Justerini & Brooks (kurz J&B) ist ein Unternehmen, dass vor allem auf Wein- und Spirituosenhandel spezialisiert ist. Es geht auf den italienischen Einwanderer Giacomo Justerini (ursprünglich wohl Giustarini) zurück, der in London einen Importhandel für Wein und südländische Destillate eröffnete. Im Jahr 1831 wurde der Betrieb von Alfred Brooks gekauft und das Unternehmen in den noch heute gültigen, zusammengesetzen Namen umbenannt.
Der bekannte Blended Scotch Whisky enthält angeblich 42 verschiedene, schottische Malt- und Grainwhiskys. Klingt komplex, aber merkt man das auch im Geschmack?
Den Standard Rare Blend habe ich mir mal am Flughafen als günstiges Andenken an einen All-inclusive Urlaub mitgebracht. 15 Euro für die Literflasche erschienen mir günstiger als irgendein überteuertes und sinnloses Touristensouvenir. Seitdem erfüllt die Flasche ihren Zweck zur Demonstration von einfachen Blends in kleinen Tastings. Oder auch zum Kochen und Backen.
Das soll nicht überheblich klingen. Qualitativ ist das kein schlechtes Produkt und ist auch pur gut zu trinken. Ich hasse die völlig abgehobenen Kommentare einiger „feiner Geister“ gegenüber den simplen Supermarkt Whiskys wie Johnnie Walker, Teachers oder den Pendants aus den USA, wie Jim Beam oder Jack Daniels. Alle produzieren handwerklich einwandfreie Qualitäten und haben auch für den Whisky-Nerd interessante Tropfen im Portfolio.
Trotzdem ist es auch klar, dass man als Whisky-Liebhaber aufregendere Abfüllungen im Schrank hat und seine Leber dann nicht noch mit Belanglosigkeiten quälen möchte.
Wenn man allerdings im Urlaub in der Hotelbar sitzt, man die Zeit überbrücken muss während das Kind begeistert einer Zaubershow folgt und man einen noch unbekannten Whisky entdeckt, ist meine Neugier geweckt.
So wie eben beim J&B Reserve 15 Years. 15 Jahre sind ja schon was, das Minimum von 40% Alkohol bringt man hier in die Flasche. Es gab auch Versionen mit 43%. Vielleicht wird das trotzdem ein Geheimtipp?
Und so schlecht ist das Whiskyangebot der Hotelbar gar nicht. Der 21-jährige Chivas Royal Salute, Glenfiddich 12, Knockando 12… kenne ich aber alles schon.
Und ich schaffe es sogar wieder die Bestellung auf Spanisch aufzugeben – mit dem Hinweis, man möge mir den Whisky bitte ohne Eis servieren. Das funktioniert meistens, aber man wird doch immer etwas schräg angeschaut und es wird mehrmals nachgefragt, ob das denn so korrekt sei, ohne Eis. Ja, ich meine das ernst und wirke wahrscheinlich zwischen den ganzen Piña Colada – Schlürfern um mich herum wie Harald Juhnke persönlich.
Für komplett des Sonnenstichs verdächtig bin ich wahrscheinlich als ich frage, ob ich ein Foto der Flasche machen dürfe. Darf ich aber. Und bekomme reichlich in einen schweren Tumbler eingeschenkt. Sieht ja ohne Eis sonst so leer aus das Glas. Sehr freundlich.
Auch die Gläserfrage ist ja eine bislang ungeklärte in der Whiskywelt. Klar wäre mir jetzt ein Nosing-Glas lieber, aber ich bin aus dem Alter raus, dass ich mich als Gläserpolizei über einen schönen Tumbler echauffiere. Das überlasse ich den Newbies, die noch mit ihrem frischen Halbwissen über Whisky angeben müssen.
Das klang jetzt auch überheblich, oder?
Na gut, kommen wir zum wesentlichen, dem Whisky. Das war viel Vortext, aber lasst es mich vorwegnehmen: Die Verkostungsnotizen könnten kürzer werden.
Whisky: J&B Reserve 15
Distille: nicht bekannt
Abfüller: Justerini & Brooks Ltd.
Typ: Blended Scotch
Land / Region: Schottland
Alter: 15 Jahre
Fasstypen: nicht bekannt
Alkoholgehalt: 40%
Kühlfiltrierung: Ja
Färbung: Ja
Preis: 40 Euro
Whiskybase-ID: 53944
Auge / Anblick, Farbe:
Heller Goldton, aber wohl leider nicht echt.
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 5
Aus dem großen Tumbler kommt mir ein intensiver Duft entgegen. Das gefällt mir gut! Süß, vielleicht eher süß-säuerlich, wie Stachelbeeren oder halbreife Aprikosen. Süßer Getreidebrei, ich muss direkt an das Hafer-Porridge denken, dass hier jeden Morgen auf dem Frühstücksbuffet steht. Schwere süße Kondensmilch teile ich meinen Whiskygraphen noch per WhatsApp-Gruppe mit. Da könnte noch ein Löffelchen Aprikosengelee drauf sein. Die Nase macht Lust auf einen schönen süffigen Dram, ist dabei aber weit weg von jeglicher Komplexität. Das sind für mich mittlere 5 von 10 Punkten.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 3
Der erste Schluck ist etwas ernüchternd. Leicht, viel zu leicht fließt der Blend um meine Zunge. Er wirkt wässrig. Wo ist die Süße? Die Früchte? Der süße Haferbrei! Nichts. Pures Getreide ist zu schmecken. Staubtrocken. Dafür kommt im Geschmack deutliches Eichenholz zum Vorschein, was ich in der Nase gar nicht wahrgenommen habe. Kann am dafür nicht optimalen Tumbler liegen. Der zweite Schluck ist etwas besser, begeistert mich aber nicht.
Einige Minuten später nehme ich mir das Glas, um einen weiteren Schluck zu mir zu nehmen. Huch, was ist denn jetzt los? Es ist kein komplett anderer Whisky geworden, aber er wirkt plötzlich öliger, runder, voller. Auch die Süße ist etwas zurückgekehrt. Zu der doch deutlichen, leider etwas bitteren Eiche, schmecke ich sogar etwas Honig.
War etwas komisch mit meinem Geschmack? Hat der Blend Luft benötigt? Sei es drum. Das zweite Erlebnis hat ihn gerettet. 3 Punkte.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 2
Einen Abgang gibt es nicht wirklich. Ich finde die 40% völlig in Ordnung, der rinnt gut die Speiseröhre hinunter. Ob etwas mehr Umdrehungen hier helfen würden? Es bleibt allerdings viel bittere Eiche zurück. Nicht super unangenehm, aber auch nicht toll.
Das Unternehmen gehört mittlerweile zu Diageo und bei angeblich 42 enthaltenen Brennereien ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch rauchiger Whisky enthalten sein könnte. Ich suche intensiv nach Phenolen, entdecke diese vielleicht im Ansatz, bräuchte aber wohl ein Messinstrument um sicher zu gehen. Vielleicht ginge das einem Einsteiger anders.
Preisleistung (0 – 10): 5
Ca. 40 Euro im Supermarkt, 10 Euro der gutgemeinte Dram in der Bar. Ist ok, aber für diesen Betrag bekommt man sicher aufregenderes.
Gesamtbewertung (0 – 10): 3,5
Punktemäßig gehe ich nicht allzuhart ins Gericht mit diesem Blend. Für die weltweiten Hotelbars geht der schon in Ordnung. Eine Flasche kaufe ich mir diesmal aber nicht, so schön die Erinnerungen an den Urlaub auch sein mögen. Im Vergleich zum Rare Blend ohne Altersangabe macht der 15-jährige für mich keinen großen Sprung. Die Fruchtnoten scheinen etwas reifer zu wirken, aber es ist insbesondere das Eichenholzaroma, welches den größten Unterschied ausmacht. Viel mehr hat man in der Reifungszeit wohl nicht erreicht und nutzt die Jahreszahl wohl eher als Statement. Viel mehr habe ich nicht erwartet und bin deswegen auch nicht enttäuscht.