Heute begebe ich mal wieder verkostungstechnisch auf die grüne Insel, genauer in den Süden Irlands. Im County Waterford befindet sich die Blackwater Distillery, eine Hand Craft Destillerie, in der noch alles komplett in Handarbeit hergestellt und abgefüllt wird.
Seit 2018 gibt es nun auch eine Whiskeydestillerie, in der Single Malt und Single Pot Still Whiskeys nach alter Tradition und alten Rezepturen hergestellt werden. Von hier stammt auch der 17-jährige Retronaut, welchen ich auf der Limburger Whiskyfair 2018 bei Irish Whiskeys probiert habe und der mir als der „Aprikosen-Whiskey“ in Erinnerung geblieben ist. Ein echt leckerer, süffiger Whiskey, bei dem mich damals einzig und allein der verhältnismäßig hohe Preis davon abgehalten hat sofort eine Flasche mitzunehmen. Der Blogger-Kollege Björn Bachirt von Whiskydiaries.de hat seinerzeit einen lesenswerten Artikel zum Retronauten verfasst. Dabei hat er auch unschwer festgestellt, dass ein 17-jähriger Whiskey nicht aus einer Distillery stammen kann, die erst 2014 gegründet wurde.
Es handelt sich vorerst um Whiskey, der von anderen, großen Destillen gesourced wurde. Woher,wird auch hier leider, wie so oft, nicht verraten – was schade ist. Peter Mulryan, der Eigentümer der Destillerie, hat bei den Irish Destillers gearbeitet, bevor er sich den Traum der eigenen Destillerie verwirklichte. Vielleicht ist das ein kleiner Hinweis.
Auch beim Velvet Cap handelt es sich noch um einen Whiskey aus anderer Quelle. Statt eines preisintensiven Prestigeobjektes war aber hier das Ziel, einen Whiskey für das untere Preissegment zu kreieren. Durchaus eine Lücke im Markt. Es muss auch Whiskeys zum Trinken geben.
Für diesen Whiskey wurde Malt und Grain Whiskey zu gleichen Teilen geblendet. Nach dem Blenden reifte er er in Ex-Bourbon-Fässern, Ex-Portweinfässern und in sogenannten „stouted Rye-Casks“, in denen abwechselnd zuerst Stout Bier, dann Rye Whiskey und dann wieder Stout gereift wurde. Ein interessantes Triple Cask Finish!
Bemerkenswert ist, dass der Whiskey trotz seiner nur 40% Alkoholgehalt nicht kühlgefiltert wurde und auch nicht gefärbt ist. Für knapp über 30 Euro dachte ich mir, da kann man nicht viel falsch machen. Und ich möchte mein Fazit vorwegnehmen: Für mich war das mein Sommerwhiskey 2020.
Distille: Blackwater Distillery
Abfüller: Blackwater Distillery
Typ: Blend
Land / Region: Irland
Alter: keine Angabe
Abgefüllt: 2020
Fasstypen: Ex-Bourbon, Ex-Portwein, Ex-Rye/Stout
Flaschenanzahl: 6.000
Alkoholgehalt: 40%
Kühlfiltrierung: Nein
Färbung: Nein
Preis: 35,- Euro
Whiskybase ID: 160576
Auge / Anblick, Farbe:
Honig.
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 6,5
Ganz sommerlich vernehme ich Klee und Rosenduft. Mandelmilch und Leinsamenöl kommen mir in den Sinn, aber auch frisch gepflückte rote Johannisbeeren und Himbeeren. Das Aroma ist frisch, leicht und wäre auch bei 36°C mehr als zu ertragen.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 6,5
Vanille-Eiscreme mit einem Spritzer Karamellsauce. Kokosnuss, Klarapfel und ein paar milde Chiliflocken. Klingt alles nach einer Heißhungerattacke, ist aber auch tatsächlich herrlich süffig.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 4
Wenn der Whisky eine schwache Disziplin aufweist, dann ist es der Nachklang. Bei nur 40% Alkoholgehalt ist vielleicht auch nicht viel mehr zu erwarten. Die Süße hält sich noch etwas, aber ansonsten wird hier nicht so viel geboten.
Preisleistung (0 – 10): 8
Das Ziel einen interessanten Whiskey im unteren Preisbereich zu kreieren wurde, so finde ich, voll erreicht.
Gesamtbewertung (0 – 10): 6
Dass der Abgang dem Velvet Cap eine bessere Bewertung verwehrt, ist kein Frevel. Das ist ein Whiskey, den man auch als Whiskey-Nerd wirklich hervorragend pur genießen kann, der aber auch im Nachgang zu einem Barbecue passt. Mich hat er zu einigen Abenden auf der Terrasse begleitet und er hat im Freundeskreis Anklang gefunden.