Die Auseinandersetzung mit Whisky gleicht einer Forschungsreise, deren zugrunde liegende, zu prüfende Hypothese ist, ob einem der Whisky Genuss bereiten kann und die dazu dient, aufzuklären welche Faktoren zu diesem Genuss beitragen können.
Wer sich auf dieser Reise profund mit dem Lebenswasser befasst, mit seiner Geschichte, seiner Tradition, seiner Kultur, seiner Chemie, seiner Physiologie, mit der Wissenschaft, Kunst und Philosophie, die in ihm stecken und ihn umgeben, der kommt an der legendären Destillerie Port Ellen nicht vorbei.
Der Ruf der Abfüllungen von Port Ellen ist ebenso fabelhaft, wie der jener von Brora. Beide befinden sich heute im Besitz von Diageo und sollen ab 2020 wohl wieder Whisky produzieren. Derzeit machen sie dies nicht und gehören zu den vielen Lost Distilleries in Schottland. Warum schließen Destillerien? Weil sie schlechten Whisky machen? In den meisten Fällen kann man dies wohl negieren, bei Port Ellen ganz sicher. Hier lagen die Gründe wohl eher auf dem Weltmarkt in einer Absatzkrise Anfang der 1980er Jahre, wie auch in Konzernstrukturen, welche die weitere Betreibung von Lagavulin und Caol Ila wirtschaftlich sinnvoller erscheinen ließen.
Bei einigen Tastings zum Thema Lost Distilleries mit Dirk Lunken, eine Beschreibung zu einem solchen gibt es hier, die einmal im Brühler Whiskyhaus und einmal in Bonn-Nehlem bei Whisky & Wein Raifferscheid stattgefunden haben, konnten wir einiges über das interessante Thema der Gründe für Schließungen erfahren.
Als großer Fan der Whiskys von Islay, immerhin habe ich sogar tatsächlich mal eine Reise dorthin geschafft, selbstverständlich im Namen der Forschung, eine Beschreibung gibt es hier, war für mich der Port Ellen ohnehin irgendwann fällig. Preistechnisch ist Port Ellen allerdings mehr als schmerzhaft, daher habe ich eine Weile gebraucht, bis ich den Kampf verloren habe und sich eine gute Gelegenheit ergeben hat.
Diese kam mit einer privaten Flaschenteilung von Tom Zemann von Whisky in Wiesbaden. Und das genau zum richtigen Zeitpunkt. Ich hatte gerade „Der letzte Whisky“ von Carsten Sebastian Henn als Hörbuch in der Buchhandlung meiner Wahl, Reuffel in Mayen vor Ort gekauft – bei Büchern ist es ebenso wichtig seinen Local Dealer zu unterstützen, wie bei Whisky – und gehört. Der Autor, der auch schon in der Mayener Buchhandlung gelesen hat, lässt seinen Protagonisten, einen Professor für Kulinaristik, doch eine beträchtliche Menge an Port Ellens verkosten.
Freunden der seichten Unterhaltung mit einem Hang zu einem Humor, der ins Klamaukige geht, sei „Der letzte Whisky“ wärmstens ans Herz gelegt. Ob mich nun auch der zweite Port Ellen meines Lebens, den ich mir eigentlich zum letzten Weihnachtsfeste habe gönnen wollen, und der zugleich das Teuerste ist, das je in meinem Glas gelandet ist, überzeugen kann, will ich nun herausfinden. Er löst damit den Ardbeg Lord of the Isles ab, der bisher Spitzenreiter in Sachen Kosten gewesen ist. Ihn habe ich keineswegs bereut, nachzulesen hier.
Wie es nun bei dem Port Ellen 28 aus dem Jahre 1979 aussieht, der 7. Abfüllung der Annual Releases, werden wir jetzt sehen, Vorhang auf.
Whisky: Port Ellen 28 7th Release 1979 – 2007
Distille: Port Ellen
Abfüller: Port Ellen
Typ: Single Malt
Land / Region: Schottland / Islay
Alter: 28 Jahre
Fasstypen: ?
Flaschenanzahl: 5.274
Alkoholgehalt: 53,8%
Kühlfiltrierung: Nein
Färbung: Nein
Preis: rund 1.700 Euro
Whiskybase ID: 638
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 9
Zunächst erhebt sich eine dezente, nicht aufdringliche Rauchigkeit mit erdigem und torfigem Touch aus dem Glas, die auch ein bisschen Heuaroma hat. Eine maritime Salzigkeit kommt hinzu und eine süße Würzigkeit entwickelt sich, die spät in Richtung Vanille, Nelke, Holz und Tabak geht, alles sehr leicht. Ein Spritzer Zitrone ist ebenso zu erahnen, wie ein wenig Honig. Im Hintergrund blitzen Schuhcreme und Kirsche auf. Ich habe ihm sehr viel Zeit im Glas gegeben und er wusste sie zu nutzen, die 9.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 9,5
Ein großartiger Antritt mit der maritim-salzigen Rauchigkeit höchster Güte dezenter Natur, die von etwas Erdigkeit und Heu begleitet ist. Eine leichte Süße kommt auf, die deutlich Karamell, etwas Schokolade und ein wenig Marzipan bringt. Etwas Kirsche zeigt sich. Die Rauchigkeit bleibt sehr zurückhaltend gegenüber dem klar Maritimem mit floralem Touch, der leicht von der Schuhcremenote kontrastiert wird. Insgesamt ist der Malt etwas weniger komplex, als ich es erwartet hätte, dafür sind die Komponenten von einer unfassbaren Qualität, die ich ebenfalls nicht erwartet hätte. Die Textur und Viskosität sind perfekt weich, cremig, samtig, die Alkoholeinbindung optimal, Wasser ist nicht nötig und der Körper raumgreifend. Toll, die 9,5.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 9,5
Der lange Abgang bietet ein wunderbares Wechselspiel der Aromen beherrscht von der maritimen Salzigkeit. Eine sehr leicht bittere Trockenheit deutet die Eichenfässer an und die Rauchigkeit kommt noch einmal etwas deutlicher zum Tragen. Die Süße deutet Marzipan an. Sehr gelungen, die 9,5.
Preisleistung (0 – 10): ⊗
Aus naheliegenden Gründen lasse ich diese Bewertungskategorie aus. Aber so viel sei gesagt, ich bereue nicht ein Sample gekauft zu haben.
Gesamtbewertung (0 – 10): 9,5
Ein ganz toller Whisky, den ich hier die Freude hatte probieren zu dürfen. Für die Höchstnote hat es nicht ganz gereicht, weil er mir dafür nicht komplex genug gewesen ist, besonders in der Nase. Aber das Gesamtprofil ist doch von einer solchen Güte und Stimmigkeit, dass man ihm auch die 10 hätte geben können, die 9,5 aufgrund des kleinen Mangels.
Fazit:
Sicherlich einer der besten Whiskys, die ich bisher getrunken habe. Es ist nicht einfach solche Malts relational korrekt zu bewerten, vielleicht ist es sogar unmöglich. In der Whiskybase wird er mit knapp über 92 Punkten gesehen, da kann ich mich durchaus anschließen. Er erinnert mich ein wenig an den Bowmore 18 Mocha on the Deck von Wemyss Malts, eine Besprechung findet sich hier, der mir von Klaus Postert und Postert-Whisky überlassen worden war und derzeit mit rund 91 Punkten in der Whiskybase beurteilt wird. Der Port Ellen ist glatter, hat weniger Ecken und Kanten, ist ihm aber nicht unähnlich.
Ich bin nicht sicher, ob ich den Port Ellen vor dem 25-jährigen Ardbeg Lord oft he Isles sehen würde. Er ist es preistechnisch, aber in der Qualität? Ich bin nicht sicher. Aber so ist das in der Forschung und auf Forschungsreisen. Am Ende muss immer eine Frage stehen. Es muss ja schließlich weitergehen.