Whiskyerfahrung im virtuellen Raum
Unser Freund Markus Eichhorn hatte wieder zu einer besonderen Whiskyerfahrung im virtuellen Raum eingeladen. Schon die erste Runde vor einigen Wochen war sehr gelungen, Bericht von Hagen hier, und so waren insgesamt 27 Teilnehmer seiner Einladung gefolgt.
Eine illustre Runde
So fand sich also eine illustre Runde aus sympathischen und humorvollen Whiskygenießern zusammen und widmete sich den Aufgaben und Rätseln, die Markus wieder unter Auswahl wunderbarer Whiskys für uns aufwendig konzipiert hatte.
Virtuelle Möglichkeiten
Zum Einsatz kam neben Zoom als Plattform für die Videokonferenz ein weiteres Tool, das Abstimmungen und die graphische Darstellung von Wolken aus Tasting Notes erlaubte. Außerdem wurde eine Zoom-Funktion namens Breakout Session genutzt, die es ermöglicht, die Hauptgruppe in kleine Teilgruppen zu untergliedern. Virtuelle Möglichkeiten sinnvoll genutzt. Wofür? Nackttanz, Whisky, Musik und Rätsel, wichtige Eckpfeiler einer gelungenen Lebensführung.
Welcome Dram
Die Begrüßungsrunde, die wie immer bei solchen Videokonferenzen etwas zurückhaltend begann, weil ja jeder gerade anfangs den Anschein erwecken möchte, er sei ein gesitteter, höflicher und anständiger Mensch – eine Mühe, die ich mir gar nicht mehr erst mache, indem ich bereits sturzbetrunken erscheine, was die Sache immer etwas auflockert -, sollte mit dem Welcome Dram entkrampft werden.
Linkwood 11 Vanilla Zest Wemyss
Und tatsächlich, der 11-jährige Linkwood 2000 – 2011 Vanilla Zest von Wemyss Malts hatte anticonvulsivische Wirkung. Das Butt hat 792 Flaschen ergeben und wurde mit 46 % abgefüllt. Er wird seinem onomatopoetischen Namen gerecht und bringt eine ordentliche Fracht Süße und Vanille mit. Ein verheißungsvoller Einstieg. In der Whiskybase bekommt er rund 84 Punkte. Ich fand ihn doch ein kleines Stück besser und gebe ihm 85,5 Punkte.
Das Anticonvulsivum Musik
Und Markus hatte eine Überraschung für uns parat. Aus Schottland wurde im Anschluss Cameron Arndt direkt aus Schottland zugeschaltet. Mit 3 gesungenen und auf der Gitarre gespielten Songs lockerte er die Stimmung weiter auf. Nun, aber wie das eben so ist, des einen Anticonvulsivum ist des anderen Convulsivum. Meinten zumindestens meine Nachbarn.
Die Gruppenphase
Im Anschluss ging es in die Gruppenphase der Blindverkostung. Durch die Breakout Session wurden die Kleingruppen A bis E gebildet. Jede Gruppe aus rund 5 Teilnehmern hatte die Aufgabe aus 3 potentiellen Whiskys, die vorab über ein PDF zugänglich gemacht worden waren, den herauszufinden, den sie im Glas hatten und ihn anschließend der großen Gruppe zu präsentieren. In einer schönen Runde war ich da gelandet und gerade das Aufspliten der großen Gruppe macht etwas mehr rückgekoppelte, direkte Kommunikation möglich.
Gruppe A
Ich fand mich also zufallsgeneriert in Gruppe A wieder. Zentral war die Frage, aus welcher schottischen Region der Blend stammen würde, den wir da im Glas hatten. Zur Auswahl standen der Campbeltown Christmas Greetings mit 40 % aus der gleichnamigen Region, der Scallywag 11 Chocolate Edition von Douglas Laing aus der Speyside mit 48 % und der Spice King 2020 von Wemyss Malts aus den Highlands und von den Inseln mit 46 %.
Die Lösung
Unseren außergewöhnlichen Fähigkeiten entsprechend konnten wir uns direkt während des Einschenkens darauf einigen, dass es sich um den Scallywag handeln muss. Wo andere noch am Glas riechen müssen, haben wir schon die Lösung. Aus pädagogischen Gründen einigten wir uns dann aber darauf, dass wir als erste Gruppe in einer besonderen Verantwortung stehen würden und wir dieser gerecht werden sollten, indem wir eine falsche Lösung in der Großgruppe nennen sollten.
Wieder in der Großgruppe
Zurück in der Großgruppe trugen wir dann also absolut überzeugend einige Tasting Notes des Spice King 2020 vor und gaben an, diesen im Glas gehabt zu haben. Der Bonner Whiskystammtischbruder Peter spielte seine Rolle hervorragend. Der Blend aus Campbeltown wäre mit seinen 40 % wirklich unglaubwürdig gewesen. Und natürlich folgten uns viele in die falsche Richtung. Genau so hatten wir das geplant. Damit würden sich alle Gruppen nach uns keine Sorgen mehr um Irrtümer machen. 3 Tastingteilnehmer allerdings mussten die Spielverderber geben und konnten sich mit ihrem Wissen nicht zurückhalten. Sie tippten auf den Speysider.
Die Art der Vorstellung
Alle Kleingruppen durften die Art, in der sie den Whisky vorstellen wollen, selber bestimmen. Da es auch erlaubt war, die Tasting Notes zu tanzen oder pantomimisch darzustellen, habe ich mich wie immer für die Ausdrucksform des Nackttanzes entschieden. Das des einen Anticonvulsion des anderen Convulsion ist, hatte ich ja schon erwähnt. Seitdem ich dazu übergegangen bin meine Tasting Notes nackt zu tanzen, darf ich an Videokonferenzen leider nur noch telefonisch teilnehmen. Was soll es? Mich entkrampft es weiterhin.
Unsere Gruppenleistung
Wir lagen also mit Gruppe A voll daneben und bekamen am Ende immerhin eine Teilnehmerurkunde. Ich fühlte mich insgesamt an meine Schulzeit erinnert. Ich war vollkommen unvorbereitet, betrunken, ahnungslos und bekam am Ende ein Zeugnis, das all dies in schönen Worten verschleierte.
Scallywag 11 Chocolate Edition Douglas Laing
Spaß bei Seite, auch mit dem Scallywag 11 Chocolate Edition von Douglas Laing hat Markus wieder eine schöne Auswahl getroffen. Mit den 48 % durchaus ein wenig scharf und vordergründig vor allem weihnachtlich würzig, was uns auch zum Spice King hat tendieren lassen. Karamellig süß und für mich in einem Puntk kritikwürdig, der Aromendichte. Er ist gar nicht unbedingt zu wenig komplex, in ihm lässt sich außer Fruchtnoten, die beim besten Willen nicht zu finden sind, einiges ausmachen, aber er wirkt trotz der 48 % doch ein wenig wässrig, was ich als fehlende Aromendichte bezeichnen will. Dennoch werden die 500 Flaschen aus Sherryfässern in der Whiskybase mit knapp 88 Punkten bewertet. Allerdings auch nur bei aktuell 9 Bewertungen. Für mich ein guter Whisky, der da von 2009 bis 2020 gereift ist, aber nicht mehr als 86,5 Punkte. Und doch ein Vergnügen und Genuss ihn im Glas gehabt zu haben.
Gruppe B
Für mich gab es mit dem Whisky, der darauf vorgestellt worden ist, bereits das Highlight des Abends. Gruppe B hatte unter der Fragestellung „Welches dunkle Fass ist das?“ die Wahl zwischen einem Glenallachie, Macduff und Tomatin. Whiskygraph Hagen war hier vertreten und konnte den Glenallachie Cuvee 2008 – 2020, der nach einem PX- und Pinot Noir-Finish mit 53,9 % abgefüllt worden war, aus der Erinnerung, vorgestellt hat er ihn kürzlich hier, recht sicher ausschließen. Schwer fiel mir hingegen der Ausschluss des 14-jährigen Macduff mit Moscatel-Finish von Coopers Choice, der mit 50 % in die Flaschen gekommen ist.
Tomatin 10 Heart Brothers
Gruppe B lag richtig und tippte auf den Tomatin 10 von den Heart Brothers, der von 2010 bis 2020 in einem First Fill Port Pipe gereift ist, bevor er mit 53,8 % in 360 Flaschen abgefüllt worden ist. In der Whiskybase ist er mit knapp 88,5 Punkten bewertet, allerdings nur durch 11 Genießer. Ich würde ihm tatsächlich 89,5 Punkte geben. Zurecht wurde hier von einigen Teilnehmern die unglaubliche Fasslast bemängelt. Aber genau diese Wucht der süßen und würzigen Aromen einer weihnachtlichen Gebäckmischung im fassstarken Whisky finde ich großartig. Für rund ein Viertel aller Teilnehmer und mich der Gewinner des Abends.
Gruppe C
Gruppe C hatte herauszufinden, welches „komisch alte Ding“ sie da im Glas hatten. Zur Wahl standen ein 23-jähriger Glen Keith von Alambic Classic aus einem Bourbon Fass, das in einem Jamaica Rum Barrel nachgereift und mit 55,4 % abgefüllt worden ist. Eine 21-jährige Originalabfüllung von Redbreast, also ein Irish Pot Still Whiskey aus einem Bourbon Cask mit 46 %. Und ein 32-jähriger Strathclyde von Douglas Laing, also ein Single Grain Whisky mit 43,9 %. Genau die richtige Gruppe für Whiskygraph Patrick, der sich mit Grains und Redbreast ganz gut auskennt.
Strathclyde 32 Jahre Douglas Laing
Unser Bonner Whiskystammtischbruder Simon, ein ausgewiesener Freund von Klebstoffnoten im Whisky, hatte die Freude das Private Cask von Douglas Laing der großen Gruppe vorzustellen. Er wurde allseits gut erkannt, obwohl Uneinigkeit über die Art des Klebstoffs bestand. In der Whiskybase wird er mit durchschnittlich knapp 88,5 Punkten von insgesamt 6 Whiskyfreunden bewertet. Für mich 84 Punkte und der schwächste des Abends, der aber keineswegs schlecht ist. Von den 172 Flaschen aus dem Refill Bourbon Barrel, das 1987 be- und 2020 abgefüllt worden ist, brauche ich nicht unbedingt eine. Aber auch der Strathclyde war sehr interessant.
Gruppe D
Gruppe D hatte die Frage zu beantworten, woher der zarte Rauch im Whisky stammen würde. Die gegebenen Möglichkeiten waren ein 9-jähriger Ardmore Càrn Mòr aus einem PX Butt und Oloroso Sherry Hogshead mit 47,5 %. Ein Glendronach Peated Port mit Port Pipe Finish und 46 % ohne Altersangabe. Und ein 13-jähriger Longrow Red von 2020 aus Rotweinfässern mit 51,6 %.
Ardmore 9 Carn Mor 2011 Morrison Scotch Distillers
Dass Gruppe D richtig liegen würde war klar, da Whiskygraph Stefan teil dieser war und er prinzipiell Ardmore rät. Der 2020 abgefüllte Whisky bringt doch eine recht deutliche, aber nicht brachiale aschige Rauchnote mit, untermalt von einer süßen Würze und ein wenig Frucht. Warum er nur 86,5 Punkte in der Whiskybase bekommt, erscheint ein wenig unverständlich. Eindeutig der Preisleistungssieger des abends, dem ich gute 87,5 Punkte gebe. Und würde man die Preisleistung stärker dabei gewichten, dann würde er auch 88,5 Punkte bekommen. Eine der 1272 Strictly Limited Flaschen von den Morrison Scotch Distillers sollte man sich sichern, solange sie noch verfügbar sind.
Gruppe E
Gruppe E sollte eruieren, ob es sich um einen Winterwhisky par excellence bei dem dunklen Sherrywhisky handeln würde. Eine Entscheidung war zwischen einem 12-jährigen Bunnahabhain, der für die Whiskybotschaft mit 57,3 % aus einem First Fill Sherry Hogshead abgefüllt worden war, einem Single Cask von Glenallachie, das nach 11 Jahren mit 55,1 % in die Flaschen gekommen ist und einem 15-jährigen Glenrothes von Douglas Laing aus der Old Particular Serie, einem mit 56,8 % als Christmas Edition abgefüllten Sherry Butt, zu treffen.
Glenallachie 11 2009 – 2020
Die Ergebnisse der Gruppe trug unser Bonner Whiskystammtischbruder Dirk, der Anwalt des Whiskys aus der Maltkanzlei, systematisch, unterhaltsam und nachvollziehbar vor. Und auch diese Gruppe lag richtig und hat den Glenallachie 2009, das Oloroso Hogshead korrekt erkannt. Der sehr saubere Whisky, den ich persönlich nicht als Winterwhisky par excellence bezeichnen würde, was naturgemäß durchaus anders in der großen Gruppe gesehen wurde, wird mit 89 Punkten in der Whiskybase bewertet. Er wurde durch rund die Hälfte der Teilnehmer zum Gewinner des Abends, so auch für die Whiskygraphen Patrick und Stefan. Mir ist er quasi zu sauber und wirkt für mich daher etwas zu beliebig, scheint zu austauschbar. Aber er ist natürlich sehr gut und würde bei mir 87,5 Punkte bekommen.
Musik von Cameron Arndt
Danach gab es zur Freude aller und meiner Nachbarn erst einmal wieder 3 Stücke von Cameron Arndt aus Caledonia. Perfekt für ein Zwischenbier. Der Nackttanz macht auch durstig. Aber er rentiert sich. So hatte ich den Eindruck, dass meine Nachbarn das ein oder andere Aroma richtig geraten haben. Sie haben es versucht durch Klopfzeichen zum Ausdruck zu bringen. Nun, der eine drückt sich so aus, der andere so. Die anticonvulsivische Wirkung der Whiskys ging langsam in eine vollkommene Unfähigkeit zur Muskelkontraktion überhaupt über, es lief also.
Whisky Nummer 7 und 8
Die letzten beiden Whiskys des abends wurden direkt gemeinsam in der großen Gruppe verkostet. Dabei gab es keine vorgegebene Auswahl, aber einen Hinweis. Und auch Whisky 7 und Whisky 8 waren wieder eine außerordentlich interessante Erfahrung.
Ein Sherrymonster
Whisky Nummer 7 war für mich der eindeutig interessanteste des Abends. Es galt vornehmlich die Frage zu beantworten, wie alt dieses Sherrymonster denn sei. Eine sehr wuchtige Fracht Alkohol kam einem da entgegen. Und für mich transportierte sie im Geschmack vordergründig 2 sehr dominante Aromen und hintergründig ein leichtes. Erstens herbal-kräuterige Noten extremer Intensität nach dem Antritt. Zweitens eine deutlich zuckrige, popcornartige Aromatik danach. Und drittens, dann bereits hintergründig, aber im direkten Übergang von diesen Noten, ein Gerstenmalzaroma, wie man es im Newmake findet.
2 Assoziationen
Meine erste Assoziation galt tatsächlich dem Popkorn. Das hatte ich erst kürzlich, bei einem Whisky meines Adventskalenders, den ich ebenfalls immer blind, also doppelt blind, verkoste, im Glas. Und zwar bei einem 11-jährigen Mortlach von Signatory Vintage, der als Einzelfass exklusiv für Whisky.de mit 57,6 % aus einem Refill Hogshead abgefüllt worden ist und den ich bezüglich der Preisleistung sehr empfehlen kann. Nun, die Assoziationen ändern sich mit den Gedanken und mit dem Gehörten. So verwarf ich das und konzentrierte mich auf die herbal-kräuterige Note. Die hatte ich auch vor nicht so langer Zeit im Glas gehabt, und zwar bei einem 11-jährigen Glentauchers Butt, das als Sherry-Einzelfass von Signatory Vintage mit 63,9 % abgefüllt worden war.
Ein Volltreffer
Ich lag also wie immer falsch, aber Whiskygraph Hagen landete einen astreinen Volltreffer bei seiner Lieblings-Destillerie Mortlach. Er hatte ihn vor längerer Zeit wohl schon einmal im Glas gehabt. Ebenso wie Whiskygraph Stefan, der aber wie immer auf einen Ardmore tippte.
Mortlach Sherry Beast Coopers Choice
Tatsächlich im Glas war bei uns der Mortlach Sherry Beast von Coopers Choice mit 61,5 % gelandet. Und der hat doch für sehr geteilte Meinungen, überwiegend aber den Eindruck von Überbewertung gesorgt. Die knapp 88 Punkte für die 732 Flaschen in der Whiskybase empfanden viele doch als deutlich zu hoch. Ich fand ihn interessant und auch ganz gut, 87 Punkte würde ich ihm schon geben. Aber da er wohl nur 4 Jahre alt ist, ist das auch eine sehr hohe Bewertung für einen Whisky, der in der Reifung schottischen Bedingungen ausgesetzt gewesen ist und lediglich in einem Oloroso Fass nachreifte.
Eine Rauchbombe zum Abschied
Würde der kräftige Rauch am Ende einen würdigen Abschluss bereiten? Diese Frage galt es letztlich zu beantworten. Wir waren uns alle recht sicher, dass es sich nicht um einen Islay Whisky handeln würde. Da kam eigentlich keine der 8 Destillerien in Frage, von denen man aktuell Abfüllungen bekommen kann. Trotzdem ich mich auf Islay nach einem Besuch dort, einen Bericht gibt es hier, verhältnismäßig gut im Vergleich zu anderen Whiskyregionen auskenne, kann man bei einer solchen Einschätzung ja auch gewaltig falsch liegen. Ein schwer fass- und beschreibbarer Rauch war das in der Nase und auf Gaumen und Zunge. Whiskygraph Stefan tippte auf einen Ardmore.
Benromach 2007 Exclusive Single Cask
Weil mir einfach nichts besseres mehr einfallen wollte, hatte ich ihn für einen Ballechin gehalten. Und ein wenig hatte er mich von der Nase her auch an einen solchen, den ich ebenfalls vor kurzem im Glas hatte, erinnert. Aber es war ein Benromach 2007 Exclusive Single Cask. Ein First Fill Bourbon Barrel, das mit 57,9 % abgefüllt worden war. Und ja, das war doch ein würdiger Abschluss. Wieder interessant und gut. Die knapp 87,5 Punkte in der Whiskybase würde ich mit 87 leicht unterbieten. Aber die 206 Flaschen des 2019 abgefüllten Whiskys haben doch das Potential, ein sehr gutes und schönes Tasting würdig zu einem Ende zu bringen. So wurde er auch der Sieger des Abends für Whiskygraph Hagen.
Der Höhepunkt der Anticonvulsion
Bei mir erreichten die anticonvulsivischen Wirkungen des Nackttanzes, des Whiskys, der Musik und der Rätsel ihren Höhepunkt, als nach Whisky Nummer 8 noch einmal Cameron zur Gitarre griff. Die Stimmung war mittlerweile so ausgelassen, die Musik so gut, die Whiskys so fein, die Gesellschaft so vortrefflich, dass man in keinem Pub der Welt besser hätte aufgehoben gewesen sein können.
Funktionierende Pläne
Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert, dachte ich noch und war noch einmal glücklich, dass nach der absichtlichen Falschangabe unserer Gruppe A keine andere Gruppe mehr so gestresst war, dass sie den Whisky in ihrem Glas nicht hätte erkennen können. Ein souveräner Auftritt, dachte ich und verabschiedete mich aus der Konferenz. Selbstverständlich auch am Ende ohne Manieren, also ohne Bescheid zu sagen.
Termine
Aber die Stimmung war einfach bedrohlich gut und ich fühlte mich gefährlich wohl. In der Regel ergreife ich genau dann die Flucht. Besonders, wenn es am nächsten morgen Termine gibt. Denn im Normalfall bin ich nicht nur der erste, der betrunken erscheint, sondern auch der letzte, der vollkommen betrunken umfällt. Das verdanke ich einer genetischen Besonderheit, einem numerisch renal-hepatischen situs inversus. Ich habe also 2 Lebern und nur eine Niere. Das solltest Du aber bitte nicht googlen, denn am Ende wird herauskommen, dass du Krebs haben könntest.
Kristall Rainer
Da ich auf Basis dieser genetischen Variante auch ähnlich stark auf meine Elektrolyte achten muss, wie Kristall Rainer aus Sven Regeners „Herr Lehmann“, galt es ja auch zu berücksichtigen, dass ich vor dem zu Bett gehen noch etwas essen musste. Ich konnte ja beim Tasting schon meine gesunde Ernährungsweise aus Whiskys, die besonders ausgeprägte Kräuternoten mitbringen, nicht vollends beherzigen. Also rasch 4 Schnitzel, 2 Laibe Käse, 3 Brote, 2 Tonnen Chips, 3 Tüten Gummibärchen, 4 Tafeln Schokolade und schwupps war ich bettfertig.
Der Morgen danach
Am Morgen danach erwachte ich erfrischt, ansatzweise satt und mit einer schönen Lebenserfahrung mehr. Tatkräftig ging es an die Bewältigung der Tagesaufgaben. Meine Nachbarn grüßten mich freundlich schmunzelnd zwischen den Lachanfällen, die sie aus irgendwelchen Gründen hatten, als wir uns begegneten.
Weitere Rätsel
Zunächst aber waren da weitere Rätsel. Warum liegt denn da Stroh? Wer hat die Gläser kaputt gemacht? Wer hat sein Bier nicht ausgetrunken? Und warum steht die Tür des Gefrierschranks sperrangelweit offen? Das sind die Fragen, die nach solchen Abenden doch für morgens bleiben. Man fühlt sich fast wie Partyschaum aus Rocko Schamonis „Dorfpunks“ in diesen Augenblicken. Aber was soll es? Gerade in diesen Zeiten sollte man seinen Humor, die Gelassenheit und Heiterkeit nicht verlieren. Und ernst nehmen sollte man sich ohnehin nie.
Was bleibt
Was bleibt ist einen großen Dank auszusprechen. Zunächst und in erster Linie an Markus wegen der Organisation, seinem Fleiß, seinem Fachwissen und seiner Bereitschaft, uns zum Selbstkostenpreis daran teilhaben zu lassen. Das macht nicht jeder und wir erachten es keinesfalls als selbstverständlich. Wir können erahnen, wieviel Arbeit in der Umsetzung eines so ambitionierten, aber gelungenen Konzeptes steckt.
Auswahl, Umsetzung und roter Faden
Beeindruckend finde ich die Auswahl der Whiskys. Man muss schon wirklich sehr viel von der Materie verstehen, um ein solches Konzept stimmig umsetzen zu können. Ich könnte das nicht. Und dabei einem roten Faden zu folgen, der erkennbar bleibt, das Winterthema, und doch genügend Abwechslung in einer Weise zu bringen, die solche Rätsel möglich machen, das ist faszinierend. Dafür und für die technische Umsetzung verneigen wir uns tief.
Die Gruppe
Ein besonderes Highlight waren auch die Menschen, die an diesem Tasting teilgenommen haben. Erst kürzlich habe ich einen Artikel über Whisky & Menschen geschrieben, der zum Ausdruck bringt, wie heterogen die Erfahrungen sein können, die man im Umfeld des Whiskys sammeln kann. In dieser Gruppe fanden sich ausschließlich angenehme, humorvolle und freundliche Menschen.
Teilgruppen
Ob nun die Bonner Whiskystammtischgeschwister wie Martin, Caro, Leo oder Peter, Markus Studienkollegen, der Whiskykreis um Jan und Janina, Thorsten Rech vom Genussbahnhof, Björn Bachirt, die Whiskygraphen oder weitere Anwesende, die mir hoffentlich verzeihen nicht namentlich aufgeführt zu sein, hier hat zusammen gefunden, was zusammen passt. Whisky und Genuss verbinden, auch Gruppen zu größeren Gruppen.
Fazit
Es war eine sehr angenehme, humorvolle und lockere Veranstaltung, bei der es viel für mich zu lernen gab. Viel besser geht das nicht. Wenn es überhaupt etwas gegeben hat, das gefehlt hat, dann war das die Anwesenheit des fünften Whiskygraphen Christian, der momentan leider recht viel zu tun hat und deshalb nicht partizipieren konnte. Er hätte die Runde noch bereichert. Aber vielleicht schafft er es ja zu unserer nächsten Videokonferenz. Am kommenden Freitag gibt es bei uns Whiskygraphen etwas zum Thema Food Pairing mit der Genussbotschafterin Annick Seiz. Möglicherweise wollt auch ihr ja dabei sein, Ihr seid willkommen.
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