Die Whiskylandschaft entwickelt sich in den letzten Jahrzehnten prächtig, immer mehr Länder nehmen die Produktion auf oder erweitern ihre Kapazitäten deutlich, teilweise, indem neue Destillen eröffnet werden. Aber nicht nur neue Produzenten erscheinen am Markt, sondern auch immer mehr unabhängige Abfüller haben ihre Arbeit aufgenommen.
Ich selber kenne noch längst nicht alles, vielleicht ist das auch unmöglich. Auf jeden Fall gibt es auch noch eine Reihe von alt eingesessenen Protagonisten in der so komplex gewordenen Whiskywelt, deren Erzeugnisse noch bei mir im Glas landen müssen. Heute hat es einer dieser mir bisher geschmacklich unbekannten Vertreter geschafft.
Dabei hatte ich bereits jede Menge Whiskys von Ben Nevis im Glas, unter anderem einige Abfüllungen von Signatory Vintage, die mich überzeugen konnten, noch nie aber eine von dem britischen Abfüller Whiskybroker.co.uk. Ihm eilt der Ruf sehr preiswerter und qualitativ hochwertiger Whiskys voraus.
Chef von Whiskybroker.co.uk ist Martin Armstrong, der Sohn des ehemaligen Besitzers der Destille Bladnoch Raymond Armstrong. 2016 hat Whiskybroker.co.uk seinen Firmensitz in die Lowlands verlagert und plant dort mittelfristig auch die Eröffnung einer eigenen Destille. Ich bin gespannt, was ich hier im Glas habe und was da auch in Zukunft noch kommen mag.
Whisky: Ben Nevis 1996 Whiskybroker
Distille: Ben Nevis
Abfüller: Whiskybroker.co.uk
Typ: Single Malt / Single Cask
Land / Region: Schottland / Highlands
Alter: 20 Jahre (15.02.96 – 29.11.16)
Fasstypen: Sherry Butt mit der No. 72
Alkoholgehalt: 54,2 %
Flaschenanzahl: 510
Kühlfiltrierung: Nein
Färbung: Nein
Preis: 60 Euro
Whiskybase ID: 90114
Auge / Anblick, Farbe:
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 8
Das erste, was nach dem Einschenken deutlich wird, ist eine deftige, dichte Modrigkeit, die anzeigt, dass der Whisky erst einmal atmen muss. Darauf ergibt sich ein alkoholischer Ton. Jener verfliegt recht rasch und fruchtige Aromen von Orange, Aprikose und Grapefruit kommen auf. Das verdichtet Modrige klärt sich auf und geht ins wunderbar Würzige über. Je länger man den Malt verriecht, desto mehr Fruchtnoten scheinen aufzutauchen, Apfel, Melone, Kiwi, Zitrone und Banane kommen in Spuren hinzu. Ich brauche recht lange, bis ich auf das Gewürz komme, dass hintergründig immer mal wieder leicht durchschimmert. Aber, es kann kein Zweifel bestehen, es ist Kümmel. Insgesamt eine fruchtig-würzige Nase, angenehm süßsauer, geradlinig und klar, und doch vielseitig, die 8.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 9
Ein toller, direkter Antritt mit einer sich unmittelbar entfaltenden, sich deutlich steigernden Süße der Früchte, ergänzt um Schokolade und Karamell. Vor allem der Eindruck erfrischender Wassermelone und süßer Honigmelone setzt sich im ersten Schluck durch. Etwas Ingwer kitzelt die Zunge. Der Alkohol ist zunächst tatsächlich etwas zu wuchtig und scharf im Mundraum und auf der Zunge. Allerdings wird der Malt von Schluck zu Schluck besser, die Süße wird kräftiger und bringt Kakao mit, die Fruchtnoten werden facettenreicher, der Alkohol angenehmer. Ganz besonders aufgrund der einzigartigen Fruchtigkeit ist dieser Malt ein ganz besonderes Erlebnis und wird dafür von mir mit der 9 bewertet.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 8,5
Der mittellange Abgang ist ebenfalls geprägt von Melone, die lange nachhallt. Eine Schokoladensüße persistiert mit einem leicht bitteren Espressoaroma, die sich zu einem Cappuccino-Geschmack verweben. Auch überzeugend, die 8,5.
Preisleistung (0 – 10): 9
Hinsichtlich der Preisleistung geht es nicht viel besser.
Gesamtbewertung (0 – 10): 8,5
Ein wirklich toller Malt, der aktuell wohl leider kaum noch zu bekommen sein dürfte.
Fazit:
In der Whiskybase wird der Whisky mit rund 87,5 Punkten bewertet. Das erscheint durchaus angemessen, auch wenn ich ihn, da er genau meinen Geschmack trifft, dort vielleicht noch etwas höher einstufen würde.
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