Die Tür öffnet sich. Er tritt herein. Begibt sich auf die Liege. Und fragt nach einem Whisky. Eine wohl vertraute Situation. Viele meiner Patienten wollen dieses oder jenes über Whisky wissen. Doch diesmal muss ich die Antwort schuldig bleiben. Wie ist denn dieser Glenalba, der nun bei Lidl im Angebot ist? Glenalba bei Lidl? Heißen die nicht Ben Bracken?
Eine kurze Rückfrage bei den übrigen Whiskygraphen. Und selbstverständlich ist das offiziell anerkannte Trüffelschwein im Bereich Whisky Stefan wie immer gut informiert. Wir resümieren knapp unsere Erfahrungen mit den Whiskys von Lidl.
Von Lidl haben wir mittlerweile einige Whiskys im Glas gehabt. Wirklich gut war der Ben Bracken 27 von Islay. Auch der Ben Bracken 47 konnte uns überzeugen. Ebenso der Ben Bracken 40 aus den Highlands, ein Blended Malt. Was aber ist mit den Blended Whiskys aus dem Hause Lidl? Können die ebenfalls begeistern?
Es scheint so, als würden die Single Malts und Blended Malts bei Lidl sämtlich unter dem Namen Ben bracken erscheinen. Wohingegen die Blended Whiskys als Glenalba herauskommen. Na ja, grundsätzlich ist die Namensgebung wohl weniger wichtig, als das Geschmacksprofil. Jenes zu erkunden hat mich im Fall des Glenalba 45 doch gereizt. 45 Jahre ist schon eine Ansage. Und vor Blended Whiskys habe ich auch nicht wirklich Angst. Also, hier kommt der Test. Und damit wird auch endlich diese entsetzliche Lücke geschlossen.
Whisky: Glenalba 45
Destillerie: Unbekannt / Mehrere
Abfüller: Lidl / Scottish Independent Distillers
Typ: Blended Whisky
Land / Region: Schottland
Alter: 45 Jahre
Fasstypen: Unbekannt
Alkoholgehalt: 41,0 %
Kühlfiltrierung: Ja
Färbung: Ja
Preis: 180 Euro
Whiskybase ID: WB195836
Auge / Anblick, Farbe:
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 8,5
Ein hellfruchtiger Eindruck entsteht unmittelbar nach dem Einschenken. Zitrone, Orange und Aprikose mache ich aus. Dazu ein wenig Würze, ein wenig Eiche. Und Vanille. Hintergründig ist der Eindruck von Leinsamenöl präsent. Der Grainanteil flackert dort und damit auf. O. K., manche würden das vermutlich als leichte Klebstoffnote bezeichnen. Ich definitiv nicht. Im Gegenteil. Eine sehr interessante Nuance. Die Eichennote differenziert sich über die Zeit aus. Zu einem holzigen Ton eines alten, edlen, antiken Sekretärs. Und diese Würzigkeit wird um eine sehr schöne Spur nassen Leders ergänzt. Insgesamt fruchtig, würzig und süß. Die Fruchtigkeit geht immer mehr zu Mandarine über. Ehrlich gesagt ganz genau mein aktuelles Beuteschema. Nicht übermäßig komplex, aber vielschichtig, interessant und ausdifferenziert, die 8,5.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 7
Ein sehr zurückhaltender Antritt, der zunächst eine florale, seifige Note mitbringt. Nicht gut. Einerseits muss man Aromen suchen, andererseits kann nicht gefallen, worauf man stößt. Der erste Schluck ist gerade nach der tollen Nase enttäuschend. Aber der Glenalba macht sich. Die Mandarine kommt Schluck für Schluck besser durch. Auch der würzige Ton der Eiche ergibt sich. Zusammen mit dem Leder und etwas Tabak. Sowie einer spurenelementartigen Kombination von Kaffee und Milchschokolade am initialen Abgang. Die florale, blumige, seifige, waschmittelartige Note, die ich absolut nicht leiden kann in Whiskys, tritt glücklicherweise in den Hintergrund. Bleibt aber leider deutlich. Hingegen wird die schöne Würzigkeit um eine wachsige Komponente ergänzt. Der Alkohol ist gut eingebunden. Nichts stört. Aber es stellt sich, wie so häufig, die Frage, ob hier nicht en wenig mehr Wuchtigkeit angesagt gewesen wäre. Der Körper ist passend umfangreich. Die Textur hingegen hätte ich mir ein wenig denser gewünscht. Insgesamt nicht schlecht. Ohne den wahrhaft überflüssigen Blumenstrauß wäre der sogar richtig gut. Daher nur die 7.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 7,5
Ein kurzer bis mittellanger Abgang, der vor allem die Fruchtnote nachklingen lässt, ein wenig Eiche höchster Güte bringt und eine Hauch Bitterkeit vermuten lässt. Nicht störend, interessant, aber auch nicht aufregend, die 7,5.
Preisleistung (0 – 10): 7
180 Euro für einen 45-järhigen Whisky? Das ist für sich eigentlich die 10. Aber, die Leistung eines Whiskys bemisst sich weniger an seinen Eckdaten und mehr an den Qualitäten, die er sensorisch bietet. Wäre er im Geschmack gewesen, was er in der Nase hatte vermuten lassen, dann wäre es auch die 10 geworden. So ist es eine 7.
Gesamtbewertung (0 – 10): 7,5
Nase top, Geschmack nicht ganz flop, aber verbesserungswürdig. Andere mögen sich weniger an der floralen Seifigkeit des Glenalbas stören. Und für jene ist dieser Blended Whisky dann auch ein Knaller. Für mich so lediglich die 7,5. Hätte ich nicht unbedingt kaufen müssen.
Fazit:
In der Whiskybase wird der Glenalba 45 mit rund 86,5 Punkten bewertet. Das empfinde ich als faires Urteil. Von mir bekommt er 86. Bei Lidl werde ich in Zukunft wohl eher beim Ben Bracken zugreifen. Aber schlecht ist der Glenalba ganz sicher auch nicht.