Der Mensch ist ein seltsames Wesen, denn er mag die Gegensätze, auch wenn sie unvereinbar sind. So freut sich der geneigte Whiskygenießer über Transparenz, über genaue Angaben zum Alter inklusive der genauen Brenn- und Abfülldaten, über die für die Lagerung verwendeten Fässer und über vieles mehr zu einer Abfüllung. Aber der Mensch mag auch Geheimnisse, das Verborgene, das Unbekannte, das Neue.
Die ansonsten sehr transparent wirkende Destille Bruichladdich hat im Februar 2017 einen Malt auf den Markt gebracht und exklusiv über seinen Online-Shop verkauft, über den nicht viel verraten worden ist. Weder wurde eine Angabe zum Alter, noch zu der Art der verwendeten Fässer gemacht.
Da am Markt aber, vollkommen zurecht, ein großes Vertrauen in das handwerkliche Können und die Fähigkeiten von Bruichladdich und seinem Head Distiller Adam Hannett herrscht, war der Ansturm auf die Abfüllung so groß, dass der Server des Online-Shops bereits nach 3 Minuten in die Knie gegangen ist. Ich bin absolut kein Fachmann, vielleicht sind aber auch die Informatiker vor Ort ebenso schlecht, wie die Whiskyproduzenten gut sind, wer weiß?
Adam Hemmett hat den Octomore OBA Concept in seiner offiziellen Presseankündigung als Malt beschrieben, der auf kuriose Art zu Stande gekommen ist und in dem sich verschiedene Aromen zu einer gewaltigen Komplexität in einer Weise zusammenschichten, wie man es so noch nicht beim Octomore erlebt hat. Ich bin gespannt.
Whisky: Octomore OBA Concept
Distille: Bruichladdich
Abfüller: Bruichladdich
Typ: Singel Malt
Land / Region: Schottland / Islay
Alter: NAS
Abgefüllt: 2017
Fasstypen: keine Angaben
Alkoholgehalt: 59,7 %
Flaschenanzahl: 3 000
Kühlfiltrierung: Nein
Färbung: Nein
Preis: 130 Euro (Ausgabe), 350 – 400 Euro (aktuell), jeweils für 0,5 l
Auge / Anblick, Farbe:
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 9
Der Octomore gibt nicht direkt nach dem Einschenken explosionsartig seine Aromen frei, er kommt mit etwas Latenz. Es macht sich dann zunächst ein erdiger Gersteton breit, der von mineralischen Anklängen umrahmt wird. Der Malt erscheint in erster Linie würzig mit einer Spur Anis, Ingwer, Tabak, einem kleinen Hauch Asche und dem Geruch nach nicht brennendem Zigarrenanzündholz. Die reine Rauchigkeit ist eher zurückhaltend für einen Octomore. Zitrone und junge, weiße Weintrauben bilden einen Fruchthintergrund. Vanille, Nelke und Leder vermischen sich ebenfalls zu einem schwer-würzigen Hintergrundton, der die Fruchtseite kontrastiert. Außerordentlich komplex und abwechslungsreich, die 9.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 9,5
Der Malt tritt leicht scharf an der Zungenspitze an. Sodann macht sich eine herrliche Erdigkeit breit, die einen moderaten Rauch mitbringt, mineralischen Charakter hat und leicht süß wirkt. Dunkle Schokolade, etwas Kakao und Vanille verbünden sich zu einem süßen Dessertton. Der Rauch geht ins Speckige, Aromen von geräuchertem Schinken kommen auf, aber keineswegs brachial, sondern eher fein, so seltsam das auch klingen mag. Vielleicht auch eher Wildschwein-Rauch. Das Würzige ist im Geschmack geringer ausgeprägt als in der Nase, findet sich aber im leichten Anis und minimal Nelke im Hintergrund wieder. Überdies findet sich in Spuren ein weihnachtliches Backgewürz in Keksteig, zusätzlich Ingwer und Lakritz. Leicht fruchtig wirken Zitrone und Grapefruit, allerdings ohne deren Säuren. Alkoholeinbindung und Körper sind optimal, die Textur hingegen könnte besser sein. Zunächst ist die Konsistenz schwer und ölig, doch dann flacht sie ab und wirkt fast ein wenig wässrig. Dennoch sehr überzeugend, die 9,5.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 9,5
Ein langer Abgang mit einer wunderbaren Espressonote, die aber kaum bitter ist. Die Erdigkeit klingt ebenso nach, wie eine Weinsüße, die mineralischen Noten und der moderate Rauch. Die dunkle Schokolade geht ins Zartbittere, der Kakao steigert seinen Reinheitsgrad. Insgesamt großartig, die 9,5.
Preisleistung (0 – 10): 7
Zweifelsfrei ein toller Malt und für den Ausgabepreis durchaus eine Überlegung wert, aber bei den aktuell aufgerufenen Preisen bin ich zumindest raus.
Gesamtbewertung (0 – 10): 9
Der Genuss dieses Whiskys ist ein einzigartiges Erlebnis, wahrhaft groß. Ob mit oder ohne genauere Angaben, ob geheimnisvoll oder transparent, die entscheidenden Instanzen, Geruchs- und Geschmacksnerven sind entzückt.
Fazit:
Echte Whiskykunst aus dem Hause Bruichladdich, völlig verdient rund 89,5 Punkte in der Whiskybase. Ich hätte ihn sogar bei 91 eingeordnet.