nicht aufgrund der Corona-Lockdown-Situationen unsere Zoom-Meetings ins Leben gerufen hätten. Alles hat auch seine guten Seiten. Genuss verbindet eben.
Und es war wirklich schön zu sehen und hören, dass sich alle mit den notwendigen Zutaten eingedeckt hatten. Hier und da mit leichter Improvisation. Denn wie man überraschenderweise feststellen mussten, sind z.B. Rauchmandeln gar nicht so einfach in jedem Supermarkt zu bekommen. Annick meinte aber auch direkt, dass wir an diesem Abend viel experimentieren werden und jeder ruhig noch aus dem Kühlschrank holen könne, was weg muss und wir probieren werden, was man miteinander kombinieren kann.
Ein Aperitif
Wie es sich zu einer schönen Zusammenkunft gehört, kreierten wir als erste Aktion des Abends einen Aperitif. Aus dem Bitters, dem Classic Laddie, Ginger Ale und etwas Eis entstand ein einfacher, aber leckerer Horse’s Neck. Ein erfrischender Einstieg zu dem Annick noch ein paar einleitende Worte zum Thema Food Pairing verlor.
Das interessante beim Thema Food Pairing ist die Erkenntnis, dass es keineswegs Zufall ist, wenn bestimmte Lebensmittel gut miteinander harmonieren. Man findet diese wohlschmeckenden Kombinationen durch Ausprobieren natürlich zufällig heraus, kann sie aber aufgrund ihrer Schlüsselaromen auch willentlich kombinieren. Wenn nämlich zwei Lebensmittel auf molekularer Ebene die selbe Hauptaromakomponente haben, dann findet sich eine harmonische Geschmackskombination. Und dies auch bei Kombinationen, die man zunächst nicht gewohnt ist und zu der bei dem ein oder anderen eventuell auch vielleicht etwas Überwindung nötig ist.
Ist doch alles käse
Und direkt mit der ersten Kombination passierte etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Ein Löffel voll schwarzem Tee, ein Schuss Olivenöl dazu und ein Stück Gruyère. Käse macht ja grundsätzlich alles besser, aber das diese Kombination tatsächlich total homogen und harmonisch schmeckt, war doch eine Überraschung. Direkt am Anschluss haben wir noch Himbeermarmelade dazu gegeben, was mich nicht schockt, da ich gerne Marmelade auf Käsebrot esse, also auch schon eine unbewusste Form des Food Pairings praktiziere, die nicht jedermanns Sache ist. Und da wurde ich auch bestätigt, das passt wunderbar – nun auch von einer Expertin verifiziert. Ich werde die komischen Blicke beim Sonntagsbrunch ab jetzt fachmännisch kontern können. Molekulare Ebene und so!
Ein bisschen Obst
An apple a day keeps the doctor away! Dies sollte nicht der Abend der gesunden Ernährung werden, daher war ich auch sehr gespannt, was es mit dem frischen Apfel auf sich haben sollte. Und zwar sollten wir ihn direkt mit dem Bourbon probieren. Mein Bourbon der Wahl war ein Four Roses Single Cask und ich musste bei dieser Kombination spontan an Jim Beam Apple denken, was ja durchaus ein trinkbarer Whiskey-Likör-Mix ist. Und auch die Kombi aus frischem Apfel und Bourbonwhiskey passte sehr harmonisch zusammen. Fast zu harmonisch, wie uns allen auffiel. Und darauf wollte Annick auch hinaus. Wahrscheinlich gibt es die Jim Beam Variante nicht umsonst in jedem Supermarkt. Spannender wurde es dann, als wir Rauchmandeln, Karamellpopcorn oder Jaffa Cakes in unterschiedlichen Kombinationen hinzufügten. Alles zusammen erinnerte mich an Oma’s Apfelkuchen, allerdings mit Whiskey statt Kaffee. Je nach Kombination wurde eher der süße oder der würzige Teil des Bourbons hervorgehoben – sehr interessant!
Parmesanschokolade
Und dieser Aspekt kam beim nächsten Experiment noch stärker zum Vorschein. Wir probierten Schokolade mit den fruchtigen Whiskys, ich hatte sogar den passenden Glenmorangie Nectar d’Or parat. Ein wirklich toller, milder Malt mit einem Finish in Sauternes-Weinfässern. Die noch recht gewöhnliche Kombination erweiterten wir dann zunächst um Rauchmandeln, was dann in Richtung Nussschokolade geht, lecker und trägt die Süße des Whiskys wundervoll mit. Die Entdeckung des Abends war dann aber für mich das Zusammenspiel von Parmesan und dunkler Schokolade. Ganz ehrlich, auf die Idee wäre ich nie gekommen, aber es ist total erstaunlich wie geil das zusammenpasst. Und es hebt die würzigen Noten des Whiskys hervor, wahrscheinlich durch das salzige Element im Parmiggiano.
Bayrischer Zauber
Wer nun denkt, das sei verrückt, der hat noch nie in Hauti’s Sofaritzen nach etwas essbarem gesucht. Markus, der sympathische Bayer, Whisky Ambassador und Inhaber von Hauti’s Zaubertränke sorgte für die Lacher des Abends, in dem er scheinbar magisch alle Möglichen Lebensmittel aus seinem Sofa zauberte. Längst vergessene Kellogg’s Smacks, Toffifee und etwas das aussah wie Twix, auf dem aber Raider stand. Das ließ sich wohl alles toll mit dem restlichen Meerrettich aus dem Kühlschrank kombinieren. Nun ja, Annick meinte eingangs wir sollen experimentieren und holen, was weg muss. Wahrscheinlich erweitert die Zaubertränke bald ihr Sortiment um die Molekularküche.
Auch Hauti ist das beste Beispiel für einen Kontakt, den wir ohne die virtuellen Meetings womöglich nie oder nicht in der Intensität gemacht hätten, über den wir aber sehr froh sind. Im postpandemischen Zeitalter oder sobald es wieder möglich sein wird, werden wir ihm und seiner Zaubertränke auf jeden Fall einen Besuch abstatten! Und ich bin mir ziemlich sicher, dass man bei ihm auf der Couch Platz nehmen kann, ohne Schokoflecken auf der Hose davonzutragen. 😉
Süß oder würzig
Die Erfahrung mit dem Whisky aus dem Süßweinfass wiederholte sich dann bei der würzig-maritimen Variante, in meinem Fall auch der vorgeschlagene Bunnahabhain 12. Einer, wie ich finde, der besten Standardwhiskys. Er bietet mit seinen malzig, salzig-maritimen Aromen und der erhöhten Trinkstärke viel fürs Geld und lässt von besseren Tagen an der Küste Islays träumen. Und genau diese Aromen konnte man wieder mit verschiedenen Zutaten hervorheben – Mandeln, Jaffa Cake, Schokolade oder Parmesan verstärkten süße, erdige, salzige und würzige Geschmäcker.
Endlich Leberwurst
Nachdem wir unsere Geschmacksknospen durch das Kauen von Kaffeebohnen etwas neutralisiert hatten, kamen wir zum nächsten Highlight des Abends: Rauchiger Whisky und Leberwurst! Diese Kombi kannte ich schon von Annicks Aufritt bei Whisky Jason auf YouTube. Mich erinnert das total an ein Rezept vergangener Tage. Auf den warm-kalten Buffets der 80er und 90er Jahre gab es oft Schweinefiletmedaillons mit einer Haube aus Leberwurst, die mit Gewürzen und Cognac angerührt war. Die habe ich als Kind geliebt, über den alkoholischen Anteil hat sich wohl keiner Gedanken gemacht. Genuss ist nicht nur etwas für den Moment, sondern weckt auch leckere Erinnerungen in uns.
Komm doch mit auf den Underberg
Übrigens passt Cognac auch perfekt zum Karamellpopcorn, welches aber auch schon alleine ziemlich süchtig macht. Allerdings wollte wir es an diesem Abend speziell bei den Kombinationen mit Whisky belassen. Natürlich gibt es noch viele andere großartige Spirituosen, bei denen es sich lohnt diese in ein Food-Pairing einzubauen. Daher haben wir noch eine kleine Hausaufgabe zusammen mit Annick ausprobiert. Und zwar Underberg mit Pfirsichlikör. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte mal so einen Kräuterschnaps getrunken habe, aber wenn ich eins an diesem Abend gelernt habe: Wer nix probiert, lernt nix! Und es macht einen Unterschied in welcher Reihenfolge man die beiden Spirituosen miteinander vermählt. Schwenkt man nämlich das Glas erst mit dem Likör und gibt dann erst den Underberg hinzu, schmeckt das gar nicht so übel. Daraus kann sogar mit etwas Garnitur ein recht schmackhafter Aperitif entstehen.
Das war ein genussvoller Abend, der nach Wiederholung schreit und viele tolle Gäste miteinander verbunden hat! Genuss ist auch gelebte Achtsamkeit. Sich einmal intensiv mit den Lebensmitteln des täglichen Bedarfs auseinanderzusetzen sei an dieser Stelle ausdrücklich empfohlen.
Ob mit oder ohne Whisky. Mit macht es aber natürlich noch mehr Spaß!
Vielen, lieben Dank an Annick für diesen wunderbaren und lehrreichen Abend! Genussbotschaft ist angekommen!
Schaut gerne mal bei ihr vorbei: https://www.annick-seiz.de
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