Balli… was? Nun bilde ich mir seit Jahren ein, doch mittlerweile wirklich jede schottische Brennerei, zumindest vom Namen her, zu kennen. Aber immer mal wieder muss ich feststellen, dass die Branche derzeit derart in Bewegung ist, dass die ein oder andere Neugründung einer Brennerei irgendwie an mir vorbeigegangen ist. Und da stand nun diese Flasche des Abfüllers Meadowside Blending im Regal, die unter dem Label „The Maltman“ abgefüllt wird und die große Aufschrift „Ballindalloch aged 24 years“ trägt.
Also kurz das Smartphone gezückt und gegoogelt. Erstaunlich schnell finde ich alles wissenswerte. Die Brennerei steht auf dem Anwesen der Familie Macpherson-Grant, auf dem auch das gleichnamige Ballindalloch Castle steht. Die Brennerei nahm 2014 ihren Betrieb auf. Aber moment. Wie kann der Whisky dann 24 Jahre alt sein?
Ganz offensichtlich muss hier also Whisky aus einer andere Brennerei enthalten sein. Es wäre nicht unüblich, dass neue Brennereien Whisky vorab unter ihrem Label veröffentlichen, der aber noch aus anderen Quellen stammt. Aber macht das in diesem Fall Sinn? Nein – und zwar aus mehreren Gründen. Die Brennerei Ballindalloch hat sich selbst verpflichtet den ersten Whisky frühestens erst nach acht Jahren abzufüllen, das wäre im Jahre 2022. Da es enge Beziehungen zur Brennerei Cragganmore, die ganz in der Nähe liegt, bestehen, gibt es im bei Destillerie-Besichtigungen vor Ort alte Cragganmore-Whiskys aus den hauseigenen Beständen zu verkosten. Die Nähe zu Cragganmore zeigt sich auch dadurch, dass der Spirit Safe der Brennerei quasi ein Second-Hand-Gerät ist, welches ein Geschenk von Cragganmore war. Haben wir es hier also möglicherweise mit einem Cragganmore-Whisky zu tun?
Die Antwort lautet auch hier: Nein. Die Flasche wurde im Juli 2014 abgefüllt, zu dieser Zeit war die Brennerei Ballindalloch noch im Bau. Und außerdem: Warum sollte der Whisky unabhängig durch Meadowside Blending abgefüllt werden. Was könnt hier also sonst in der Flasche sein? Die weitere Recherche führt uns zu einer anderen Speyside-Distillery, die auch in der Nähe liegt und zu der es enge Beziehungen gibt: Glenfarclas.
Und eigentlich lag die Lösung so nahe. Selbst bei Tripadvisor wird die Adresse der Glenfarclas Distillery mit Ballindalloch angegeben. Was man allerdings nicht auf Anhieb findet ist die Information, dass Whisky von Glenfarclas vereinzelt unter dem Namen Ballindalloch unabhängig abgefüllt wird. Allerdings findet man unabhängig abgefüllte Glenfarclas-Whiskys insgesamt eher selten.
Glenfarclas ist für mich der Urbegriff des Sherryfass-gereiften Single Malts. Einen wirklich schlechten Glenfarclas hatte ich noch nie im Glas. Vor allem findet man in Zeiten allgemeiner Preissteigerung hier noch Whiskys aus traditioneller Handwerkskunst zu erfreulichen Preisen. So bekommt man den 25-jährigen aus Oloroso-Sherryfässern immer noch für unter 120,- Euro.
Dieser also unabhängig abgefüllte Ballindalloch kommt aus Refill Sherry Casks, wurde im Dezember 1989 destilliert und im Juli 2014 mit 45% abgefüllt. Ich bin jetzt schon froh eine von 205 Flaschen ergattert zu haben. Schauen wir uns diesen „Vintage Single Cask“ doch mal genauer an.
Distille: Glenfarclas
Abfüller: Meadowside Blending
Typ: Singe Malt
Land / Region: Speyside
Alter: 24 Jahre
Abgefüllt: 2014
Fasstypen: Refill Sherry Cask
Flaschenanzahl: 205
Alkoholgehalt: 45%
Kühlfiltrierung: Nein
Färbung: Nein
Preis: 130,- Euro
Whiskybase ID: 56925
Auge / Anblick, Farbe:
Kupfer.
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 8
Ein ganz typischer Sherryduft nach Beeren, der einem sofort aus dem Glas entgegen kommt. Allerdings sind es nicht nur die roten Waldbeeren, die ich erwartet hätte. Vielmehr sind es Stachelbeeren, Feigen und Früchte wie Sauerkirschen und Mandarinen die ich wahrnehme. Darunter macht sich eine würzige Nelkennote bemerkbar. Auch ein Eichenholzaroma ist zu vernehmen, wenn auch sehr dezent und weit weg von einer frischen Eichenholzfracht. Gefällt mir insgesamt sehr gut und hat etwas sehr traditionelles, wie ich es heutzutage nur noch selten im Glas habe.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 8
Die gute Trinkstärke von 45% ist für mich aktuell perfekt, es muss nicht immer die brachiale Fassstärke jenseits der 60% sein. Das zeigt sich bei diesem Whisky sehr deutlich, der im Antritt sehr geradeaus, aber auch vollmundig und rund daherkommt. Ein höherer Alkoholgehalt muss hier überhaupt nicht sein, das passt so! Neben den Früchten entdecke ich dunkle Schokolade und Walnüsse. Wie schon in der Nase hält sich das Holz dezent zurück. Würde ich insgesamt sagen, dass er nicht so komplex wäre, klingt das negativ, daher möchte ich es unkompliziert nennen. Damit mag ich jetzt an einem lauen Herbstabend am Lagerfeuer sitzen und ein Glas nach dem anderen wegschlürfen.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 8
Auch der Abgang ist unkompliziert, aber mehr als mittellang. Hier zeigen sich die Holznoten im Nachhall noch am deutlichsten, aber auch die Bitterschokolade bleibt noch etwas an Gaumen und Rachen.
Preisleistung (0 – 10): 8
Ein Single Cask mit fast einem Vierteljahrhundert Reifung in etwa zum Preis des 25-jährigen Standards. Für mich ist das heutzutage eine der Perlen, die man so gerne sucht.
Gesamtbewertung (0 – 10): 8
Einfach und unkompliziert: Durchgehend 8 von 10 Punkte für mich. Ein Whisky, der in mein aktuelles Beuteschema passt und noch irgendwie ein paar Eindrücke aus einer alten Whiskyzeit transportiert, auch wenn wir bereits 2014 im Whisky-Hypemodus waren. Die Trinkstärke von 45% genügt vollkommen für das rundum gelungene Whiskyerlebnis. Zu diesem gehörte für mich auch die Spurensuche nach der Herkunft. Bei dieser Gelegenheit habe ich wieder etwas dazugelernt und nun mache ich mich auf, weitere Perlen aus dem Whiskyozean zu fischen.