Im malerischen Harz, umgeben von majestätischen Wäldern und einer reichen Geschichte, liegt eine Destillerie, die nicht nur preisgekrönten Single Malt Whisky herstellt, sondern auch eine Brücke zwischen Tradition und Innovation schlägt. Ich durfte einen ganzen Tag lang beim erstem Blogger- und Vloggertreffen im Jahr 2024 in die faszinierende Welt der Hercynian Distilling Co. / Hammerschmiede eintauchen und die Geheimnisse der Beliebtheit dieser kleinen deutschen Brennerei entdecken.
Die Geschichte
Wie kommt der Whisky in den Harz? Was auf den ersten Blick vielleicht nicht zusammenpasst, erschließt sich, wenn man sich näher mit den Hintergründen beschäftigt. Der Harz galt, ähnlich wie Schottland oder Irland auch, traditionell als „Arme-Leute-Region“. Durch die klimatischen Bedingungen gedieh im Harz hauptsächlich Gerste als Hauptgetreide. Aufgrund der kurzen Wachstumsperioden war der Anbau von Weizen, Hafer oder Dinkel nahezu unmöglich. Auch der in weiten Teilen steinige Boden bietet weniger Entfaltungsmöglichkeiten für Roggen oder Weizen, die bei den meisten Sorten tiefer wurzeln als die Gerste.
Zudem bot robuste Gerste nicht nur einen guten Nährwert für verschiedene Zwecke, sondern war auch ideal für die Whiskyherstellung geeignet. Die Bewohner der Region, insbesondere die Bergfreien im Harz, nutzten ihre besonderen Privilegien, darunter die Befreiung von Steuern und die Erlaubnis zur Herstellung von Branntwein, um aus Gerste Aqua Vitae zu destillieren.
Wobei dieser Whisky damals noch nicht das war, was wir heute darunter verstehen. Im 16., 17. und 18. Jahrhundert konsumierten Bergleute und ihre Familien den Brand direkt, ohne ihn zur Reifung in Fässern zu lagern. Dies spiegelte eine ähnliche Praxis in Schottland und Irland wider, wo Fässer hauptsächlich als Transportmittel dienten.
Fortführung von Tradition
Die ersten Spirituosen wurden schon 1985 in der Hammerschmiede hergestellt. Kräuterschnaps und später Fruchtdestillate erfreuten die Gaumen hart arbeitender Bergleute. Anna Katharina Buchholz interessierte sich zunächst für eine Ausbildung in der Parfum-Branche. Die Entscheidung den elterlichen Betrieb fortzuführen fiel aber schließlich nur unter der Bedingung eine Leidenschaft zum Beruf machen zu können und damit hatte sie ebenso ein gutes Näschen: Whisky. So kam es und seit 2002 ist die Hercynian Distilling Co. / Hammerschmiede ein Hort für die Kunst der Whiskyherstellung und Anna die „Mistress of Distilling“.
Die für die Produktion verwendete Gerste, hauptsächlich Golden Promise und Concerto, wird lokal bezogen und teilweise über Buchen- und Erlenholz geräuchert. Der Torf für die rauchigen Whiskyvarianten stammt aus Niedersachsen. Mehr lokale Herstellung geht fast nicht.
Die für die Whiskyreifung benötigten Fässer hingegen stammen aus der ganzen Welt und sind von höchster Güte. Ob Süßwein, Rotwein, Rum, Sherry oder ein klassisches Bourbonfass. Überall pflegt man beste Beziehung zu erstklassigen Bodegas, um an kleinere Mengen exquisiter Fässer zu kommen und hebt sich somit von den großvolumigen Lieferverträgen der großen Destillerien ab.
Die Marken
Auch bei der Namensgebung der verschiedenen eigenen Marken kommt der lokale Faktor nicht zu kurz:
- Elsburn ist der mildeste Whisky der Destillerie und bezieht sich in der Namensgebung auf das Elsbachtal, in das die ehemalige Hammerschmiede vor einigen Jahren umzog. Der Name löst seit 2019 die Bezeichnung „The Glen Els“ ab.
- Willowburn ist eine Spur würziger und bekommt daher einen eigenen Namen, der sich vom Sitz des Stammhauses der Hammerschmiede in Wieda am gleichnamigem Fluss ableitet.
- The Alrik wird aus holzgeräuchtertem Gerstenmalz hergestellt und ist eine heiße begehrte Spezialität. Jährlich werden nur 600-1.600 Flasche abgefüllt. Die Namensgebung leitet sich von der nahgelegenen Stadt Ellrich ab.
- Emporer’s Way ist der rauchigste Whisky der Destillerie und kann es locker mit den torfigsten Whiskys Schottlands aufnehmen. Bei diesem Namen hat man sich vom Kaiserweg inspirieren lassen. An diesem Weg der deutschen Kaiser und Könige des Mittelalters liegen nämlich sowohl das Stammhaus in Wieda als auch die heutige Destillerie.
Die Herstellung der Grunddestillate für diese vier verschiedenen Whiskys findet nach einem mehr oder weniger festgelegten Turnus rund um das ganze Jahr statt. Dabei werden logischerweise immer unterschiedliche Rohstoffe, von einfach gemälzter bis stark torfiger Gerste verwendet. Immer dann, wenn zwischen diesen Chargen bzw. Destillaten gewechselt wird, stehen die Chancen gut, dass ein Single Malt mit noch nie dagewesenem Geschmacksbild entsteht. Dieser kommt dann unter dem Namen Heartgow in die Flasche.
Kreativität und Handarbeit
Neben der Kunst des Destillierens und einer exquisiten Fassauswahl steht am Ende des gesamten Herstellungsprozess ebenso liebevolle Handarbeit. In einer Welt, die oft von maschineller Produktion und Massenfertigung geprägt ist, setzt man bei Hercynian Distilling Co. / Hammerschmiede auf die Tradition und die Kunstfertigkeit.
Jede Flasche wird von Hand abgefüllt und versiegelt. Die markanten, runden Wachssiegel am Flaschenhals sind Unikate und werden manuell aufgebracht. Auch das Etikettieren und Ausstatten der Flaschen geschieht in Handarbeit, wobei jedes Etikett sorgfältig geklebt wird. Von der hohen Kreativität im Hause Buchholz zeugen auch besondere Whisky-Editionen wie eine Bondage- oder Latex-Edition. Ob mit einem Seil verschnürt oder in tiefschwarzes Latex getaucht und mit einem roten Halsband versehen – leicht anzüglich lässt Anna ihrer Kreativität freien Lauf. Und dabei ist auch noch der Inhalt aus Annas Private Casks sensationell lecker, davon konnten wir uns mit einer der letzten Flaschen der Latex-Edition, im Rahmen eines Highlight-Tastings, persönlich überzeugen. Ganz Mistress of Distilling eben!
LEGO
Diese Liebe zum Detail und die Hingabe zur Handarbeit erwartet die Gäste auch im Besucherzentrum von Hercynian Distilling Co. / Hammerschmiede mit einer ganz besonderen Attraktion: alle Whisky-Herstellungsprozesse als detailgetreue LEGO-Modelle.
Diese einzigartigen Modelle, die die verschiedenen Schritte der Whiskyherstellung darstellen, wurden von Anna und Anna höchstpersönlich aus LEGO-Steinen zusammengebaut. Mit viel Kreativität und Liebe zum Detail haben sie die Destillation, die Reifung im Fass und die Abfüllung des Hercynian Single Malt Whiskys zum Leben erweckt.
Für Besucher des Besucherzentrums ist es eine unterhaltsame und lehrreiche Möglichkeit, die komplexen Abläufe der Whiskyproduktion auf spielerische Weise zu erleben. Von der Destillation im Pot-Still-Verfahren bis hin zur handwerklichen Abfüllung und Etikettierung – jedes Detail wurde sorgfältig nachgebildet und lädt zum Staunen und Entdecken ein.
Diese LEGO-Modelle sind nicht nur eine kreative Ergänzung des Besucherzentrums, sondern auch ein Ausdruck der Leidenschaft und Hingabe, mit der Hercynian Distilling Co. / Hammerschmiede ihre Handwerkskunst pflegt. Sie vermitteln den Besuchern nicht nur einen Einblick in die Welt des Whiskys, sondern auch in die Freude an Kreativität und Spiel.
Der Fassgarten
Ein kreativer Ort befindet sich auch direkt vor der Brennerei: der Fassgarten. Hier werden nicht etwas Fässer angebaut und darauf gewartet, dass sie endlich groß genug sind und geerntet werden können. Hier können eine Menge verschiedener Fassarten in allen Größen, die auch so alle befüllt in den Lagern liegen, bestaunt werden. Darunter Sherryfässer, Malaga- und Portfässer, Wein, Rum und Ex-Bourbon Fässer. Hogsheads und Butts, Quarter- und Octave-Fässer. Ebenfalls eine schöne und lehrreiche Idee, die einem die Vielfalt der Destillerie vor Augen führt.
Die Produktion
Natürlich bekamen wir auch eine ausführliche Führung durch das Herz der Destillerie. Vom Läuterbottich über die Washbacks bis zu den Pot Stills kann man uns Whiskymenschen eigentlich nicht viel neues erzählen. Über die Grundprinzipien der Whiskyherstellung könnte man uns mitten in der Nacht mit einigen Drams intus einer Prüfungssituation unterziehen und wir würden höchstwahrscheinlich bestehen. Und doch erfahren wir allesamt immer wieder neues. So macht man sich über einen Teil des Herstellungsprozesses wohl als einfacher Whiskyfan keine Gedanken: Das Sieb des Läuterbottichs.
Nach dem Einmaischen gelangt die Würze, noch versetzt mit diversen Feststoffen der Gerste, in den Läuterbottich. Siebe sollen hier diese Feststoffe wie Spelze weitestgehend aus der zuckerhaltigen Lösung entfernen, die anschließend in die Washbacks zum Gären gelangt. Dass man mit größeren Öffnungen in den Sieben auch größeren Bestandteilen den Weg bis zur Destillation freibahnen kann klingt logisch. Dass dies sogar Einfluss auf den späteren Geschmack des Destillats hat war erhellend und interessant.
Alle Fakten zur Destillerie findet ihr HIER
Nun ist es nicht so, dass man bei Hercynian Distilling diese Methode für sich allein patentiert hat, auch andere Destillerien weltweit arbeiten so. Aber es ist eines der vielen Details auf das man, im Gegensatz zu mancher Massenproduktion, hier Wert liegt. Genauso erstaunlich und doch irgendwie naheliegend fand ich, dass die Brennblasen ausschließlich mit Holz geheizt werden. Kein Gas, kein Öl, kein Strom. In Zeiten steigender Energiepreise und mit einer riesigen Fortbewirtschaftung vor der Haustüre sicherlich keine schlechte Entscheidung, auch wenn der Rohstoff Holz ebenfalls in den letzten Jahren preislich enorm angezogen hat.
Der Maultaschenkönig
Apropos Einheizen. Wir konnten uns im Laufe des Tages nicht nur an jeder Menge Whisky erfreuen, sondern wurden auch kulinarisch bestens verwöhnt. Aus dem Schwabenländle kam der Maultaschenkönig höchstpersönlich samt Plancha-Grill und jeder Menge Fleisch angereist. Metzgermeister und Diplom-Fleischsommelier Olli Häcker gab sich die Ehre und schaffte es genussverwöhnten Gaumen mit jedem Gang ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Neben dem hervorragenden Grillfleisch waren es ganz sicher seine Maultaschen aus eigener Herstellung. Ob zur Vorspeise oder auch zum Dessert mit abgeflämmter roter Whiskygrütze – genial. Ein sympathischer Botschafter aus dem Schwobaländle. Wer in der Gegend ist, sollte unbedingt Halt an seinem Verkaufsautomaten machen, den er fast täglich, in reinstem Hochdeutsch natürlich, auf Instagram bewirbt.
An dieser Stelle folgen nun eine Menge Grillfotos – einfach weil sie so Appetit anregend sind.
Dazu passte auch das in Elsburn-Fässern gereifte Bockbier „Stills & Mash“ – sehr kräftig aber auch super süffig und lecker. Ich persönlich stehe ja auf solche Biere.
Whisky und Harz – das passt
Tatsächlich waren mir bereits einige Whiskys aus der Hammerschmiede ins Glas gekommen und so hatte ich bereits einen ersten Eindruck davon, dass hier richtig guter Whisky produziert wird. Die Verbindung zur Region, die Geschichte der Brennerei, und die Kreativität haben mich sehr beeindruckt. Dazu kommt ein leidenschaftliches Team das, im wahrsten Sinne des Wortes, für ihre Produkte brennt. Wenn man versucht hat, uns das näher zu bringen, dann kann ich nur sagen: Ziel erreicht! No Harz – No Glory!
Vielen Dank an die beiden Annas, das gesamte Team und den Maultaschenkönig für einen wundervollen Tag im Herzen Deutschlands! Wir kommen wieder!
Mein Zitat des Tages aus Annas Mund muss ich auch noch zum Schluss unterbringen:
„Auf der gesamten Welt schlummert so viel Whisky in Fässern und Flaschen um die gesamte Menschheit 6,4 mal zu töten. Kernwaffen wären wesentlich effektiver, machen aber nicht so viel Spaß!“