Angetrieben vom starken Wind peitscht der Regen waagerecht über die Insel. Auf Skye ist Talisker zwar nicht mehr die einzige Destille, aber die bekannteste und wir haben den Parkplatz am Kai erreicht. Auf Grund des Wetters steht heute keine Wanderung sondern eine Besichtigung auf dem Plan.
Wir sind nicht die einzigen, die diese Idee hatten. Das stellen wir fest, als wir nach kurzem Sprint die Tür zum Visitor Center öffnen. Die nächste Führung ist bereits ausgebucht … in einer Stunde erst können wir mitgehen.
Wir schauen uns so lange in der Ausstellung um. Gut, dass es hier viel zu sehen gibt, so können wir uns die Wartezeit gut vertreiben. Die Geschichte der Destille, aber auch Regionales werden gezeigt und der Menschenschlag, der hier lebt, wird mit folgenden Worten charakterisiert:
To live on Skye
you need to be …
resilent
inventive
humourous
tough
self-sufficient
waterproof
patient
lucky
Besonders das mit dem „waterproof“ kann ich an einem Tag wie heute gut nachvollziehen.
Ein weiterer Teil der Informationen beschäftigt sich ausführlich mit den Besonderheiten der Stills. Doch dazu später mehr.
Wir werden schließlich aufgerufen und folgen unserem Guide kurz über den Hof.
Der Guide ist ein sympathischer, junger Bursche namens Joshua, der laut und deutlich artikuliert. Verständigungsprobleme gibt es keine. Und so kommt unmissverständlich rüber, das wir keine Fotos machen dürfen. Aus Sicherheitsgründen heißt es – unsere Handys sollen wir sogar ausschalten. Das kann ich nicht nachvollziehen… aber was soll’s, los geht’s.
Der Raum, in dem diese Einführung stattfindet, hat ein Fenster, durch das wir die Mühle sehen. Und hier bekommen wir nun Malz, Malzschrot und Peat – den Torf – gezeigt, und gleichzeitig wird erklärt, dass sich die Stärke in der Gerste in Zucker umwandelt, wenn sie in feuchter und warmer Umgebung zu keimen beginnt. Dieser Prozess wird durch noch mehr Wärme der Trocknung unterbrochen und das Ergebnis dieses Verfahrens ist das Malz. Der Torf ist dabei der Brennstoff und so hinterlässt der Rauch ein deutliches Aroma im Korn. Und nun können wir auch vergleichen. Wir bekommen ein „normales“ Malz und eines gereicht, bei dessen Trocknung Torfrauch beteiligt war und können so eine Nase nehmen. Es ist beeindruckend und entscheidend – sind doch die Whiskys des Hauses für ihre torfige Note bekannt.
Dann geht es weiter – aber nicht ohne die nächsten Warnungen: Es sei teilweise sehr warm, die Treppen steil – auf seinen Kopf solle man achten… alles sehr professionell – aber irgendwie irritiert mich die extreme Fürsorge, wirkt sie doch sehr reglementierend und bürokratisch.
Am großen Maischbottich vorbei geht es weiter. Dem geschroteten Malz wird hier heißes Wasser zugegeben und so gehen Zucker und Stärke, die während des Malzens entstanden sind, in die Flüssigkeit über. Diese wird abgezogen, gekühlt und in die großen Washbacks gepumpt, die wir als nächstes sehen. Hier wird die Hefe zugesetzt und die Gärung beginnt. Wie immer sind die Washbacks allein durch ihr Größe beeindruckend, und der typische Geruch des gärenden und schäumenden Bieres ist auch hier allgegenwärtig. Auch hier kann man nicht direkt in die Washbacks schauen, sondern die Abdeckungen haben kleine Fenster, die einen Blick ins Innere gestatten.
Dann geht es über die nächsten Treppen wieder hinab zum Herzen der Brennerei, zu den Stills. Und es ist das Herz, das „Heart“, das im Brennprozess für den Whisky gewonnen werden soll. Im Gegensatz zu „Head“ und „Tail“ ist es der Alkohol, der in der Mitte des Brennprozesses entsteht und gehaltvoll an Prozenten und Aromen ist.
Es sei besonders der Kontakt des flüchtigen Alkohols mit dem Kupfer der Brennblasen, der das Geheimnis des Geschmacks ausmache. Deshalb – und da sind wir bei einer Besonderheit – führen die Rohre der Wash Stills eine kurzes Stück senkrecht nach unten, bevor sie die Halle Richtung Kondensor verlassen. Durch diese einzigartige Form und weitere Rohrleitungen wird ein größerer Teil der Dämpfe wieder Richtung Brennraum zurückgeführt und durchläuft somit wiederholt und länger den Prozess, wodurch sich, wie gewünscht, die Kontaktzeiten mit dem Kupfer der Brennblasen erhöhen.
Die Kondensatoren selbst sind auch „old fashioned“. Der Name „Worm Tubs“ beschreibt bildlich die wendelförmig geformten Rohre, die Kondensierungsspulen, die zur Kühlung durch ein Wasserbad führen.
Nun freue mich mich auf den Teil der Besichtigung, der mir bei anderen Besuchen immer besonders gefallen hat: der Gang ins Warehouse, wo die Fässer gelagert werden. Doch leider dürfen wir da nicht rein – aus Sicherheitsgründen wahrscheinlich. Statt dessen stehen wir erneut vor einem Fenster und wir sehen in einen dunklen Raum, ein Warehouse in dem der Whisky gelagert wird. Zu sehen im beleuchteten vorderen Teil sind auch einige Fässer – echte Schmuckstücke – und davor… Fassreifen, Dauben und Werkzeuge der Küfer. Ein inszeniertes Schaufenster, vor dem wir stehen, und das Kulisse für weitere ausführliche Erklärungen unseres Guides ist, die vor allem den Prozess der Reifung beschreiben, der maßgeblich für den Geschmack des Whiskys verantwortlich ist.
Damit geht die Führung zu Ende und wir schauen uns noch mal in der Ausstellung um und ergattern als Erinnerungsstück für uns selbst eine Flasche Talisker Storm – nichts außergewöhnliches, aber durchaus ein feines Stöffchen mit Charakter, rauchig, reich an Aromen und typisch für das Haus mit einem guten Preis/Leistungsverhältnis – ganz gemäß des Talisker Claims: Made by the Sea.
Wir durften innen zwar keine Fotos machen, doch könnt Ihr Euch trotzdem ausführlich und in Ruhe umschauen: Hier ein Link zu einem virtuellen Rundgang bei Google-Maps:
Franz
Habe vor einigen Jahren ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass die Führung abgespult wird. Das Gleiche habe ich in Oban erlebt. (Beide Diageo) Ganz anders die Führung bei Edradour – mit Herzblut und man konnte alles fotografieren.
Jahresrückblick 2019: Tops und Flops - Tastings, Messen, Reisen, Gastronomie, Events, Whiskys und Whiskeys - Whiskygraphie
[…] sie zu sehen sind. Kein Wunder, ist er doch beruflich damit bei Beckmann Mediendesign befasst. Sein Reisebericht über einen Besuch bei Talisker ist ebenso lesenswert, wie seine Beschreibung eines Besuchs bei Edradour, der im Juni bei uns […]