Nach dem Erfolg unseres ersten Whisky-Food-Pairing Abends mit Genussbotschafterin Annick war es an der Zeit erneut die Freunde des Genusses zu einem Gaumenkitzel-Event einzuladen, um den eigenen lukullischen Horizont zu erweitern. Und bei der zweiten Auflage wollten wir gerne auf spiritueller Ebene ein wenig über den Whisky-Tellerand hinausschauen. Dazu haben die Teilnehmer vorab von uns ein Sample-Paket mit verschiedenen Spirituosen erhalten.
Food-Pairing – was ist das nochmal?
Mit Food-Pairing ist nicht etwa das Speed-Dating bei einem Candlelight-Dinner gemeint, sondern, einfach ausgedrückt, die Kombination von verschiedenen Lebensmitteln, die geschmacklich gut zusammenpassen oder bestimmte Aromen hervorheben. Während sich der eine beim Gedanken an Banane mit Speck zunächst schüttelt, sind für den anderen Kombinationen wie Tomate und Basilikum, Wassermelone und Feta oder ein erfrischendes Bananenweizen längst gängige Klassiker.
Aber auch die Banane mit Speck kann ein genussvoller Moment sein, wie wir erfahren haben, erst recht wenn man noch etwas Grafschafter Goldsaft, einen zuckersüßen Rübensirup, darüber gibt. Das ganze noch kombiniert mit einem Whisky kann bestimmte Aromen im Whisky verstärken oder einfach nur wunderbar harmonieren. Dann besitzen nämlich die Lebensmittel, als auch der Whisky, die gleichen Hauptaromakomponenten. Das ganze spielt sich zwar auf molekularer Ebene ab, aber man benötigt trotzdem kein Labor und keinen Doktortitel in Chemie um in den Genuss neuer Geschmackserfahrungen zu kommen.
„Man spielt nicht mit dem Essen!“
Diesen Satz haben wahrscheinlich die meistens von uns in ihrer Kindheit von unseren Eltern gehört. Und viel schlimmer noch, haben wir uns sicherlich alle schon dabei ertappt, wie wir unseren Kindern genau diese Ermahnung bei Tisch um die Ohren gehauen haben. Selbstverständlich wollen wir dem Nachwuchs Respekt vor Lebensmitteln lehren und ihnen gesittete Tischmanieren beibringen. Das Ausprobieren und Experimentieren ist aber doch immer noch die beste Möglichkeit um zu lernen, sich inspirieren zu lassen und neue Erfahrungen zu machen. Und genau das durften wir heute Abend machen. Nein, wir sollten das sogar! Mit dem Essen spielen.
„Wenn das Eis erstmal gebrochen ist, kann man Cocktails draus machen!“
Doch das Spiel sollte erstmal mit einem kleinen Aperitif beginnen. Übrigens eine tolle Sache, um direkt ein wenig Dynamik und Interaktion in solch eine Online-Veranstaltung zu bringen, wenn jeder nach Anleitung einen (oder mehrere) Cocktails mixt. Und außerdem sorgen ein paar Zentiliter Whisky zu Beginn auch direkt für eine gute Stimmung.
Nach einer kurzweiligen und wieder sehr interessanten Einführung in das Thema Food-Pairing durch Annick starteten wir auch gleich mit den ersten Leckereien. Zur Auswahl standen diesmal wieder kalter, schwarzer Tee und Olivenöl, Apfel, reife Bananen, Zitronenzesten und Staudensellerie, Curry Pulver, Kaffeebohnen, dunkle Schokolade und Caramelts (Karamellbonbons). Als Klassiker durfte natürlich das Leberwurstbrot auch heute wieder nicht fehlen. Mit leckerem Parmesan und knusprig gebratenem Speck war auch noch mehr für die herzhaften Genießer dabei.
Ommmmm….
Mittels einer kleinen Stimmprobe mit Brummen und Summen sollten wir unseren retronasalen Raum finden, der irgendwo zwischen Rachenraum und Nasenhöhle liegt und in dem beim Genuss die flüchtigen Aromastoffe von olfaktorischen Rezeptorzellen aufgenommen werden und uns so ermöglichen Geschmack wahrzunehmen. Ein komplexes und spannendes Feld. Alexander hat rund um dieses Thema mal den Artikel Whisky wahrnehmen – die Wahrnehmung als Grundlage des Genusses verfasst.
Grafschafter Goldsaft
Eine besondere Freude hat Annick dem Whiskygraphen Patrick gemacht. Er hatte sich im Vorfeld darüber Gedanken gemacht, dass sein allseits beliebter Grafschafter Goldsaft doch eine schöne Komponente für unser Food-Pairing sei. Als er Annick darauf ansprach hatte sie just denselben Gedanken. Das konnte natürlich kein Zufall sein. Von Zufall spricht man, wenn für ein einzelnes Ereignis keine kausale Erklärung gefunden werden kann. Wenn man sich aber das breite Spektrum an Einsatzzwecken des Zuckerrübensirups anschaut, vom Brotaufstrich, zum Marinieren, Backen oder Kochen, kann von Zufall keine Rede sein!
Seine Oma hat den Sirup schon immer zum Kochen und Backen benutzt, dadurch schwelgen in Patrick natürlich Kindheitserinnerungen mit. Und auch bei mir weckt der Goldsaft Erinnerungen. Da einige meiner Schulfreunde von dort kommen, war ich war früher oft in der Stadt Meckenheim unterwegs, wo die Grafschafter Krautfabrik steht, in der der Goldsaft und andere süße Dinge hergestellt werden. Und wenn gerade frische Zuckerrüben eingekocht wurden, stand der süßliche und karamellige Duft in der halben Stadt. Der Duft der Vergangenheit und plötzlich fühle ich mich wieder wie 18. Außer dass ich damals noch keinen Whisky mochte.
Rémy Martin
Und im ersten Durchgang verließen wir die Whiskywege zu einem kleinen Exkurs nach Frankreich. Man darf ihn eigentlich gar nicht so nennen, aber der Weinbrand aus dem französischen Städtchen Cognac und den umliegenden Weinanbaugebieten ist dem Whisky gar nicht so unähnlich, da er auch in Eichenfässern gereift wird, die einen Großteil des Geschmacks ausmachen. In diesem Fall probierten wir den Rémy Martin 1738.
1738 war ein wichtiges Jahr für Rémy Martin, denn in diesem Jahr gestattete seine Majestät Ludwig der XV. dem Traditionshaus per königlichem Dekret (Accord Royal) die Nutzung von Weideflächen für den Anbau ihrer Weine. Das war zu der Zeit ein außergewöhnliches Privileg, da der Nahrungsmittelanbau vor Weinkultivierung ging und neue Weinberge selten bis gar nicht genehmigt wurden.
Pflaumen, Feigen, Karamell und Eichenholz in der Nase. Feigen, würziges Holz und cremiges Karamell auf der Zunge. Eine schöne Abwechslung, die durchaus mit unserem geliebten Whisky mithalten kann. Und die Kombination von Cognac und Karamell in Form von Popcorn oder Bonbons ist unschlagbar lecker. Richtig interessant wird es allerdings, wenn man nun noch Zitruszesten oder knusprigen Speck hinzugibt. Die bitter-zitronige Kombination macht den Cognac enorm fruchtig, während der Speck ihn voluminöser und schwerer macht.
Aber auch pur machte der Cognac wirklich eine gute Figur und mag für den ein oder anderen zukünftig eine weitere Alternative in der Hausbar werden. Wer weiß? Bei weiter extrem steigenden Preise für Whisky feiert der Cognac womöglich in nicht allzu ferner Zukunft sein Comeback.
Mackmyra, Banane und Goldsaft
Der erste Whisky wurde uns von Mackmyra und durch Susanne Appold gesponsert, die als Harzermaltine unter dem Thema „Genuss aus meiner Sicht“ bloggt und auch Markenbotschafterin für die schwedische Whiskydestillerie ist. Sie stellte uns den Whisky auch kurz vor, der ein Finish in Portweinfässern erhalten hat und ein tolles fruchtiges Aroma hat. Die Fruchtnoten findet man auch im vollmundigen Geschmack mit Beeren, würzige Vanille und ein paar Tabakblättern wieder. Schon pur ein toller Whisky, der in Kombination mit Banane und Zuckerrübensirup vor allem seine würzigen Holznoten zeigt. Hingegen macht eine Speckbanane den Whisky milder.
Die Grafschafter Banane war übrigens auch ein Highlight für Stefan, der sich aber die Banane noch etwas reifer gewünscht hätte. Er kann ein schwieriger Gast sein, meistens ist er aber ein sehr angenehmer.
Don’t worry be curry
Im nächsten Durchgang machten wir einen Ausflug nach Indien – oder besser gesagt: Indien kam zu uns. Shilton Almeida ist Brand Ambassador für Paul John – Whisky aus Goa in Indien und gab sich die Ehre unserem Zoom-Meeting beizuwohnen. Er stellte uns den Paul John Oloroso Select Cask vor. Ein intensiver, dunkler Sherrywhisky! Blutorangen, Nüsse und Gewürze mit einem Hauch dunkler Schokolade. Wahrscheinlich für die meisten der Whisky des Abends!
Passend dazu hatte sich Annick ein Pairing mit dunkler Schokolade und Currypulver ausgedacht. Beim letzten Mal war ich schon von der Kombi Schoko plus Parmesan sehr begeistert, also war ich sehr gespannt. Und auch die Curryschokolade konnte mich begeistern. Und auch den Whisky machte dieses Arrangement noch komplexer und würziger.
Staudensellerie
Und zusammen mit Whiskys aus der eigenen Hausbar haben wir den Beweis erbracht, dass man Staudensellerie nicht nur für ayurvedische Detox-Säfte verwenden kann. Kaum einer wollte zugeben Staudensellerie zu mögen. Aber in Kombination mit fruchtigem Olivenöl als Emulgator und Karamellbonbons war das für viele der Hit des Abends, unter anderem auch das Highlight für die Whiskygraphen Stefan, Christian und Patrick. Die drei mögen es aber sonst auch deftig mit viel Speck und Rauch – womit die Ehrenrettung wiederhergestellt sei und wir nicht demnächst einen Gesundheitsblog eröffnen werden.
Alle guten Dinge sind Leberwurst
Deftig, herzhaft und rauchig wurde es nun mit der wunderbaren Leberwurstbrot-Port-Charlotte-Kombination. Ein Food-Pairing mit Annick ohne diese äußerst delikate Paarung kann es nicht geben. Auch wenn man noch Schokolade oder ein Stück Apfel hinzugibt, passt das einfach toll zusammen. Spätestens an dieser Stelle habe ich es aufgegeben mich beim Schlemmen zu bremsen und hatte folgerichtig am nächsten Morgen 3 Kilo mehr auf der Waage.
Etwas für den Magen? Underberg!
Also war es Zeit den Magen etwas aufzuräumen. Dafür wird in deutschen Landen ja gerne traditionell ein Kräuterbitter gereicht. Im letzten Food-Pairing hatten wir schon zum Abschluss einen Mix aus Underberg und Pfirsichlikör thematisiert. Daraufhin hat Annick Nägel mit Köpfen gemacht und uns einen Pêcher Mignon, ein französischer Pfirsichlikör, und den „Brasilberg do casa Underberg“, mit den besten Grüßen von Hubertine Underberg persönlich, organisiert. Vielen Dank und herzliche Grüße an dieser Stelle zurück!
Der Brasilberg ist, wie man dem Namen schon entnehmen kann, die brasilianische Variante des bekannten Underbergs. Als der Enkel des Underberggründers Dr. Paul Underberg, Südamerika-Fan und Naturliebhaber, nach Brasilien auswanderte, begann er dort den Underberg in Rio de Janeiro herzustellen und als „Underberg do Brasil“ zu vertreiben. Zunächst importierte er noch die dafür notwendigen Kräuter aus dem niederrheinischen Rheinberg, entwickelte aber über die Jahre hinweg eine eigene Rezeptur indem er nach und nach Kräuter aus der Amazonas-Region hinzufügte. So entstand der Brasilberg mit seinem eigenen, südamerikanisch-brasilianischen Geschmack.
Natürlich eine interessante Sache, wenn auch nicht für jeden Whiskyfreund der Drink des Abends. Underberg gehört für mich wie Asbach, Nutella und Milchschnitte zu den deutschen Dauerbrennern im Supermarktregal. Ein Produkt, dass es seit über 100 Jahren, gegründet wurde das Unternehmen 1846, in unveränderter Qualität gibt. Ich erinnere mich noch an einen Automaten in der Bierstube im Restaurant meines Opas, aus dem man sich die kleinen 2cl-Flaschen für wenige Mark ziehen konnte. Schon wieder eine Kindheitserinnerung.
Das Experiment
Annick war seinerzeit beauftragt für eine Feier der Familie Underberg einen Cocktail zu kreieren. Dabei machte sie folgende Entdeckung, mit der wir auch an diesem Abend experimentierten. Wir benötigten zwei Gläser von denen je eines mit Pêcher Mignon und mit Brasilberg befüllt wurde. Nachdem wir beide Gläser durch Schwenken ein wenig benetzt hatten, wurde das jeweils andere Getränk dazugegeben. Und obwohl in beiden Gläsern nun der gleiche Mix aus beiden Spirituosen enthalten war, schmeckten beide merklich unterschiedlich. Das eine sehr fruchtbetont, dafür das andere würzig-kräuteriger. Das Geheimnis liegt wohl in der Struktur der Glasoberfläche, die eben nicht ganz glatt ist, wie man meinen könnte, sondern leicht porös. Dadurch entfalten sich die Spirituosen einzeln und öffnen ihre eigenen Aromen, die dann im Mix den Geschmack dominieren.
Genuss verbindet
Und mit diesem kleinen Ausflug hatten wir Genießer wieder einmal eine tolle Gelegenheit über den Tellerrand zu blicken. Überhaupt war der ganze Abend genussvoll, Menschen verbindend und Horizont erweiternd. Ich zitiere Jens: Es war kurzweilig, lehrreich, unterhaltsam und kulinarisch höchst abwechslungsreich. Maike meinte: Und wir haben sogar Staudensellerie gegessen.
Es bleibt uns nur noch Danke an Annick für den erneut tollen Abend und den Sponsoren für die Unterstützung zu sagen! Und ich möchte Annick mit ihren Abschlussworten zitieren:
Genuss ist wie die Liebe, denn auch er wird größer, wenn man ihn teilt.
Hall of Angel's Share - endlich wieder eine Whiskymesse - Whiskygraphie
[…] ein oder anderen bekannten Gesichter zu treffen. So kam es dann auch und wir konnten direkt mit der Botschafterin des Genusses und der Lebensfreude Annick Seiz bei einem Kaffee ein Schwätzchen halten. Außerdem trafen wir Constantin von Whisky Enjoy, mit dem […]