Die Heimat des Genusses
Wer Whisky genießen kann, der ist nicht selten auch anderen Sinnesfreuden zugeneigt. Es muss nicht immer das Lebenswasser im Zentrum stehen. Obwohl natürlich, die Leser unserer Seite wissen das, wo der Genuss seine Heimat findet, der Whisky nicht weit sein kann. Daher haben wir heute die Freude von ganz besonderen Genüssen berichten zu können. Und selbstverständlich gab es auch einen wunderbaren Single Malt.
Schiller’s Manufaktur und der Ruf
Ich habe das Glück schon in einigen ganz hervorragenden Restaurants gespeist zu haben. Doch in Schiller’s Manufaktur in Koblenz war ich bisher noch nicht gekommen. Obwohl diese, wie auch das zugehörige Hotel Stein, einen unzweifelhaft guten Ruf in der Region und darüber hinaus genießen.
Hohe Erwartungen
Es galt also eine Lücke zu füllen. Und zwar nicht nur für mich. Als ich mich im Freundeskreis umhörte, war das Interesse groß. Letztendlich konnte ich einen Tisch für 15 Personen reservieren. So viel sei verraten, wir wurden nicht enttäuscht. Angesichts derart hoher Erwartungen, geweckt durch sehr positive Erfahrungsberichte von Freunden und Patienten, die bereits das Vergnügen gehabt hatten, in Schiller’s Manufaktur und im Hotel Stein gastieren zu dürfen, eine mehr als beachtliche Leistung.
Vorbestellung der Speisen
Ich nahm also die Bestellungen der Teilnehmer auf und gab diese per Mail weiter. In Schiller’s Manufaktur wird gerne passgenau und individuell zugeschnitten gearbeitet, was eine Vorbestellung der Speisen sinnvoll erscheinen lässt. Wir bestellten 8 mal den Phantas-Tisch, ein Überraschungsmenü in 4 Gängen, 6 mal das Frühlingsmenü in 5 oder 6 vegetarischen Gängen und ein mal 3 Gänge von der Karte.
Die Internetseite
„Ein Abend in unserem Restaurant ist einfach viel mehr als nur ein Essen. Hier erleben Sie die perfekte Inszenierung der feinsten Spezialitäten aus Schiller’s Manufaktur. Perfekter Service, eine abgestimmte Begleitung ausgesuchter Weine oder alkoholfreier Alternativen in der besonderen Atmosphäre unseres Restaurants werden Sie begeistern.“, verspricht die Internetseite.
Erste Eindrücke
Nach und nach trafen wir also im Restaurant ein, wo wir vor einer wunderschön dekorierten und eingedeckten Tafel mit einem sehr schmackhaften Sekt und alkoholfreien Alternativen begrüßt wurden. Ein phantastisches Ambiente, ein sehr aufmerksamer, höflicher und zuvorkommender Service und eine Gesellschaft von Freunden, in deren Gegenwart man sich einfach wohlfühlen muss. Sehr gute erste Eindrücke zum Aperetif.
Wein statt Whisky
Nun, und da wir nicht zu einem Whisky-Dinner hergekommen waren, konnten diese auch nicht die Getränkewahl zum Essen trüben. Wein statt Whisky. Wer nicht die Weinbegleitung zum Menü gewählt hatte, folgte den Empfehlungen des Hauses. Im Laufe des Abends fand ein trockener 2020er Riesling von den Schieferterassen aus Trier-Ruwer, ein Pinot Blanc Reserve von Maximin Grünaus und ein Winninger Pinot Noir den Weg in unsere Gläser. Wein ist schon eine echte Konkurrenz für Whisky.
Grüße aus der Küche
Und dann ging es auch schon mit einer Variante von Grüßen aus der Küche los. Beispielsweise Rindertatar auf einem Cracker, ein Spargelcremesüppchen, ein vegetarisches Sushi oder eine Auswahl von Zitrusfrüchten asiatisch gewürzt versprachen Großes für den weiteren Abend. Das Amuse-Gueule hatte für jeden etwas zu bieten.
Das Frühlingsmenü Gang 1
Sodann nahmen die Gänge der verschiedenen Menüfolgen ihren Lauf. Das Frühlingsmenü bot als ersten Gang Frühlingsgemüse und Frühlingskräuter. Parmesan Sphäre, Feldkaviar und Zucchiniblütentempura, mariniert mit Vinegraite aus fermentiertem Gemüsesaft.
Der Phantas-Tisch Gang 1
Bei dem Überraschungsmenü kam im ersten Gang Fisch auf die Teller des Phantas-Tisches. Aber nicht irgend einer, sondern der Edelstein unter ihnen, die Gelbschwanzmakrele als Sashimi. Mit ein wenig Rettich und Meerrettich einfach ein Genuss.
Traditionelles
Aus dem Bereich Traditionelles der Speisekarte hatte der Mitstreiter, der kein Menü gewählt hatte, als ersten Gang Blatt- und Gemüsesalat gewählt. Mit Kürbiskernvinaigrette mariniert und gebratene Jakobsmuscheln.
Das Frühlingsmenü Gang 2
Beim Frühlingsmenü gab es in der Folge ein Onsen-Ei mit Erbsen. Das nach Japanischer Art zubereitete Ei wurde mit Frühlingslauch, Erbsenpüree und glasierten Erbsen, aufgegossen mit Gemüseessenz serviert. Interessant, ungewöhnlich und sehr gut, so das Urteil.
Der Phantas-Tisch Gang 2
Auch beim Phantas-Tisch wurde im zweiten Gang mit Gemüseessenz direkt am Tisch aufgegossen. Und zwar eine Auswahl von verschiedenen Gemüsesorten, allesamt perfekt zubereitet. Für mich tatsächlich das erste mal, dass ich eine so schmackhafte Gemüseessenz verkosten konnte. Großartig! Wäre Gemüse immer so, würde ich mehr davon essen.
Das Frühlingsmenü Gang 3
Darauf frohlockte der Frühling mit Gang 3. Es gab Morcheln und Bärlauch auf einem Nudelnest. Nicht nur in der Natur verheißen gefüllte Nester das Wiedererwachen selbiger.
Traditionelles
Der menülose Gast hatte sich als Hauptgang für die Bouillabaise entschieden. Gebratene Fische, Jakobsmuschel, Languste, Safranfenchel, Bouillabaissefond, Kräuter, Sauce Rouille und Kräuterbaguette.
Das Frühlingsmenü Gang 4
Das Frühlingserwachen hingegen ging mit Gang 4 weiter. Weißer und grüner Spargel eingelegt in Sesamvinaigrette und glasiert, Miso-Reiscreme, Blüten, Umeboshi und Pistazienöl.
Der Phantas-Tisch Gang 3
Als Überraschung gab es im Gang 3 des Phantas-Tisches ein Mieral Perlhuhn, benannt nach Jean Claude Mieral, der für seine Geflügelspezialitäten weltberühmt ist. Nach der Zubereitung wurde es am Stück vor Tisch präsentiert, um sodann in der Küche angerichtet zu werden. Geschmorte Hühnerbrust mit ausgewähltem Gemüse, mitunter Morcheln, ein Gedicht.
Das Frühlingsmenü Gang 5
In Gang 5 des Frühlingsmenüs konnten die Ziegen aus der Eifel – böse Zungen behaupten wir hätten hier reichlich davon – punkten. Es gab Ziegenfrischkäse aus der Eifel mit gerösteten Bucheckern, Bucheckernöl, gebackenen Filoteig und Salzzitrone.
A la carte
Als dritten Gang hatte der Mann ohne Menü a la carte gewählt. Und zwar einen karamellisierten Apfelpfannkuchen mit Vanilleeis und Vanillesauce. Eine Sünde, aber eine, für die man die Hölle gerne auf sich nimmt, so das Urteil.
Akkustisches und olfaktorisches Ambiente
Wie ich hoffe, geben die Bilder im Beitrag, für dessen Platzierung Whiskygraph Hagen verantwortlich zeichnet, nicht nur das ansprechende Aussehen der Speisen, sondern auch das sehr gelungene visuelle Ambiente im Restaurant Schiller’s Manufaktur wieder. Darüber hinaus sind aber auch die akkustische und die olfaktorische Umgebung, in der wir so angenehm essen konnten, positiv anzuführen.
Der Phantas-Tisch Gang 4
Durch den Raum waberten die verschiedensten Düfte aus der benachbarten Küche. Ein Fest der Aromen. Und vor dem vierten Gang unseres Überraschungsmenüs gelang mir tatsächlich ein Treffer bei der Vorhersage. Das Karamellisieren mit dem Brenner war zu riechen. Ich tippte auf eine Creme Brûlée. Die auch dann mit Vanilleeis serviert wurde. Der Nachtisch, den ich stets wähle, wenn er auf der Karte zu haben ist. Traumhaft! Wäre ich im Blind Tasting nur ebenso treffsicher.
Das Frühlingsmenü Gang 6
Für die Frühlingsliebhaber gab es zum Abschluss der Menüfolge ein Valrhona Schokoladendessert mit verschiedenen Nüssen. Ebenfalls ein Traum, wie berichtet wurde.
Weitere Gaumenfreuden
Doch damit noch immer nicht genug. Als Weitere Amuse-Bouche wurde darauf eine süße Dreierkombination gereicht. Mit einer Art Kokos-Vanillecreme-Petite Four, einer Praline und einem Shot aus Kaffee und Licor 43. Ein wunderbarer Ausklang.
Brückenschlag zum Whisky
Was hatte das nun alles mit Whisky zu tun? Mag sich der aufmerksame Leser fragen. Zurecht. Der Brückenschlag kommt ganz am Ende. Nun, den Sherry von der Bodega Lustau hier ins Feld zu führen, der Teil der Weinbegleitung war und auf den sich, so entdeckt, auch die Gäste ohne Weinbegleitung stürzten, wäre etwas zu wenig. An dieser Stelle auch nochmal der Hinweis und der Ruf an die Waffen: Trinkt mehr Sherry, damit die Fässer für den Whisky freiwerden!
Die Whiskyauswahl in der Sterneküche
Daher zunächst einmal grundsätzlich. Was geeignet ist mich beständig mehr als nur zu irritieren, ist die Whiskyauswahl, die man in vielen sehr guten Restaurants oder Hotels angeboten bekommt. Da wird auf jedes noch so kleine Detail wertgelegt, aber die Whiskys sind doch, man mag mir das an dieser Stelle verzeihen, erkennbar ohne größeren Sachverstand zusammengekauft.
In Kneipen
In nicht wenig Kneipen, in denen man nicht auf Toilette gehen sollte, der Boden von Substanzen klebrig ist, die nicht einmal die Spurensicherung noch identifizieren könnte und der Tresen von mehr als 500 Jahren Gefängnis bevölkert ist, wird einem eine bessere und größere Auswahl an Whiskys offeriert, als in so mancher Sterneküche.
Der Whisky im Schiller‘s
Nicht so in Schiller’s Manufaktur im Hotel Stein in Koblenz. Als ich beim Digestiv zum Espresso nach dem Whisky fragte, wurde das für mich beste angeboten. Der Lagavulin 16. Und das ist, was man in einer solchen Umgebung, nach einem so gelungenen Menü und einem perfekten Service auch erwarten darf. Das Beste, was die Standard Whiskys zu bieten haben.
Lagavulin 16
Ja, man darf darüber diskutieren, ob dem wirklich so ist. Man darf das anders sehen. Und man darf die Preisentwicklung bei Diageo und speziell Lagavulin mehr als kritisieren. Doch all jenes ändert nichts an meinem Urteil. Der Lagavulin 16 ist und bleibt das Beste, was es in einer Core Range gibt. Einzig der Springbank 15 könnte da Konkurrenz machen. Aber auch da müsste man natürlich über den Preis reden.
Der bestmögliche Schlusspunkt
Man soll gehen und aufhören, wenn es am schönsten ist. Der Lagavulin 16 setzte den perfekten Schlusspunkt an einem perfekten Abend. Ein Whisky, der mitverantwortlich ist für meine Whiskyleidenschaft und der schon so oft mit von der Partie gewesen ist, wenn es bewegend, tiefsinnig und bedeutsam im Leben geworden ist.
Die Bewertung
Wie nun also den Besuch in Schiller’s Manufaktur im Hotel Stein in Koblenz insgesamt bewerten? Nase 10, Gaumen 10 und Abgang 9,5. In der Whiskybase kommt unser Essen dort auf sagenhafte 96 Punkte. Hier findet nicht nur der Genuss, sondern auch Genießer Heimat.