Am vergangenen Wochenende ging es für die Whiskygraphen Alex, Patrick, Stefan und Hagen ins Brühler Whiskyhaus um erneut den „Tasteful 8“ zu huldigen. Mit den geschmackvollen 8 sind ein paar besondere Whisky-Abfüllungen gemeint, die Marco Bonn im Rahmen der „A Dream of Scotland“ – Reihe abfüllt, allerdings mit der Besonderheit, dass alle acht Whiskys exklusiv jeweils an vier besonderen Abenden samt 4-Gang-Menü verkostet, genossen und anschließend zunächst von den Teilnehmern dieser Tastings vor Ort erworben werden können. Nach dem Erfolg der Auftaktserie im letzten Jahr, war es für uns keine keine Frage: Auch 2023 mussten wir unbedingt dabei sein!
Das Essen war ein Träumchen!
Und um es vorweg zu nehmen: Die seit Monaten andauernde Vorfreude wurde nicht enttäuscht! Es war ein genussvoller Abend mit tollen Whiskys, netten Menschen, unterhaltsamer Performance des Chefs und einem genialen Menü. Wie Patrick abschließend formulierte: „Das Essen war ein Träumchen!“
Die einzelnen Gänge waren perfekt auf die Whiskys abgestimmt. Oder vielleicht auch andersherum, die Whiskys waren glänzend auf die Menüfolge abgestimmt. Es passte einfach!
Cigar Malt 15 Jahre – Ninth Edition
Zu Beginn gab es den 15-jährigen Cigar Malt in der 9. Ausgabe, gereift in Redwine & Sherry Casks. Die Brennerei die dahinter steckt darf an dieser Stelle nicht genannt werden, hat aber 1824 offiziell das Brennrecht übertragen bekommen. Für Patrick einer seiner Favoriten an diesem Abend. Geschmacklich treffend von unserem Whiskyfreund Markus zusammengefasst: Typisch süßer, kräftiger und überladener Marco-Whisky! Was jener trotz schon zu Beginn gut gelaunter Lautstärke im Saal mit seinen spitzen Ohren auch mitbekam und das durchaus als Lob aufgenommen haben dürfte.
Staoisha 9 Jahre
Es folgte der Whisky, bei dem ich, Hagen, persönlich die wenigstens Erwartungen hatte. Unter Staoisha, so wie unabhängige Abfüllungen der Islay-Brennerei Bunnahabhain aus namensrechtlichen Gründen vertrieben werden, kamen in den letzten Jahren unzählig viele Whiskys auf den Markt. Immer irgendwas zwischen 5 und 9 Jahre alt, oft in hoher Fassstärke, beliebig in der Fassreifung und leider auch zu häufig im Geschmack. Ein bisschen Wundertüte halt. Diese Abfüllung hier wurde Marco als heavily peated verkauft. Peated ja, aber das Prädikat heavily konnte der Whisky nicht erfüllen. Trotzdem: Trotz meiner etwas verschnupften Nase empfand ich das Aroma als äußerst kräftig, dabei rund, voluminös und mit einer tollen Mischung von maritimen Noten, Schokolade, Leder, Früchten und Eichenholz. Für mich doch überraschend und damit auch der persönliche Sieger des Abends, eine Flasche musste mit nach Hause.
Die maritime Gestalt des Staoisha passte auch ganz wunderbar zum ersten Gang des Menüs – einem Garnelencocktail mit Aprikose und Belugalinsen. Eigentlich hat nur der Ausblick aufs Meer und eine frische Brise Islay-Gischt gefehlt. Lecker, lecker, lecker!
Williamson 12 Jahre – Vintage 2010
Nicht nur Experten werden mittlerweile wissen, dass hinter der Bezeichnung Williamson Whiskys der Marke Laphroaig stecken. Auch hier werden die Fässer oder der New Make ohne Namensrechte verkauft und zusätzlich noch als teaspooned Blended Malt gehandelt. Natürlich darf ein solcher Whisky auch nur mit dieser Bezeichnung in den Handel kommen, aber Marco hat ausführlich erklärt, warum er der Überzeugung ist, dass es sich höchstwahrscheinlich um einen blitzeblanken Single Malt handeln wird. Aber der Geschmack zählt! Und der passte auch bei dieser Abfüllung, die bei einigen sicherlich eine Spitzenposition im Ranking eingenommen hat.
Pflaumige Süße, typischer Laphi-Rauch, tolle Portweinaromen, die dabei keineswegs überladen wirkten. Richtig gut und lecker und auch für Alex eines der Highlights. Meine Frage, die Markus an Marco stellte, was für ein Portweinfass hier im Einsatz gewesen ist, wurde mit „Ruby“ beantwortet. Interessant, ich hätte auf „Tawny“ getippt, weil mich die süßen Pflaumen gepaart mit Vanille und Karamell dazu verleitet haben. Aber jedes Fass ist anders und so kann man festhalten: Es war ein gutes!
North British 15 Jahre – Vintage 2007
Der einzige Grain Whisky war sicherlich ein wenig der Exot des Abends. Er entpuppte sich auch als klassischer Grain, süß und glücklicherweise nicht überladen von typischen Klebstoffnoten, dafür mit prägnanten Weinaromen aus dem First Fill Rioja Wine Barrique. Und trotz der leckeren Frucht- und Gewürznoten wäre der North British in diesem starken Lineup des Abends ein wenig untergegangen, wenn… ja wenn da nicht die begleitende Hokkaido Kürbissuppe gewesen wäre. Die Süße des Kürbis gepaart mit ein wenig Chili-Schärfe, den geräucherten Kernen und dem samtigen steirischen Kürbiskernöl wurde ganz hervorragend vom Grain Whisky eskortiert. Das Pairing war auf den Punkt!
Bowmore 27 Jahre – Vintage 1989
Wir waren sicherlich nicht die einzigen, denen schon bei der Bekanntgabe der Whiskys die Münder offen standen, als ein 27-jähriger Bowmore angekündigt wurde. Also waren wir auch sehr gespannt darauf, um so mehr, als dass das Jahr der Destillation im Jahre 1989 noch in die Zeit fällt, in denen den Whiskys von Bowmore ein gewisses Veilchenaroma nachgesagt wird. Der mögliche Ursprung des Aromas dieser Pflanzengattung wurde auch von Marco in amüsanter Art und Weise vorgetragen. Waren es bestimmte Hefen, Distillers Soap oder doch ein Zuviel von duftender Flüssigseife, die aus gutem Grunde in der Wash Still gelandet ist? Und irgendwie kamen wir auch auf einen Exkurs von Fehlerkultur in Unternehmen und wie man damit umgehen sollte.
Und dass es zwischen dem Destillationsdatum und dem rechnerischen Abfülldatum noch ein Gap von rund 7 Jahren gibt, bis die Abfüllung es auch im Rahmen dieser Veranstaltung in den Verkauf geschafft hat, fiel mir tatsächlich erst an diesem Abend auf. Schlechte Vorbereitung, mein Fehler! Die Erklärung, dass es wohl nicht selten Hallen voll von nicht abgerufener Ware an Whisky gibt, an die man als Händler bei guten Beziehungen kommen kann, erklärt nicht nur, wo der Whisky all die Jahre stand, sondern auch das relativ gute Preisleistungsverhältnis.
Aber wie schmeckte denn dieser Veilchenwhisky nun? Floral, leichter, angenehmer Rauch, schöne Fruchtaromatik mit maritimen Einflüssen und etwas Salz. Über die Ausprägung von Seife im Geschmack waren wir unterschiedlicher Meinung. Für den einen vielleicht etwas zu viel, für den anderen kaum spürbar. Das war aber nicht nur interessant sondern unterm Strich richtig lecker. Vor allem die Nasenaromatik würde Stefan locker mit 91 Whiskybase-Punkten bewerten. Hat man nicht alle Tage im Glas!
Bruichladdich 16 Jahre – Vintage 2007
Mit kaum weniger Spannung erwartet wurde der Laddie des Abends. 16 Jahre aus dem Oloroso Sherry Butt regen zum Träumen an! Karamellnoten und Popcorn standen im Vordergrund, am meisten diskutiert wurde aber über eine sogenannte Fehlnote: Schwefel! Ja, dieser Laddie hat Schwefel, aber einen von der schönen Sorte „Zündplättchen“. Nicht nur bei Marco kommen da Kindheitserinnerungen von Karnevalpistolen hoch. Und wohl dosiert schmeckt das auch im Whisky.
Flankiert wurde dieser Whisky vom Hauptgang: Heart of Rump mit Burgunderjus, Steinpilz-Risotto und Parmesanchips. Ein Gedicht und in der Kombi unschlagbar!
Miltonduff 17 Jahre – Vintage 2006
Der Whisky mit den größten Vorschusslorbeeren. War doch ein 25-jähriger Longmorn aus Bourbon-Hogsheads im letzten Jahr sowas wie der heimliche Star des Lineups, deuteten die Fakten auf einen wiederholten Sieg eines klassischen und ehrlichen Whiskys aus dem „simplen“ Bourbon Hogshead. Für Patrick war das dann auch der Sieger des Abends und das konnten wir gut nachvollziehen, auch wenn er nicht bei allen in den Top 3 gelandet ist. Tolle Fruchtnoten mit einem Hauch Leder und vor allem einer sehr krassen Kokosnuss in der Nase!
Wenn jedes Bourbon Hogshead so liefern würde wie dieses hier, weniger Menschen würden nach dunklen Sherrysuppen gieren, da bin ich mir sicher. Schön, dass Marco wieder ein tolles Beispiel für Bourbonfassreifung im Lineup hat, ich hoffe, dass das zum Standard wird und im nächsten Jahr wieder eine dabei ist.
Ledaig 17 Jahre – Vintage 2005
Es war zwar nicht der erste Raucher am Abend, aber der letzte. Ein ganz typischer Ledaig: Kuhstall und Rauch. Das Finish in einem Oloroso Sherry Fass brachte die nötige Portion dunkler Früchte mit, die sich hervorragend zum Dessert gesellten. Einem Portwein-Pflaumenkompott mit Karamellparfait und Mandelkrokant. Ein würdiger Abschluss, sowohl in der Menü- als auch in der Whiskyfolge.
Fazit
Was lernen wir daraus? Unbedingt im nächsten Jahr wieder mit dabei sein! Unbedingt!
Wie waren die Whiskys? Insgesamt waren alle 8 Tropfen vom Erlebnis her dichter beieinander als im letzten Jahr. Es gab nicht den einen Sieger. Es war für jeden Geschmack und jede Vorliebe etwas dabei. Es gab Überraschungen und besondere Erlebnisse, die Qualität insgesamt indes war extrem hoch.
Der Chef war trotz abklingender Erkältung sehr gut drauf und hat wieder ein Feuerwerk an Gags und guter Unterhaltung gezündet. Der Abend war von seinem Team wieder perfekt vorbereitet und wir fühlten uns gut umsorgt.
Großes Lob geht an das Catering-Team. Chefkoch Willi hat wieder ein Menü gezaubert, dass an der Sterneküche anklopft. Im Service wurde er von der immer freundlich aufgelegten Tanja unterstützt. Wer die beiden kennenlernen möchte, muss sich nur bei einem passenden Event im Whiskyhaus einbuchen. Wer selber etwas zu feiern hat, sollte sich mal bei Roots Catering am Wilhelm-Spiritus-Ufer, mitten im ehemaligen Regierungsviertel, in Bonn erkundigen.
Vielen Dank an das Team vom Brühler Whiskyhaus, Tanja und Willi sowie alle anwesenden Gäste für einen gelungenen und genussvollen Abend!