Frisch aus der Alchemisten-Küche erreichte mich ein Sample-Päckchen von meinem Freund Sebastian Büssing aka The Spirits Alchemist. Wochenlang hatte er sich zuvor in seinem Labor verkrochen, gerührt, gemischt, experimentiert, sublimiert und legiert. Nach dem Stein der Weisen sollten nun neue Tinkturen zur Veränderung der Welt entstehen. Der sorgfältige Umgang mit Destillations-, Extraktions- und Sublimationsapparaturen will gelernt sein, aber sein Können hat der Alchemist schon früh mit dem „Des Kumpels Schichtglück“ unter Beweis gestellt.
Das Ergebnis war nicht bloß ein Opus magnum, ein großes Werk. Nein, gleich drei neue Werke sind das Ergebnis aus Destillation, Coagulation, Tinctura und Multiplikation. Als Ausgangsstoffe dienten Pilsbock, Glühwein und Lakritz. Eine Vereinigung des Begrenzten mit dem Unbegrenzten. Was erwartet uns? Ich habe gekostet!
Alchemic Christmas – A True Festive Malt
Grundlage für dieses weihnachtliche Werk ist ein Single Malt der unter dem Namen StrathEnry in der InchDairnie-Destillery in den schottischen Lowlands hergestellt wird. Interessant – von dort hatte ich noch nichts im Glas. Die Destillerie ist eine von den vielen neu entstandenen Distillerys in den Lowlands und produziert bereits seit 2015 heimlich, still und leise Whisky. Dieser Whisky durfte in einem First Fill Bourbon Fass reifen, eher der Alchemist ihn für 8 Monate für ein Finish in ein Glühwein-Fass schickte. Ich kaufe ja grundsätzlich vor dem ersten Advent keine Weihnachts-Süßigkeiten, auch wenn diese schon seit August im Supermarkt stehen. Und dem Glühwein habe ich auch größtenteils abgeschworen, aber meine Neugier ist geweckt!
Nase / Geruch, Aroma:
Wow, das riecht tatsächlich nach Weihnachten! Nelken, Piment, Zimt, Sternanis! Lebkuchengewürz und Vanille-Sauce. „Denn Äpfel, Nuß und Mandelkern essen fromme Kinder gern.“ Spontan muss ich an das Gedicht Theodor Fontanes denken, dass ich in Kindertagen oft hörte. Aber ich vermute, dem Knecht Ruprecht begegne ich eher gleich beim Lakritzwhisky.
„Alter Gesell, hebe die Beine und spute dich schnell!“ Ja ja, ich mache ja schon weiter. Die weinige Note macht mir jetzt auch Lust auf das Weihnachtsessen. Ich denke, ich muss probieren.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz:
Im Antritt zunächst die volle Fracht an weihnachtlichen Gewürzen, dann wird es süß, vanillig und cremig um die Zunge, ehe sich ein Bratapfel am Gaumen bemerkbar macht. Mit fast 58% Alkoholgehalt ist das wirklich eine wahre Weihnachtsbombe, lässt sich aber mehr als angenehm, auch unterm Weihnachtsbaum, trinken. Lowlands-Whiskys sind eher mild? Nicht, wenn der Alchemist seine Finger im Spiel hatte!
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang:
Erstaunlich lang bleiben Nelke und Zimt am Gaumen. Ein einfacher Glühwein ist nicht so nachhaltig. Ein wunderbarer Geschmack der bleibt und ich habe jetzt Hunger auf Lebkuchen.
Fazit: Ich bin in Weihnachtsstimmung! Der Glühwein dominiert zwar ganz klar den Whisky mit seinem Portfolio an Aromen, aber der Grundwhisky mit seinen Aromen von Vanille und Apfel trägt das ganze Konstrukt wunderbar. A true festive malt! Glühwein selbst ist mir persönlich mittlerweile zu süß, in Whiskyform ist er wunderbar!
Transmutatio Fumus Cupam – „Des Adepten Meisterwerk“
Und wieder Premierenalarm für mich – und das gleich zweimal! Grundlage für diese flüssige Transformation ist ein deutscher 4-jähriger Whisky der Marke „Hillock Park“ aus der deutschen Brennerei Habbel, hier sogar in der rauchigen Variante. Und Whisky, der ein 6-monatiges Finish in einem mit einer handgefertigten Lakritzspirituose präpariertem Fass erhalten hat, hatte ich garantiert noch nicht. Ich hätte auch nicht im Traum daran gedacht, um ehrlich zu sein. Alchemistische Vorgänge stehen für die Entwicklung des Menschen, durch Leiden, Tod und gewandelte Auferstehung des Adepten zu einer neuen, göttlichen Existenz. Vielleicht ist dies die erlösende Universalmedizin? Lass es uns probieren!
Nase / Geruch, Aroma:
Statt der erwarteten HARIBO-Lakritzschnecke nehme ich nur Gummi wahr, verbranntes Gummi. Motoröl und tatsächlich auch etwas Salmiak. Aber auch sehr maritime, salzige Noten mit deutlichem Rauch.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz:
Und der Antritt ist auch salzig – und süß an der Zungenspitze und an den Zungenseiten, wie die salzige Heringe von Katjes (weil ich oben HARIBO erwähnte). Dann entwickelt sich im Mundraum der typische Süßholz- und Salmiakgeschmack. Mein Opa hatte früher oft Salmiakpastillen in der Tasche, an die ich spontan denken muss. Ein sehr süßer Rauch trägt den ganzen Geschmack und am Gaumen habe ich jetzt auch die Lakritzschnecken, die samtig und süß sind und so gerne zwischen den Zähnen hängen bleiben. Aber halt auch diese brennenden Autoreifen. Wer mal bei Tom Zemann von „Whisky in Wiesbaden“ auf irgendeiner x-bliebigen Whiskymesse den Balcones Brimstone trinken „durfte“, weiß was ich meine.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang:
Im Nachhall bleibt es salzig und süß-rauchig. Die deftigen 63,9% wärmen noch lange die Speiseröhre auf und der Lakritzgeschmack bleibt insgesamt noch lange im Mundraum. Ein Mineralwassertasting sollte man anschließend nicht mehr machen.
Fazit: Absolut Geschmackssache! Aber auch sicher einmalig. Der zugrundeliegende Whisky macht sich am deutlichsten durch den Rauch bemerkbar. Muss man mal probiert haben? Ich sage ja, denn das schmeckt! Außerdem wurde bei Lakritz in verschiedenen Untersuchungen eine antivirale Wirkung nachgewiesen, unter anderem gegen Coronaviren. Ist das die Erlösung?
Des Kumpels flüssige Prise
Hier haben wir es ebenfalls mit einem 4 Jahre alten Hillock Park aus der Brennerei Habbel als Ausgangsstoff zu tun, der in einem Amarone-Fass lagerte. Der Alchemist überführte diesen Whisky anschließend für 6 Monate in ein Pilsbock-Fass der Brauerei Moritz Fiege aus Bochum. „Des Kumpels Prise“ nannte man einen Schnupftabak, der mit seinem würzig-süßen Aroma den Kumpels zu Zeiten den aktiven Bergbaus im Ruhrgebiet den harten Arbeitstag unter Tage etwas versüßen konnte. Da Rauchen aufgrund der Gefahr für Grubengasexplosionen unter Tage verboten war, wurde der Konsum von Schnupftabak zu einer beliebten Tradition. An das süß-würzige Aroma möchte Sebastian nun mit der flüssigen Variante der „des Kumpels Prise“ anknüpfen.
Nase / Geruch, Aroma:
Das ist ganz süßes Malz, welches zuerst die Nase erreicht. Glutrauch und reife Früchte dominieren die Aromen. Ich stehe dabei gedanklich in einem kühlen Bierkeller während die Holzfässer vor sich hinglühen.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz:
Süß und gefällig umschmeichelt er die Zunge, dann setzt aber unvermittelt der feurige Rauch ein. Auch das weitere Bouquet an Aromen entfaltet sich leicht verzögert im Mundraum und bietet neben den sehr reifen Früchten auch eine kleine Hopfennote und Karamell.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang
Vor allem der Rauch halt lange nach, am Gaumen verbleiben dazu noch bittersüße Noten.
Fazit: Die Idee aus der Kombination von Amarone- und Bierfässern etwas süß-würziges zu erschaffen kann man als gelungen bezeichnen. Kräftig und rauchig ist das Endprodukt ebenfalls. Das macht die Kumpels glücklich, unter und über Tage.
Vielen Dank, Sebastian, für die Samples! Ich hatte wirklich viel Spaß und Genuss damit – und bin um einige Geschmackserfahrungen reicher. Mein Favorit ist der Glühwein-Whisky. Mach weiter so!
Neue Allheilmittel von The Spirits Alchemist - Panaceum, Orchard und The Ambassador's Cask Selection - Whiskygraphie
[…] gekonnt zusammengefügt vom Alchemisten. Nicht ganz so experimentell und Aroma lastig wie bei Sebastians weihnachtlichem Whiskytriple. Dafür ausgewogener und mit Finishes die auf ihre spezielle Art den Whisky unterstützen und nicht […]