Heute reisen wir mal wieder in das Whiskyhaus nach Brühl und in die schottische Speyside. Im Sommer 2020 kam dieser auf 254 Flaschen limitierte 21-jährige Dailuaine heraus. Abgefüllt wurde der Single Malt in Fassstärke mit 50,8%, nachdem er einem Finish in einem Pedro Ximenez Fass unterzogen wurde.
Dailuaine
Wieder einmal gibt es hier die Möglichkeit einen Whisky aus einer Brennerei zu verkosten, die man nicht alltäglich im Glas hat. Nur ca. 2% der hergestellten Whiskymenge kommt als Single Malt auf den Markt. Der Rest des über 5 Millionen großen Produktionsvolumens der in der Speyside gelegenen Destillerie, wird für die Blended Whisky – Industrie hergestellt. Interessant ist die angeblich strikte Trennung der Fasslagerung. Der Whisky, der zum Verschneiden gedacht ist, wird in ehemaligen Bourbonfässern gelagert, während der kleine Anteil für Single Malt-Abfüllungen ausschließlich in Sherry Butts reifen soll.
Whiskys von Dailuaine begegnen einem hin und wieder bei diversen unabhängigen Abfüllern. Als Originalabfüllung gilt eine 16-jährige Auflage aus der Flora&Fauna-Serie. Die Brennerei gehört mittlerweile zum Diageo-Konzern. Somit liegt auch nahe, dass ein großer Teil des produzierten Whiskys wohl in den Blends von Johnnie Walker verschnitten wird. Übrigens wurde das erste, für viele schottische Brennereien typische, Pagodendach über der Malzdarre hier erbaut. Dieses wurde allerdings zwischenzeitlich leider wieder abgebaut, da nicht mehr selbst gemälzt, sondern das Malz von konzerneigenen Mälzereien bezogen wird.
Whisky: A Dream of Scotland – Dailuaine 21 PX Cask Finish
Distille: Dailuaine
Abfüller: Brühler Whiskyhaus
Typ: Single Malt
Land / Region: Schottland / Speyside
Alter: 21 Jahre
Abgefüllt: 2020
Fasstypen: PX Sherry Cask Finish
Alkoholgehalt: 50,8%
Flaschenanzahl: 254
Kühlfiltrierung: Nein
Färbung: Nein
Preis: ca. 115 Euro
Whiskybase ID: 161254
Auge / Anblick, Farbe: Dunkelgold.
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 6,5
Erster Gedanke: Vollmilchschokolade mit Keks. Ein getreidiger Duft mit ein wenig Früchten, vor allem Stachelbeeren, aber viel weißem Pfeffer und einem Spritzer Zitrone. Insgesamt leicht würzig in der Nase, dazu nimmt man eine subtile Süße und etwas mineralisches wahr. Eine schöne Mischung verschiedener Aromenrichtungen, etwas unspektakulär, aber das muss ja auch nicht immer sein.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 6,5
Der Antritt gestaltet sich überraschend mild, einen Moment später kommt er aber richtig in Schwung. Nach einem leicht wässrigen Mundgefühl hat man nun Süße und würzige Holzaromen im Wechsel auf der Zunge. Im zweiten Schluck wirkt er sogar noch süßer, süßes Karamellmalz, Grafschafter Zuckerrübensirup und Honig kommen einem in den Sinn. Keineswegs eindimensional, aber auch nicht wahnsinnig vielschichtig. Trotzdem eindeutiges Prädikat „Lecker“.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 5
Wärmend, mittel- und nicht ewig lang rinnt er den Schlund hinunter und hinterlässt dabei noch ein paar holzige Noten im Rachen. Eher etwas zurückhaltend und vielleicht ein kleiner Schwachpunkt.
Preisleistung (0 – 10): 8
Eine Einzelfassabfüllung in Fassstärke, da ist man beim Ausgabepreis durchaus im Rahmen.
Gesamtbewertung (0 – 10): 6,5
Unser subjektives Geschmacksempfinden lässt irgendwie auf eine Bourbonfassreifung vor dem PX Cask Finish schließen, was davon abweichen würde, dass der Whisky für Single Malt – Abfüllungen in den Warehouses der Brennerei zunächst ausschließlich in Sherry Butts reifen soll. Dass Marco vom Brühler Whiskyhaus hier noch ein PX Sherry Cask Finish hinten angehangen hat, wäre ein weiteres Indiz dafür, dass er hier vielleicht an ein Ex-Bourbonfass von Dailuaine gekommen ist. Das ist allerdings reine Spekulation meinerseits. Der Whisky hat Aromen, die ich allen drei Fassarten zuschreiben würde.
Dieser Dailuaine geht voll in Ordnung, kann aber für meinen persönliche Geschmack nicht mit dem gleichaltrigen Glenburgie mithalten, der mir wirklich super gefallen hat. Insgesamt eine schöne Sache mal wieder eine andere Destille im Glas gehabt zu haben.
Whiskykunst
Da ich hier wieder nur ein Sample zu Verfügung hatte, habe ich in der Facebook-Whiskycommunity nach Fotos von einer Originalflasche gefragt und bin innerhalb von Minuten versorgt worden. Daher möchte ich an dieser Stelle die Kunst und die Gemeinschaft in der Whiskywelt lobend erwähnen! Vielen Dank! Die Abfüllungen des Brühler Whiskyhauses erfreuen sich seit jeher nicht nur wegen Inhalts großer Beliebtheit, sondern auch wegen der künstlerisch gestalteten Label. Für jede Abfüllung gibt es ein eigenes Kunstwerk. Und diese gehören einfach dazu und es wäre zu schade, hier nur ein schlicht etikettiertes Sample zu zeigen.
Und natürlich kann man über Kunst streiten, dazu ist sie unter anderem da. Der Begriff der Kunst selbst ist auch nicht eindeutig belegt. Kunst kann das Gegenteil von Natur sein, also alles künstlich hergestellte. Es gibt aber auch die Kunst einer bestimmten Fähigkeit, eines speziellen Wissens oder auch einer Kunstfertigkeit und Handwerkskunst. Die Herstellung oder das Blenden von Whisky sind genauso eine Kunst, wie das professionelle Herausschmecken von Aromen. Das Verfassen von Tastingnotes wird umso schöner, wenn man ein gewisses Niveau an Sprachkunst beherrscht. Und dann gibt es noch die Verführungskünste des Whiskyhändlers eures Vertrauens, was durchaus auch in schwarzer Kunst enden kann. 😉
Schöne Kunst
Bewusst benutzen wir den Begriff der Kunst meistens im Sinne der Schönen Künste, die man wiederum über verschiedene Epochen und Stile definieren kann. Die Bewertung von Kunst unterliegt zu einem gewissen Grad dem Zeitgeist und zu einem großen Teil dem bewertenden Individuum. Gefühle spielen dabei eine große Rolle und sind Ausdruck des Wertes von Kunst. Kunstfreiheit ermöglicht auch den Ausdruck gesellschaftlicher, sozialer oder politischer Materien. Daher wird Kunst auch beispielsweise in diktatorischen Regimen gezielt zu Propagandazwecken eingesetzt – oder sogar verboten.
Die Label der A Dream of Scotland – Abfüllungen sind äußerst populär, regten aber auch schon zu Diskussionen an. Ist es mal nur Geschmackssache, kann die ein oder andere morbide oder erotisch-angehauchte Darstellung unterschiedliche Gefühlserlebnisse wecken, was auch Ziel der Kreativität ist, im Gegensatz zur Ingenieurskunst, deren spezifisches Ziel es beispielsweise ist, eine stabile Brücke zu bauen.
Und so kommen hier Handwerkskunst, Verführungskunst und Schöne Künste für unser aller Lebenskunst zusammen. Mir gefällt das!