Nein, uns ist da kein Tippfehler im Titel unterlaufen. Der Single Malt Whisky von Waterford wird ohne das E geschrieben, wie es sonst bei irischem Whiskey üblich ist. Nicht die einzige Besonderheit bei dieser Destillerie im gleichnamigen Ort Waterford, am Fluss Suir gelegen. Auch den typischen irischen Pot Still Whiskey wird man hier nicht bekommen. Waterford hat sich komplett dem Single Malt verschrieben. Oder sogar genauer: Dem Single Farm.
Der Boden macht den Unterschied?
Diese Frage durften wir uns bereits bei der 15. FOSM Blindtasting-Challenge stellen, bei der wir zwei New Make-Destillate und zwei gereifte Whiskys von Waterford zum blind verkosten von Peter Moser erhalten haben. Sonst ist das eine der schwersten Aufgaben, Whiskys blind zu erraten, in diesem Falle war es eigentlich eine Steilvorlage – die wir leider nicht angenommen haben, obwohl es doch so nahe lag. Denn den Begriff „Terroir matters“ kannte man bisher nur von Bruichladdich und Mark Reynier, der die Brennerei im Osten der Insel Islay im Jahr 2000 gekauft, vollständig renoviert und im Jahre 2007 wiedereröffnet hat. Unter anderem auch die Verwendung eigener Gerste, die auf Islay angebaut wird, sorgte für einen unglaublichen Erfolg der Whiskys von Bruichladdich in den letzten Jahren.
Eben jenen Mark Reynier verschlug es im Jahr 2014 nun nach Irland, um das nächste Projekt zu starten. Die Waterford Distillery entstand und 2016 wurden die ersten Tropfen New Make destilliert. Diese sind also nun mindestens 3 Jahre alt und dürfen sich somit fortan Whisky nennen.
Das Prinzip des regionalen Anbaus eigener Gerste hat Mark Reynier nun auf irischem Boden weitergetrieben. Insgesamt 46 Farmer beliefern die Distillery mit Gerste, jede Woche wird die Gerste einer anderen Farm zu Destillat verarbeitet. In der Folge ist jedes befüllte Fass geographisch einer anderen Farm zugeordnet und angeblich soll man genau diesen Unterschied schmecken können. Jeder Boden ist anders beschaffen, jede Gegend in der Umgebung hat ihr eigenes Mikroklima aus Luftdruck, Niederschlag und Temperatur. Und 6 der 46 Betriebe liefern sogar Gerste aus biologischem Anbau.
Dass es hier einen Unterschied geben kann erscheint zunächst logisch und viele kennen die Geschmacksunterschiede beim Wein, dessen Reben zum Beispiel auf Blauschiefer oder Quarzit gewachsen sind und sich in einer anderen Mineralität ausdrücken. Auch ein Wein kann mehr oder weniger erdig bzw. mineralisch schmecken. Geologen bestreiten einen Zusammenhang zwischen der Bodenbeschaffenheit und dem Geschmack der darauf gewachsenen Trauben. Und auch im Weinbau macht man keinen Hehl daraus, dass man den Begriff „Terroir“ gerne eher werbewirksam einsetzt. Trotzdem sind lagenbedingte Geschmacksunterschiede deutlich feststellbar. Gilt das auch für Whisky?
Sample-Set von Kirsch Whisky
Bei der Challenge zusammen mit unseren Mitstreitern der Friends of Single Malt konnten wir also schon einen ersten Eindruck gewinnen – und mehr oder minder feststellen, dass sich sowohl Feinbrände, als auch gereifte Whiskys aus ein und derselben Distillery im Geschmack unterscheiden, wenn der Rohstoff Gerste von einem anderen Feld stammt. Das war schon sehr aufschlussreich und lecker, auch wenn uns diese Proben noch nicht vollends überzeugt hatten, was aber auch gerne mal an der Tagesform liegen kann.
Um so schöner war es also, mit einem Sample Paket, welches wir kostenlos von Kirsch Whisky zugeschickt bekommen haben, eine zweite Chance zur Verkostung zu bekommen. Vielen Dank dafür!
Mittlerweile gibt es schon einige Abfüllungen mehr auf dem Markt, im folgenden gibt es ein paar kurze Eindrücke zu den einzelnen, uns zugeschickten Proben.
Single Farms
Single Farm: Ballykilcavan
Barley Grower: David Walsh – Kemmis Laois
Barley: Taberna 2015
Dieser Single Farm Whisky durfte 1.387 Tage reifen, wurde mit 50% abgefüllt und ist eine Fasskomposition aus American Oak-, French Oak- und VDN-Casks. VDN steht dabei für Vin Doux Naturel – einem französischen, aufgespriteten Süßwein.
In der Nase karamellig nach Werthers Echten, aber auch fasslastig. Ein cremiger Antritt am Gaumen, samtig und weich, allerdings setzt sich eine bestimmte Bitterkeit durch. Typische Vanille- und Karamellaromen aus dem American Oak deuten sich süß an, aber die französischen Fässer setzen sich durch. Leicht trocken und – wir nannten es zunächst korkig, dann erdig – gestaltet sich der Abgang. Gefällt uns ganz gut!
Single Farm: Bannow Island
Barley Grower: Ed Harpur – Wexford
Barley: Overture 2015
Nach 1.322 Tagen durfte dieser Single Farm aus verschiedenen Fässern komponiert ebenfalls mit 50% in die Flasche. Zu den French Oak- und VDN-Fässern gesellen sich hier neben dem American Oak noch American NEW Oak Fässer. Die Anteile der Fassarten ändert sich auch prozentual im Gegensatz zum Ballykilcavan, was wunderbar transparent angegeben wird. Das finden wir sehr interessant und gut.
Süße und malzige Aromen stehen direkt in der Nase. Getreidig wie ein Porridge mit warmem Obst. Im Mund entfaltet sich zunächst eine deutliche Holzbitterkeit, vermutlich durch das frische American Oak. Dabei hält sich eine malzige Süße am Gaumen. Diese Kombination gefällt uns richtig gut. Gefährlich gut. Auch der Abgang ist angenehm, leicht würzig, aber weiterhin eher süß und süffig.
Selbe Anlage, selbes Brennverfahren, ähnlich lange Reifezeit und vergleichbare Fassauswahl und trotzdem sind das vom Charakter her ganz verschiedene Whiskys. Wenn man uns das mit dieser Probenauswahl der ersten Releases zeigen wollte, das war gelungen. Die transparenten Angaben zur verwendeten Gerstensorte, der Farm auf der sie angebaut wurde samt Geodaten, die Fasszusammenstellung, taggenaue Reifezeit sowie Destillations- und Abfülldaten und neben den üblichen Volumenprozenten, auch noch die Angabe darüber mit welchem Alkoholgehalt die Fässer befüllt wurden, sind vorbildlich und machen dem Whiskyliebhaber Spaß.
New Make
Das Vergnügen den New Make einer Distillery verkosten zu dürfen hat man nicht alle Tage. Schön, dass wir auch hierzu Gelegenheit bekommen haben. Besonders interessant dürfte sein, ob man den „Téireoir“-Unterschied denn komplett ohne Fasseinfluss herausschmeckt.
Single Farm: Groveside
Barley Grower: John N. Cousins – Wexford
Barley: Olympus 2017
Süße und Frucht pur, ein wahrer Fruchtkompott und frische Landwirtschaft in der Nase! Auch im Mund total aromatisch und trotz der heftigen 71,52% gut zu trinken.
Single Farm: Meadow Lodge
Barley Grower: Brian Kenny – Galway
Barley: Olympus 2017
Selbe Gerstensorte, andere Farm, laut Geodaten wirklich einige Kilometer voneinander entfernt. Der New Make? Anders! Nicht so süß und dafür viel würziger in der Nase. Im Geschmack zeigt er sich auch fruchtig, aber wesentlich erdiger und mineralischer.
Auf das Fass kommt es an?
Die gängige Meinung ist, dass der Einfluss des Fasses auf den Whisky ca. 80% des Geschmacks ausmachen. Wissenschaftlich bestätigt ist diese Zahl wohl nicht und es gibt genügend Beispiele an Whiskys, bei denen das Fass wesentlich weniger Einfluss hatte und solche, bei denen man nach der Fassreifung nicht mehr im Ansatz den Destilleriecharakter erkennen könnte. Das Konzept Waterford zeigt auf, dass es eventuell doch einen größeren Unterschied macht, was für ein Rohbrand ins Fass gelangt. Wie interagieren erdigere oder mineralischere Aromen über die Reifezeit mit dem Fass? Eine spannende Frage! Hat das Auswirkungen auf das Endprodukt? Ganz sicher sogar. Ist das messbar? Wohl eher nicht, denn auch jedes einzelne Fass ist ein Unikat und Naturprodukt und wirkt sich unterschiedlich auf den Whisky aus. Auf jeden Fall ist genug Diskussions- und Verkostungspotential für den Whiskyliebhaber vorhanden, also ausprobieren!