In diesem Beitrag erwartet euch ein Rückblick auf den St. Kilian Two sowie ein kleines Experiment mit einem Amaronewein.
Weinfässer
Whisky aus Weinfässern ist derzeit in aller Munde, im wahrsten Sinne des Wortes. Neben den weit verbreiteten und typischen Reifungen aus Ex-Bourbon- und Sherry-Fässern, sind es verschiedene Weinfässer, die bei Whiskyliebhabern großen Anklang finden. Viele dieser Weinfassreifungen gelten als experimentell. Davon ausgehend, dass die Lagerung im Fass in den meisten Fällen den größten Einfluss auf den späteren Geschmack des Whiskys hat, besteht die Kunst darin, die richtige Balance zwischen Brennereicharakter und Fassart zu finden.
Finish oder Vollreifung
Neben Portwein und Sherry, die beides fortifizierte Weine sind, findet man eine große Anzahl verschiedener Fassarten, in denen heutzutage Whisky reifen darf. In den Fässern reiften Weißweine, wie Chardonnay oder der süße Sauternes, Likörweine wie Marsala und Rotweine zum Beispiel Cabernet Sauvignon, Spätburgunder oder Amarone. Teilweise eignen sich die Fässer nur für ein Finish, da eine vollständige Reifung über Jahre oder Jahrzehnte in einem typischen Weinfass, wie zum Beispiel einem Barrique, zu intensiv wäre. Das bedeutet, dass der Whisky den größten Teil seiner Reifezeit beispielsweise in Bourbonfässern verbringt und kurz vor der Abfüllung nochmal einige Wochen oder Monate in ein kräftiges Eichenholzfass einziehen darf, in welchem bereits intensiver Wein gereift ist.
Amarone
Eine sehr kräftige Gattung Wein ist der Amarone. Der Amarone della Valpolicella stammt aus dem gleichnamigen Anbaugebiet östlich des Gardasees und nördlich von Verona in Italien. Grundsätzlich handelt es sich um einen trockenen Wein, der aber wie in Süßwein ausgebaut wird, indem ein Teil der Trauben getrocknet wird. Bei diesem Vorgang, der Appassimento genannt wird, erhöht sich die Konzentration von Säuren und Zucker, während das Wasser verdunstet. Man kann also etwas lax behaupten, dass der Wein fast aus Rosinen gekeltert wird. Durch den hohen Zuckergehalt erhält der Wein auch einen höheren Alkoholgehalt. Auch die Lagerzeit in den Fässern ist bei einem Amaronewein höher. Für die Bezeichnung Classico sind 24 Monate Fassreifung vorgeschrieben, beim Riserva sogar volle 48 Monate. Aber auch 6 Jahre Fasslagerung sind keine Seltenheit.
Das Ergebnis ist in jedem Fall ein besonders vollmundiger, kräftiger, schwerer Wein mit einem akzentuierten und charakteristischem Geruch. Der Name Amarone kommt übrigens vom italienischen Wort für „bitter“: amaro. Auch dieser Fakt ist ein Fingerzeig dafür, dass ein Ex-Amaronefass unter Umständen nicht unbedingt für eine Vollreifung eines Whiskys in Frage kommen könnte. Zu groß ist doch die Gefahr, dass der Einfluss des Eichenfasses mit seinen natürlichen Bitternoten auf den Whisky zu intensiv sein könnte.
Wir hatten schon leckere Whiskys aus Amaronefässern im Glas. Spontan fallen mir der Arran Amarone Cask Finish oder ein Ledaig mit Amarone Finish von Anam na h-Alba ein. An eine Vollreifung in Amaronefässern kann ich mich allerdings bislang nicht erinnern. Zumindest nicht bis die St. Kilian Edition Two auf den Markt kam.
St. Kilian Signature Edition Two
Der St. Kilian Two reifte für gute 3 Jahre vollständig und ausschließlich in ehemaligen Amaronefässern verschiedener Größe: 50 Liter, 225 Liter und 325 Liter in unterschiedlichen Anteilen an der gesamten Abfüllung. Mittlerweile ist der Two nicht mehr erhältlich und mit dem Five steht schon die 5. Edition in den Startlöchern. Bevor aber auch das letzte Drittel meiner angebrochenen Flasche ausgetrunken ist, kam ich auf die Idee eines kleinen Experimentes.
Wir sollten alle viel mehr Wein und Sherry trinken, um den Nachschub mit Fässern für die Whiskybranche sicherzustellen. Also machte es mich in diesem Fall sehr neugierig, auch mal ganz bewusst einen Amaronewein zu verkosten und mit diesem Geschmack auf der Zunge den dazu passenden Whisky zu verkasematuckeln.
Leider habe ich erst im Nachgang festgestellt, dass es bei St. Kilian sogar die zu den Fässern passende Flasche Amarone della Valpolicella zu kaufen gibt. Ein Preis von 40 Euro für eine Flasche Rotwein ist allerdings auch eine stolze Summe, für einen Amarone hingegen keine Seltenheit. Die Hälfte muss man schon hinlegen, großartige Tropfen beginnen bei ca. 30 Euro. Ich habe mir für den Anfang etwas im unteren Preisniveau zugelegt, für meinen persönlichen Geschmack aber darauf geachtet, einen eher trockenen Ausbau zu erwischen.
Doch zunächst hier einige Fakten und Verkostungsnotizen zur St. Kilian Signature Edition Two.
Destille: St. Kilian Distillers
Abfüller: Eigentümer- Abfüllung
Typ: Single Malt Whisky
Land / Region : Deutschland
Alter: 3 Jahre
Fasstypen: Amaronefässer
Alkoholgehalt: 54,2%
Kühlfiltrierung: nein
Färbung: nein
Preis: ca. 42 Euro / 0,5L
Whiskybase ID: 135377
Auge / Anblick, Farbe:
Kupfer.
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 6,5
Süß und fruchtig, leicht alkoholisch. Ein Erdbeerkuchen mit Vanillepudding. Aber auch etwas Stroh und dunkle Früchte. Etwas kräuteriges, würziges, ja sogar leicht müffelndes, gerbstoffbetontes schwingt mit.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 6,5
Ein cremiger Antritt, gefolgt von einer leichten Schärfe und einem vollmundigen Geschmack verschiedenster Beeren und Früchte. Brombeeren, Himbeeren, Kirschen. Ziemlich intensiv süß und etwas vanillig. Die Alkoholstärke ist zwar spürbar, trotzdem auch so süffig, dass man aufpassen muss die Flasche nicht zu schnell zu verschnabulieren.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 6
Der Abgang ist maximal mittellang, eher trocken und leicht nussig.
Gesamtbewertung (0 – 10): 6,5
So süffig könnte der Whisky auch fast als Likör durchgehen. Die Amaronereifung gefällt mir gut, der Charakter eines Whiskys rückt dadurch allerdings etwas in den Hintergrund. Neben dem Geschmack gefällt mir die transparente Angabe der Fassanteile bei St. Kilian sehr gut. Hier kann man ablesen, dass Whisky aus den kleinen 50-Liter-Fässern zu 3% im gesamten Batch enthalten sind und wahrscheinlich für die intensive Süße verantwortlich sind. Die 225-Liter-Fässer machen 36% und die großen 325-Liter-Fässer 61% des Volumens aus.
Das Experiment
Der Amarone hat 15% vol. Alkohol. Geschmack und Nase sind deutlich dominiert von reifen Pflaumen und Vanille. Kräftig und strukturiert auf der Zunge, leichte Bitternoten am Gaumen, vollmundig aber sehr ausbalanciert mild und weich. Trotz der süßen und voluminösen Fruchtigkeit ist der Wein ziemlich trocken, was mir gut gefällt.
Der erste Vergleich auf der Zunge zwischen Wein und Whisky ist ernüchternd. Die Idee, dass man tatsächlich irgendwie bestimmte Geschmacksmuster sofort wiedererkennen würde, verpufft zunächst wie eine Seifenblase. Zu unterschiedlich sind die Getränke und erst recht der Alkoholgehalt – 30% Unterschied sind es. Allein das macht es schwer. Hier fällt mir die beginnende, leichte Schärfe des St. Kilian besonders auf. Einige weinige Noten, Tannine und eher dunkle Fruchtaromen erinnern an den kräftigen Amarone, könnten aber auch von jedem anderen ähnlichen Rotwein stammen.
Mir kommt die Idee den Alkoholgehalt des St. Kilian mit etwas Wasser stark zu verdünnen, um mich dem Rotwein zu nähern. Auf der sehr exakten Gaumenskala liege ich nun bei ca. 40% Alkohol, das Mindestmaß für Whisky. Der scharfe Alkoholgeschmack verschwindet, mit ihm aber auch ein Stück weit die weinigen Noten und Fassaromen. Dafür ist deutlicher der malzige und birnige Geschmack des St. Kilian Brennereicharakters zu erkennen.
Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass die verschiedenen Produkte der Fassvorbelegung, wie Sherry, Portwein oder eben Rotwein, scheinbar kaum auf den ersten Schluck mit dem Whisky zu vergleichen sind, der später im Fass gereift ist. Die Reifung im Fass ist eine andere. Zwar erhält auch ein im Fass gereifter Wein typische Aromen, die vom Holzfass ausgehen, wie zum Beispiel Vanille und Tannine. Hauptsächlich ist aber die Gärung des Weines eine andere, bedingt dadurch, dass im Holzfass mehr Sauerstoff an den Wein kommt, als im Edelstahltank. So machen einige Weine im Holzfass eine sogenannte malolaktische Gärung durch, bei der Säure abgebaut wird und der Wein im Endeffekt körperreicher und cremiger wird. Der Alkoholgehalt des Weines, auch bei höheren Werten wie beim Amarone, hat eher weniger Wirkung auf das Fass. Der Wein entsteht erst im Fass durch die Gärung.
Der viel höhere Alkohol im Destillat, bei einem New Make sind es ca. 65%, dagegen erzeugt noch wesentlich komplexere Prozesse in der chemischen Struktur des Holzes und den im Holz enthaltenen Stoffe aus vorherigen Füllungen. Somit wird man einzelne spezielle Aromen, die ein bestimmter Wein im Holz hinterlassen hat, durchaus erkennen können. Deshalb schmeckt der Whisky aber noch lange nicht nach Wein, da die Vorbelegung nur einen Teil der Aromastoffe beisteuert, die bei der Interaktion zwischen Holz, Destillat und Klima entstehen.
Trotzdem haben mir sowohl der Wein, als auch der Whisky sehr gut gefallen und letztendlich ist das entscheidend. Genießen ist wichtig!
Bezogen auf den St. Kilian bin ich gespannt, ob es in ferner Zukunft eine noch ältere Abfüllung aus einer reinen Amaronefasslagerung geben wird. Wo der TWO noch etwas jugendlich wirkt und insbesondere durch die kleinen 50-Liter-Fässer einen intensiven Geschmack bekommen hat, könnte eine Reifung jenseits von 10 Jahren spannend werden. Ich könnte mir vorstellen, dass da noch etwas auf Lager liegt.