Moin!
So begrüßt man sich im Norden unseres Landes. Dort, zwischen den Moorgebieten des Oldenburger Münsterlandes, hat sich die Lübbehusen Malt-Distillery niedergelassen. Am einem Wochenende im März fand dort, organisiert durch Whisky-Jason, das nächste große Blogger- und Vloggertreffen statt. Es war ein Fest! Dazu aber später mehr.
Südafrika und der hohe Norden
Was verbindet den hohen Norden Deutschlands mit Südafrika? Freundschaft.
Diese Freundschaft gab Jens Lübbehusen bei einem Besuch den Anstoß zur Überlegung, in Südafrika mit der Produktion von Spirituosen zu beginnen. Sogar der Gedanke, endgültig dorthin auszuwandern und Good Old Germany den Rücken zu kehren, kam ihm in den Sinn. Doch dann entschloss sich Jens Lübbehusen, in seiner Heimat eine kleine Brennerei aufzubauen. Da in seiner Familie schon seit einigen Jahren eine Gastronomie betrieben wurde, konnte er die gewonnenen Erfahrungen dort wunderbar einbringen. Er versuchte sich auszuprobieren und machte dabei so manche hochprozentige Erfahrung. Aber erstmal hatte dies wenig mit Whisky zu tun. Dazu kam es erst später.
War es Liebe auf den ersten Blick?
So könnte man es in wenige Worte fassen. Denn irgendwann wurde es ihm in seiner 2009 gegründeten kleinen Brennerei zu langweilig. Jens Lübbehusen suchte die Herausforderung und wollte sich, nicht weit entfernt von seiner alten Wirkungsstätte, neu orientieren. In einem Industriepark, dem Ecopark in der Nähe von Vechta, wurde Jens dann auch fündig. Ein freies Grundstück zwischen zwei Bestandsbauten sollte es sein. Als er sich dem Nachbarn des Grundstückes vorstellte, erfuhr er von einer ganz anderen Gelegenheit, die er wahrlich nicht ausschlagen konnte. Es war Liebe auf den ersten Blick. Moderne Architektur, verbunden mit der Idee eine Brennerei zu errichten. Jens Lübbehusen musste hier nicht lange überlegen und kaufte das ehemalige Gastronomie-Einrichtungshaus und verwandelte es in eine coole und moderne Brennerei mit angeschlossener Eventlocation und viel Freiraum zur Expansion. Gelungen, wie ich finde. Da sprechen die Bilder für sich.
Hausbesöök
Whisky-Jason hatte zum ersten Blogger- und Vloggertreffen in diesem Jahr eingeladen, und viele folgten seinem Ruf. Wieder einmal war es ihm gelungen, ein tolles Programm auf die Beine zu stellen. Nach einem kleinen Stell-dich-ein im Hotel machten wir uns gemeinsam auf den Weg zur Destillerie. Lübbehusen war erst mal für viele so gar kein Begriff. Auch wir Whiskygraphen kannten es nicht. Anfangs hatten wir noch überlegt, uns ein wenig in die Materie einzuarbeiten, entschieden uns aber dann bewusst dazu, uns einfach treiben zu lassen.
Moin, der Gruß stammt ursprünglich aus dem Plattdeutschen und bedeutet so viel wie angenehm, schön oder auch gut. Diese Attribute beschreiben genau das Erlebte. Gelungener herzlicher Empfang vom Chef persönlich. Die Gelegenheit zu einer kleinen Erfrischung nutzten wir gerne, denn man hatte sich ja viel zu erzählen. Obwohl das Treffen im Spreewald erst wenige Monate her ist, hatten wir nach 2 langen Jahren Pandemie ganz klar Nachholbedarf. Großartig.
Pandemie!
In dieser Zeit kam es bei vielen Betrieben zu enormen Umsatzrückgängen, so auch bei Lübbehusen. Jens berichtete uns, dass es in den zwei Jahren keinerlei Hilfen für sein Unternehmen gab. Er musste also alles alleine stemmen und entschied sich, erstmal nicht weiter zu produzieren und den Verlauf der Krise abzuwarten. Nun stehen die Zeichen aber wieder auf Go und es wird wieder gebrannt. Veranstaltungen finden auch statt. So soll es sein. Nicht jammern, machen und anpacken sind Jens‘ Devise.
Herzstück
Nach ein bis zwei Getränken ging es dann auch schon los. Jason nutze die Gelegenheit und stellte alle beteiligten Blogger und Vlogger im Livestream vor. Die Kulisse bildete das Herzstück der Brennerei, die Destillationsanlage. Wunderbar eingebunden in die Architektur des Gebäudes. Wer kann, sollte unbedingt einmal vor Ort vorbeischauen und die Gelegenheit nutzen, den ein oder anderen Dram zu genießen. Noch verlieren sich nicht viele Besucher spontan in die Location, da diese etwas außerhalb in einem Industriepark liegt. Aber auch daran wird schon gearbeitet und man ist bestrebt, Konzepte für die Zukunft zu finden.
Sabbel nich! Dat geit!
Da man am Anfang noch über sehr wenig Knowhow über die Kreation von Whisky verfügte, musste dieses von extern gewonnen werden. Verpflichtet wurde keine geringere als die international tätige Spirituosen-Fachfrau Julia Nourney. So war sichergestellt, dass zu Anfang alles in sicheren Bahnen verläuft. Sabbel nich! Dat geit!
So auch beim Fasslager. Es entstand neben den Betriebsstätten ein großes unterirdisches Fasslager, in dem heute schon 500 Fässer eingelagert sind und ihren Dornröschenschlaf verrichten. Zu finden sind hauptsächlich Virgin Oak Fässer, aber auch Bourbon, Sherry, Sauternes, Madeira, einige Rotwein-Fässer, sowie ein paar Exemplare von Springbank und Laphroaig. Selbstverständlich besteht auch die Möglichkeit, ein Fass sein eigen nennen zu können. Ab 200 Liter Fassungsvermögen ist dies gegen entsprechendes Entgelt möglich. Kapazität hat man hier für weitere 700 Fässer. Steigt man hinunter, sind dort viele Fässer zu bewundern, und man wird zugleich von einem dem Whisky Liebhaber angenehmen Duft umströmt. Herrlich. Besonders hervorzuheben ist die Möglichkeit hier auch zu übernachten. Jawohl, ihr habt richtig gehört. Tolle Idee. Verbunden mit einer Führung und Ganztagsseminar eine runde, gelungene Sache. Die Führung geht durch die ganze Brennerei. Es werden alle Arbeitsschritte vom “Maischen” über das “Vergären” bis hin zum “Brennen”, “Fässer befüllen”, “Lagern” und “Batches abfüllen” erläutert. Im Fasslager könnt Ihr den sogenannten “Angels share”, auch Angels’ Dram, zu Deutsch etwa “Engelsanteil” schnuppern! Ein spannendes Erlebnis, wie wir finden. Also ab ins Glas und schaut vorbei. Dies ist mit Voranmeldung jederzeit möglich.
Nicht lang schnacken – Kopp in Nacken
Endlich war es soweit und es konnte mit der Verkostung der edlen Tropfen begonnen werden. Im extra dafür hergerichteten Tastingroom konnte man sich in Ruhe dem ganzen Produktportfolio der Destillerie widmen. Zeig mir alles! Es gab eine Menge zu entdecken auf unserer Tour – von peated und unpeated Malt über Rye bis Likör war alles mit von der Partie. Für eine kleine Brennerei ein ordentliches Angebot und breit aufgestellt.
Der Austausch in der Gruppe war belebend und entspannend. So konnte zum gemütlichen Teil des Abends übergegangen werden. Der Chef himself zauberte am Grill leckere Gerichte für seine Gäste, frisches Fassbier sorgte für die nötige Abwechslung. Perfekt!
Vertell doch mal
Doch einen Kandidaten sucht man vergeblich im Shop. Denn dieser ist nur vor Ort erhältlich und konnte uns am meisten überzeugen: Die Distillery Edition in Fassstärke. Abgefüllt im Jahre 2021, reifte der Whisky 5 Jahre lang in Ex-Bourbon und Ex-Redwine-Casks. In der Nase findet man direkt den Rotwein, untermalt von süßen, gezuckerten Früchten. Das kandierte Knuspermalz enthält eine knackige Pfeffernote, die toll harmoniert. Halbbitter-Schokolade, gepaart mit Café Creme, und in Rotwein eingelegte Backpflaumen tragen weiter zum Profil bei. Die Backpflaumen dominieren mit ihrer Süße auch sofort den Geschmack. Nach diesem süßen Antritt füllt sich der Mund mit weinigen, schokoladigen und malzigen Aromen. Die Süße hält sich dabei weiterhin angenehm, wird durch eine leichte Schärfe verdrängt und endet in leicht bitteren, adstringierenden Noten. Ein leichtes pelziges Mundgefühl stellt sich ein, das zu gefallen weiß und auch den mittellangen Abgang prägt. Insgesamt ein Malt, der richtig Spaß macht! Unsere Empfehlung für einen Besuch vor Ort!
Alter Schwede
Die tolle Gastfreundschaft von Jens und seinem Team zeigte sich auch darin, dass Jens und Marko nach dem offiziellen Ende der eigentlichen Veranstaltung noch überraschend zur Aftershow-Party in unser Hotel kamen, um uns noch eine Runde Vechtaer Kräuterlikör auszugeben: Alter Schwede!
Fazit: Ein rundum gelungener Tag mit norddeutschem Flair. Der Whisky ist sicherlich eine Bereicherung für den deutschen Whiskymarkt, der seinen Weg noch zu den Whiskyfans in ganz Deutschland finden muss. Der regionale Bezug des Produktes wird sogar zukünftig durch getorftes Malz aus den nahegelegenen Moorgebieten gestärkt. Das Malz selbst kommt allerdings bisher nicht aus norddeutschen Landen. Besonders gefallen hat uns der Enthusiasmus von Jens und vor allem Marko, der seine vielfältigen Aufgaben in der Destillerie nicht als Arbeit empfindet, sondern sich wie zu Hause in seinem Wohnzimmer fühlt. Hier kann er bei voller Produktion bis zu 10 Fässer pro Woche befüllen. Im Fasslager sind noch weitaus mehr Kapazitäten vorhanden, als bislang genutzt werden. Wir sind gespannt, was wir aus den unterschiedlichen Fässern, die hier schlummern, in Zukunft verkosten dürfen. Also ab ins Glas, denn Genuss verbindet.
Vielen Dank an Jens, Marko und Christian von The Lübbehusen! Ebenfalls vielen Dank an Jason für die erneute Organisation des Blogger- und Vloggertreffens!