Im April ging es für uns, in diesem Fall die Whiskygraphen Stefan, Hagen und mich, mal wieder nach Limburg an die Lahn. Frei nach Andy Möller, ob Frankfurt oder Limburg, Hauptsache Rheinland-Pfalz. Schlumberger hatte eingeladen. Wie Toni Polster hatten wir es uns sehr genau überlegt und dann spontan zugesagt. Zu einem „Come Together“ von Bloggern und Vloggern am Freitag vor der Messe. Wie einst Thomas Häßler waren wir körperlich und physisch top fit. Beste Voraussetzungen also.
Das Vorspiel
Hagen und Stefan waren bereits im letzten Jahr der Einladung von Schlumberger gefolgt. Und waren doch sehr begeistert von dem gewesen, was Andrea Caminneci da im Hotel Freimühle für die filmende und schreibende Zunft auf die Beine gestellt hatte. Und genau das hat sich offensichtlich auch rumgesprochen. Wie Paul Gascoigne machen wir zwar nie Voraussagen und werden das auch niemals tun, aber das könnte doch was werden.
Vom Feeling her ein gutes Gefühl
Ein Grund, warum wir Whisky so mögen, ist, dass er so eng mit starken Emotionen verbunden sein kann. Die Freude über einen guten Tropfen, um so mehr, wenn man ihn gemeinsam genießen kann, ist unvergleichlich. Die gefühlte Verbundenheit dabei ist für sich ein Hochgenuss, der den rein sinnesphysiologischen Genuss noch steigert. Fast wie beim Fußball. Die Vereine vereinen. In Sieg und Niederlage. Emotional aufgeladen. Vom Feeling her hatten wir ein gutes Gefühl, wie Andy Möller sagen würde.
Neid
Doch hin und wieder vermag das Lebenswasser auch die nicht so schönen Gefühle hervorzubringen. Darauf machte mich eine Freundin im Vorfeld der Veranstaltung bei Schlumberger aufmerksam. Da wären doch viele whiskybegeisterte Menschen sehr neidisch auf uns. Neid? Ernsthaft? Weil wir da eingeladen sind? „Da würden die Blogger und Vlogger mal wieder alles umsonst hineingeschoben bekommen.“ Na, wenn das die Medien nicht mal hochsterilisiert haben. Um es mit Bruno Labbadia zu sagen.
Der Umgang mit Gefühlen
Nun, wie man mit Whisky verantwortungsvoll umgehen sollte, so sollte man es auch mit Gefühlen machen. Und zwar den eigenen und denen der anderen. Ich würde jedem eine Einladung zu so einem tollen Event gönnen. In meiner Freizeit pflege ich mich von Menschen, die negative Emotionen produzieren und provozieren, eher fern zu halten. Das hat allerdings den Nachteil, dass mich Freundinnen dann tatsächlich darauf aufmerksam machen müssen, wenn diese bei anderen aufkommen. Dazu auch am Ende noch ein paar Worte.
Wer arbeiten kann, kann auch saufen
Wie dem auch sei, am Tag eines Bahnstreiks ging es mit dem Schienenersatzverkehr nach Limburg. Leider nicht für Whiskygraph Patrick, der auch dabei sein hätte sollen und sich um die Unterkunft im Hotel gekümmert hatte. Ein kleiner Unfall bei der Gartenarbeit machte für ihn das Stehen vorübergehend unmöglich. Schade, es hätte auch ihm sehr gut gefallen. Da änderte auch Hagens treffliche Feststellung „wer arbeiten kann, kann auch saufen“ nichts mehr dran. Whiskygraph Christian war entschuldigt, eine Kommunion stand an. Der Kader war also durchaus dezimiert.
In Limburg
Trotz einiger Bedenken wegen der etwas unsicheren Verkehrssituation kamen wir rechtzeitig in Limburg an, checkten im sehr passablen Hotel ein und machten uns auf den Weg in die Innenstadt. Eine kleine Stärkung war noch drin. Während wir draußen saßen und ein Bier genossen, machten wir im Vorfeld des Spiels bereits einige Whisky Freunde und Bekannte aus. Was gestern noch Schnee von Morgen, so würde es Jens Jeremies ausdrücken, gewesen war, konnte starten.
Ein tolles Fell
Nachdem wir uns hingesetzt hatten, an einen Tisch zu einer netten, uns unbekannten Gruppe, fragte eine aus dieser, ob wir Probleme wegen des Hundes haben würden, den sie am Tisch hatte. Jener scharwänzelte unter der Biergarnitur herum und als ich ihn am Bein spürte, griff ich in das tolle, weiche, wuschige Fell, um ihn zu streicheln. Der Hund bewegte sich wieder in Richtung Frauchen, meine Hand folgte und genau als diese versehentlich auf dem Knie meines mir unbekannten Banknachbarn landete, war der Satz „der hat aber ein tolles Fell“ schon nicht mehr zu stoppen. Gut, er bedankte sich.
Saufen ist, wenn der Schiedsrichter pfeift
Und dann ging es auch schon los zum Partybus, der uns bahnhofsnah einsammelte. Thomas Plaue nahm uns in empfang, fackelte nicht lange und servierte uns die erste Köstlichkeit des Abends. Das Vorspiel ging ins Spiel über. Angepfiffen von einem Keeper oft he Quaich. Saufen ist, wenn der Schiedsrichter pfeift, so hätte es wohl Franz Beckenbauer ausgedrückt.
World Top Brewery
In unseren Händen landete ein Bier der Wold Top Brewery. Schön, für uns ein Novum. Mit den 9,1 % Alkoholgehalt nicht gerade ein Leichtgewicht, aber vor dem Whisky natürlich genau das richtige. Und ein sehr schmackhaftes Bier, das uns auch aromatisch auf das Lebenswasser vorbereitete. Es kommt aus Fässern, die zunächst mit Bier belegt gewesen sind, darauf mit Whisky und schließlich wieder mit eben diesem Bier. Und genau das schmeckt man. Süß, würzig, kräftig und mit whiskytypischen Eicheneinfluss.
Die Brauerei und der Whisky
2003 gründeten die Ackerbauern Tom und Gill Mellor die Brauerei in den Yorkshire Wolds. Und da man aus Gerste ja nicht nur Bier, sondern auch Whisky machen kann, folgte die Planung einer Destillerie.
Filey Bay Whisky – Spirit of Yorkshire
Im Juni 2016 wurden die Brennblasen erstmals befeuert. Und im September 2019 konnten die ersten Fässer abgefüllt werden. Der Filey Bay Whisky – Spirit of Yorkshire hatte das Licht der Welt erblickt. Zu unserer Schande müssen wir gestehen, dass wir es nicht geschafft haben, einen solchen an diesem Abend zu verkosten. Wir haben uns bemüht, aber die über 60 offenen Whiskys waren einfach zu viel für uns. Das bedaure ich sehr, eilt dem Filey Bay Whisky doch ein sehr guter Ruf voraus. Nun ja, das müssen wir nachholen. Da haben wir mal nicht gespielt wie Flasche leer, sondern wie Flasche voll.
Die Kollegen
Am Bus trudelten nach und nach die Freunde, Bekannten und Kollegen ein. Auf dem Weg zum Bahnhof hatte sich uns bereits Uwe Marx angeschlossen. Er hält jede Menge Tastings bei uns in der Region und auch ich hatte vor einigen Jahren das Vergnügen an einem solchen teilzunehmen. Wir hatten ihn dazu in unsere Freimaurerloge Friedrich zur Vaterlandsliebe in Koblenz eingeladen. Rieke Bergmann, alias Frollein Scotch, Manuel Tuschmann, besser bekannt als der Whisky Waiter, Sascha, also Friendly Mr. Z, Ashley von Ash’s Whiskey, Andre Lautensack von Whisky Evening oder Jonas und Detlef vom Whiskyplausch gaben sich beispielsweise die Ehre.
Noch mehr Kollegen
Am Hotel Freimühle angekommen gab es dann weitere höchst angenehme Wiedersehen. So beispielsweise mit dem Whiskydevil Jens Arndt, mit dem ich das Vergnügen hatte eine legendäre Reise auf Islay zu erleben. Oder Markus Eichhorn von Mywhiskytasting, dessen Online Tastings Maßstäbe setzen. Insgesamt eine gut intrigierte Truppe hätte Lothar Matthäus das genannt.
Andrea Caminneci
Eine große Freude war es auch Andrea Caminneci endlich einmal persönlich kennenlernen zu können. Unkompliziert, herzlich, locker, humorvoll und gastfreundlich eröffnete er mit ein paar einleitenden Worten das Event. Und informierte unter anderem darüber, dass 2 Repräsentanten es zwar geschafft hätten an diesem Streiktag die Bahn in Frankfurt zu erwischen, nur allerdings jene nach Erfurt. Sie würden später eintreffen. Und das taten sie dann auch gegen 21.30 Uhr. Ferner verwies er darauf, dass es neben Whisky und dem Buffet auch andere Getränke gäbe. Das aber sei ja kaum notwendig, meinte er, während er sich ein Bier nahm.
Finch
Da es Hagen und Stefan im letzten Jahr nicht zu Hans-Gerhard Fink und Finch geschafft hatten, wollten wir in diesem Jahr dort beginnen. Und auch ich war da sehr neugierig. Auf der Suche nach guten Deutschen Whiskys hatte mir Andrea via Facebook bereits die unzähligen Schätze ans Herz gelegt, die dort im Fasslager schlummern, beziehungsweise Schlumbergern würden. Und Petra Milde hatte meinem Freund Michael in Vertretung des Verbandes Deutscher Whiskybrenner auf der letzten Interwhisky in Frankfurt den Finch Cask Strength Emmer Edition 3 ausgeschenkt, den ich bei kurzer Verkostung mehr als überzeugend fand.
Emmer und Wein
Also ging es für mich genau damit los. Finch Cask Strength Emmer Edition 3. 54,6 % und eine sehr einzigartige, besondere Schokoladennote. Ein tolles Teil. Währenddessen gewährte uns Hans-Gerhard Fink sehr interessante Einblicke in seine Arbeit, die er mit großer Hingabe vor dem Hintergrund seines Wesens als Landwirt verrichtet. Ein bemerkenswerte Philosophie steckt hinter seinem Wirken. Und das kann man auch schmecken. Der Finch Caskstrength Emmer Edition 3 hat ganze 8 Jahre in Weinfässern gelagert. Und auch im weiteren Verlauf unseres Gesprächs und unserer Verkostungen konnten wir ausmachen, dass da doch eine ganze Menge guter Weinfässer bei Finch vorhanden sein müssen.
Barrique R
Fräulein Scotch begann ebenfalls mit einem Schwäbischen Hochland Whisky an unserer Seite, dem Barrique R. 42 % aus sehr feinen Barrique Fässern. Rosinen, Schokolade, ein wenig Traubenuss. Ebenfalls wohl ein sehr gelungener Einstieg. Nicht umsonst 2020 mit Gold bei den World Whiskies Award ausgezeichnet.
Nachhaltigkeit und Regionalität
Hans-Gerhard Fink legt schon lange Wert auf Nachhaltigkeit und Regionalität. Ehrlich gesagt auch die beiden Seiten ein und der selben Medaille. Daher gibt es auch keinen Peated Finch. Zumindest keinen mit Gerstenmalz, das über Torffeuer gedarrt worden wäre. Aber es gibt rauchige Varianten, deren Rauchigkeit aus den Fässern stammt, die so schmecken, als kämen sie von Laphroaig.
Distillerschoice Single Malt Smoky 10 Jahre
Und genau so kam der Distiller’s Choice Single Malt Smoky 10 Jahre dann auch daher. Honigsüß, pfeffrig und rauchig. 46 % verleihen ihm einen sehr guten Ausdruck. Hätte ich als Distiller auch ausgewählt.
Private Edition Two Casks 10 Jahre
10-jährig ging es auch weiter. Mit einer privaten Edition aus 2 Fässern. Vermählt wurden ein Rotwein und ein Bourbon Fass. Das Ergebnis ist ein harmonischer, milder Whisky mit Karamell, Kokos und Schokolade. Und das mit 53 % Alkoholgehalt. Sehr schön.
Jede Menge Fässer
Insgesamt lagern bei Finch aktuell über 6000 Fässer. Das ist doch eine ganze Menge. Damit will sich Hans-Gerhard Fink allerdings noch lange nicht zufriedengeben. Gerade erst hat er sich durch den Zukauf eines Geländes stark vergrößert. Da wird wohl in naher Zukunft viel guter Whisky auf uns zukommen.
Aus den Fässern
Aus den Fässern landeten auch noch 2 ganz besondere Proben in unseren Gläsern. Zum einen ein Malt, der als Jubiläums Whisky abgefüllt werden wird. Zum anderen eine 12-jährige Fassprobe, deren Alkoholgehalt von Mitte 60 % kaum zu riechen, schmecken oder spüren war. Finch und Hans-Gerhard Fink, das ist mehr als bemerkenswert. Da müssen wir uns wohl einmal direkt vor Ort einen Überblick im Schwäbischen Hochland verschaffen.
Ein Päuschen
Es war an der Zeit für ein kleines Päuschen. Und die Auffrischung unserer Unterlage. Ein Buffet mit allerlei Leckereien bot die entsprechende Gelegenheit dazu. Sogar mit einem sehr schmackhaften Irish Stew. Genau das richtige. Da musste man sich zurückhalten. Aus dem Päuschen sollte nicht eine Pause werden, schließlich musste ja das Flüssige in das Feste, wie es wohl Helmut Schulte ausgedrückt hätte.
Morrison Distillers
Im Portfolio von Schlumberger findet sich auch der unabhängige Abfüller Morrison Distillers, der am Stand von dem sympathischen Marc vertreten worden ist. Noch immer führen die Morrison Distillers die Marken Old Perth, Mac-Talla und Carn Mor, firmieren nun aber nicht mehr unter Morrison & Mackay, sondern sind vollständig im Besitz der Familie Morrison. Von Deutschland und der kleinen Pause ging es für uns also erst einmal nach Schottland. Es musste weitergehen. Wir wollten gewinnen. Alles andere war primär, um es mit den Worten Hans Krankl zu sagen.
Old Perth
Der Relaunch der Marke Old Perth ist eine Hommage an die Schottische Hauptstadt des Blendings in der Region Perthshire. In Perth wurden einst die Whiskys geblendet, die dann die ganze Welt erfreuen sollten. Und da die Morrison Distillers in familiärer Tradition über beste Kontakte in der Speyside verfügen, haben sie Zugriff auf erstklassige sherrygereifte Whiskys. Die nun wieder in Old Perth geblendet werden.
Old Perth Pedro Ximenez – Sherry Matured – Limited Edition
Aus insgesamt 3 verschiedenen PX Fässern stammt der Old Perth Pedro Ximenez – Sherry Matured – Limited Edition. Ein absoluter Parade-PX-Whisky. Der Blended Malt kommt sonnig und süß mit Karamell, Kirschen, Johannisbeeren und Röstaromen daher. Und kann absolut überzeugen. Wer PX-Lagerungen mag, der wird diese lieben. 56,2 %, die den Genießer verwöhnen.
Old Perth 12
Ganz wunderbar für Freunde von Sherrywhiskys ist auch der Old Perth 12, der aus PX- und Oloroso Fässern stammt. 46 % Alkoholgehalt bringen die von Orange, Schokolade und Rosinen geprägte Aromatik herrlich zur Geltung. Ein weiteres Beispiel für einen sehr gelungenen Blended Malt.
Carn Mor
Von Old Perth gingen wir bei Morrison Distillers zu Carn Mor über. Eine Reihe von Abfüllungen, die bei uns sehr hoch im Kurs steht. Selbstverständlich wegen ihrer Qualität. Aber vornehmlich auch wegen der außerordentlich guten Preisleistung. Erst kürzlich habe ich den Glentauchers 11 Amontillado Sherry Cask Stricktly Limited, der von 2011 bis 2023 hatte reifen dürfen, von Carn Mor geordert und verkostet. Das entsprechende Whiskygramm sollte bald kommen.
Ben Riach 8 Carn Mor
Für Stefan und Hagen gab es dann einen 8-jährigen BenRiach von Carn Mor. Und bei diesem gab es doch etwas geteilte Meinungen. Allerdings ist das für BenRiach und uns typisch. Ich glaube, dass ist wohl bei noch keinem BenRiach ausgeblieben. Der Whiskydevil hingegen war da ganz klar und absolut begeistert von ihm. Gut, wir sind nicht nur whiskykritisch, sondern auch selbstkritisch, vor allem uns selber gegenüber, hätte Andreas Möller wohl gesagt.
Williamson 2013 Carn Mor
Was bei uns, ganz im Gegensatz zu BenRiach, nahezu immer auf ungeteilte Gegenliebe stößt, sind die Whiskys mit dem Namen Williamson. Also Laphroaig. Sicher, auch da gibt es Licht und Schatten. Aber bei diesem Vertreter doch ganz eindeutig Licht. 9 Jahre in Hogsheads mit Bourbonaromatik. Lagerfeuer, wenig Jod auf Mullbinde, ein wenig Meer und viel Honig. Einfach schön.
Ein guter Kommentar
Das Spiel war in vollem Gange, bisher frei von bösen Fouls, fair, da ergab es sich, dass wir mit Béla Réthy bei einer Zigarette ins Gespräch kamen. Ein sehr reflektierter und angenehmer Gesprächspartner ohne Berührungsängste. Er hat bestimmt auch ein schönes Fell. Eine wirklich schöne und interessante Begegnung. Zu der sich dann auch Bastian Denkler gesellte, den wir natürlich auch noch auf dem Zettel hatten. Was ist schon das beste Spiel ohne einen guten Kommentar? Nichts.
Zurück bei Kavalan mit einem hohen Angel’s Share
Und eben weil wir uns so angenehm mit Béla Réthy unterhielten, ebenfalls einem passionierten Whiskyfreund, stießen wir darauf bei Kavalan mit ihm auch an. Wie immer perfekt informiert und geleitet von Silvia Engelhardt, dem Deutschen Gesicht des Whiskys aus Taiwan. Und, wie ich mir habe sagen lassen, einem sehr hübschen Gesicht. Ich dachte schon, es sei ihr Name, warum der Angel’s Share in ihrer Gegenwart so hoch sei. Auch sie hat bestimmt ein schönes Fell.
Gute und schlechte Bedingungen in Taiwan
Von Kavalan sind wir sehr große Freunde. Aus dem Inselstaat Taiwan kommen nicht nur die Hälfte aller Halbleiter weltweit, sondern eben auch ganz großartige Whiskys. Die geographischen und klimatischen Bedingungen führen bei der Whiskyreifung zwar wegen der Temperaturen und Luftfeuchtigkeit tatsächlich zu einem sehr hohen Angel’s Share, aber eben auch zu sehr aktiven Fässern. Und die geben ihren Geschmack ganz wunderbar an das entsprechende Destillat ab. Schade, dass politisch in Taiwan momentan, verursacht durch die Volksrepublik China, eher keine guten Bedingungen herrschen. Technisch serviert aber, so frei nach Andreas Brehme, sind die Taiwanesen allerdings auch alle.
Solisten
Was wir von Kavalan ganz besonders schätzen, sind die hervorragenden Einzelfässer, die Solisten. Inspiriert von der letzten Interwhisky und einem Besuch bei Bastian Denkler, hatten wir erst kürzlich den Kavalan Solist Madeira für uns entdeckt. Ein entsprechendes Whiskygramm gibt es auch dazu. Mein Freund Michael besorgte sich gleich 2 Flaschen davon, Stefan und ich je eine.
Kavalan Solist Brandy und ein Weinfass unter dem Tisch
Zunächst fand der Kavalan Solist Brandy den Weg in unsere Gläser. Fruchtig, süß, aber auch scharf mit Pfeffer. Tatsächlich an diesem Abend ein wenig zu scharf für mich. Zweifelsfrei sehr gut. Aber eindeutig getoppt von der Abfüllung aus einem Weinfass, die Silvia unter dem Tisch hervorzauberte. Ein Fruchtspektakel im Glas, sehr, sehr schön.
Peat und Port
Und dann gab es den für mich interessantesten Whisky des Abends, meinen ersten Peated Kavalan aus einem Portweinfass. Mit Port hatte es für uns bei Kavalan ohnehin einmal angefangen. Nachdem wir den Kavalan Port Cask Concertmaster einmal im Lineup eines internationalen Whiskytastings von uns gehabt hatten, hatte Patrick zu ihm auch ein Whiskygramm verfasst. Ganz ehrlich, als Peated Variante ist das auch mehr als gut. Richtig toll.
Penderyn und Peiting
Von Taiwan ging es dann weiter nach Wales. Penderyn bei Bastian Denkler. Und nach Peiting. Peiting? Warum das? Ganz einfach, weil das erste, das bei uns im Glas landete, eine Abfüllung von Penderyn und Schlumberger für das Xaver gewesen ist. Das Xaver, wer es nicht wissen sollte, ist die mehrfach ausgezeichnete Whisky Bar von Monika Pummer. Und da wird es eben bald einen 4-jährigen Penderyn aus einem Ruby Port Fass geben. Und was für einen. Ein sehr schönes Teil.
Penderyn im Blind Tasting
Penderyn war grundsätzlich im Fokus meines Interesses gelandet, weil die Whiskys aus Wales regelmäßig im Blind Tasting ihre Schottische Konkurrenz hinter sich lassen. Und zwar durchaus auch die ganz starke und recht alte. Das mit doch teilweise noch recht jungen Whiskys. Der Penderyn 5 Cognac Cask 2016 für Schlumberger ist ein gutes Beispiel dafür. Und er hat eine schöne Geschichte bei uns, die es im entsprechenden Whiskygramm nachzulesen gibt.
Penderyn Oloroso Cask Germany Exclusive 2012 – 2020
Und dann gab es einen absoluten Kracher, das Penderyn Oloroso Cask Germany Exclusive 2012 – 2020. Würzig, fruchtig und süß, Oloroso at its best. 60,7 % machen ordentlich Druck, aber einen, den man auch ohne dickes Fell gut ertragen kann. Bei einem solchen Spiel muss man einfach die Hosen runterlassen und sein wahres Gesicht zeigen, würde Alexander Strehmel sagen.
Die Endphase
Die Begegnung zwischen Schlumberger und Whiskygraphie ging langsam in die Endphase. Uns dämmerte schmerzlich, obwohl uns das natürlich auch vorher klar gewesen ist, dass wir sehr weit davon weg sein würden, alles zu probieren, was wir verkosten wollten. Daran würde auch keine noch so lange Nachspielzeit etwas ändern. Da kann man noch so strategisch vorgehen. Es bleibt, wie Lukas Podolsky einst bemerkte: „Fußball ist wie Schach, nur ohne Würfel.“ Das gilt natürlich auch für das Whisky trinken.
Gordon & MacPhail und Benromach
Letzte Station unseres Abends sollte Gordon & MacPhail, respektive Benromach werden. Dort konnte uns Gordon, der Head of Sales Europe für Gordon & MacPhail, Rede und Antwort zu seinen Abfüllungen stehen. Ein großartiger unabhängiger Abfüller und eine großartige Destillerie. Von beiden hatten wir selten einen Whisky im Glas, der uns enttäuscht hätte.
Benromach 10, Benromach 15 und Benromach 21
Ein wahrhaft sehr guter Whisky im Bereich der Standardabfüllungen ist der Benromach 10. Ihn zeichnen nicht nur die Aromen, sondern auch die überdurchschnittlich gute Preisleistung aus. Ähnlich gilt das auch für den Benromach 15 und den Benromach 21. In ihren Segmenten herausragend gute Whiskys. Sozusagen eine sehr gute Standardsituation. Da gehen, so würde sich Helmut Schön ausdrücken, viele Whiskykenner mit uns chloroform. Von diesen schaffte es allerdings keiner in unsere Gläser. Nun, wir waren ja auch angetreten, um Neues kennenzulernen.
Benromach 10 Contrasts Tripple Distilled
Mit dem limitierten Benromach 10 Contrasts Tripple Distilled ergab sich genau diese Gelegenheit. Mit der dreifachen Destillation im Gegensatz zur sonst üblichen zweifachen bei Benromach und den 46 % Alkoholgehalt gegenüber den 43 % des herkömmlichen 10-jährigen Whiskys nicht nur ein Kontrast zu diesem, sondern auch in sich ein solcher. Mild, harmonisch und ausgewogen durch die dreifache Destillation. Aber kräftig und leicht rauchig, Benromach eben. Fruchtig, süß und würig in bester Verbindung aus erstbefüllten Bourbon Fässern.
Benromach Peat Smoke 2012 – 2022
Fast 10-jährig ging es auch weiter. Und zwar mit dem Benromach Peat Smoke 2012 – 2022. Ebenfalls kontrastreich, ebenfalls 46 %, ebenfalls aus Bourbon Fässern und ebenfalls sehr gut mit einer Bananenfruchtigkeit. Aber mit den 55 ppm / Phenolen, der Name lässt es ja auch ahnen, kräftig rauchig. Ein sehr schöner Whisky.
Ein Whisky, der sich im Lärm des Stadions verlor
In der heißen Endphase des Spiels, die Nachspielzeit war schon fast angebrochen, steigerte sich die Lautstärke im Stadion der Dramatik des Spielverlaufs entsprechend, vielleicht auch ein wenig befördert durch die immer ausgelassenere und heitere Stimmung. Gordon präsentierte einen Whisky mit 48% aus 4 Sherry- und 2 Bourbon-Fässern, dessen Namen ich beim besten Willen nicht verstehen konnte. Es könnte der Benromach 2011 – 2022 Germany Exclusive gewesen sein. Auf jeden Fall auch ein Whisky, der voll meinen Geschmack getroffen hat.
Gordons Golden Goal
Eigentlich hatte der erste Offizielle Andrea Caminneci bereits abgepfiffen. Aber es gab Verlängerung. Und die wurde mit Gordons Golden Goal beendet. Er zauberte einen Benromach 40 unter dem Tisch hervor. Béla Réthys erstes großes Endspiel bei einem großen Turnier als Kommentator beim ZDF war 1996 Oliver Bierhoffs Golden Goal, das uns zum Europameister machte. Ein Moment, den man nicht vergisst. Aber, ich muss sagen, Gordon hat das mit dem Benromach 40 mindestens ebenso gut hinbekommen.
Ein Traumtor
Ein Traumtor! Und das, obwohl wir, wie einst Franz Beckenbauer, davon ausgegangen waren, dass sich am Ergebnis nicht mehr viel ändern würde. Es sei denn, es schießt einer ein Tor. Und was für eines das war. Es ist, wie Mehmet Scholl meint: „Die schönsten Tore sind diejenigen, bei denen der Ball schön flach oben rein geht.“
Zurück zum Partybus
Und dann wurde es auch wirklich Zeit zum Partybus zurückzukehren. Ausgestattet mit einem Beutel voller Werbeprodukte von den verschiedenen Destillerien, die vertreten gewesen waren, ging es zurück zum Limburger Bahnhof. In keinem Fanbus dürfte die Stimmung nach dem Spiel je besser gewesen sein. Und für uns Spieler galt, was Ronald Koeman schon festgestellt hat: „Die Deutschen Spieler hören erst dann auf zu kämpfen, wenn sie im Bus sitzen.“
Topographie einer Whiskyreise
Obwohl wir bemüht gewesen sind, haben wir es auf unserer Whiskyreise lediglich zu Finch nach Deutschland, zu den Morrison Distillers nach Schottland, nach Taiwan zu Kavalan, zu Penderyn nach Wales und schließlich noch einmal nach Schottland zu Benromach geschafft. Das klingt viel. Angesichts dessen, was wir auslassen mussten, erscheint das nicht mehr so. Die Topographie unserer Whiskyreise hätte auch noch die spannenden Möglichkeiten der USA mit Heaven’s Door, Bellevoye in Frankreich, Filey Bay Whisky in Yorkshire, England oder Hinch in Irland geboten. Beim nächsten mal!
Die Nachbesprechung
Die Nachbesprechung fand standesgemäß in der Villa Konthor, der preisgekrönten Whisky Bar in Limburg statt. Schließlich lässt man ja alles, wie Horst Hrubesch meinte, noch einmal paroli laufen. Wo wir selbstverständlich auf eine ganze Reihe weiterer Whisky Freunde und Bekannte stießen. Wie beispielsweise Dirk Rosenboom. Und die Meinung der Blogger und Vlogger war einhellig, ein großartiger Abend mit einem erdrutschartigen Unentschieden zwischen Whiskygraphie und Schlumberger. Und einem unvergesslichen Golden Goal. „Zwei Chancen, ein Tor – das nenne ich hunderprozentige Chancenauswertung.“, hätte Roland Wohlfahrt gesagt.
Gute Gefühle
Und ja, auf Menschen, welchen die Möglichkeit zu solchen Erfahrungen geboten werden, kann man schon neidisch sein. Nur bringt das eben nichts. Neid ist selbstzerstörerisch. Und ist nur selten die Motivation zur Leistung der Arbeit, die einen in die Lage versetzt, solche Erlebnisse machen zu können. Whisky sollte gute Gefühle machen. Dazu ist er da. Davon bin ich überzeugt. Und dazu gibt es jede Menge Gelegenheiten. Statt sich über diejenigen zu ärgern,die man verpasst, sollte man sich über jene freuen, die man ergreifen kann. Und dabei gilt auch das Diktum aus dem Munde von Uli Hoeneß: „Der Nikolaus war noch nie ein Osterhase!“
Wir haben fertig
Gelegenheiten zum gemeinsamen Whiskygenuss gibt es nicht nur bei Schlumberger, bei denen wir uns abschließend herzlich bedanken wollen. Also kein Grund zum Neid. Und doch war es großartig! Oder, wie Fredi Bobic gesagt hätte, man darf jetzt nicht alles so schlecht reden, wie es war. Und selbstverständlich gilt die alte Fußballweisheit, dass nach dem Spiel vor dem Spiel ist. Wer weiß, vielleicht gilt dann auch, nach Oliver Kahn, dass die Karten neu gewürfelt sind. Wir haben fertig. Und verbleiben mit Horst Hrubesch: „Ich sage nur ein Wort: Vielen Dank!“