Der Frühling ist im vollen Gange, die Natur explodiert, die Abend und Nächte werden lauer. Auch den Lenz sollte man mit allen Sinnen genießen. Darum schnapp ich mir zum Feierabend noch ein Bier und die neueste Abfüllung von „The Barreliers“. Die Barreliers, das sind die beiden whiskybegeisterten Brüder Alex und Chris Hayn aus Berlin, die es sich zur Passion gemacht haben eigene Fässer in die Flaschen zu bringen. Bereits verkostet habe ich ihren Miltonduff, der mir ganz gut gefallen hat. Die beiden waren so freundlich unserem Blog ein kostenloses Sample zur Verkostung zur Verfügung zu stellen. Vielen Dank dafür!
Whiskybroker
Wie kommt man überhaupt an so ein Fass Whisky? Nun ja, in der heutigen Zeit nur sehr, sehr schwierig. Wir diskutierten erst kürzlich in einer unserer Videokonferenzen zu Corona-Zeiten mit einigen Whiskyliebhabern und Fachleuten darüber. Die meisten Brennereien gehören zu den diversen, bekannten Großkonzernen, unter deren Ägide die regulären Vertriebswege fest definiert sind. Zudem läuft das Geschäft mit eigenen Single Cask – Abfüllungen blendend. Apropos blendend – auch in die Blended Whisky Industrie werden ein nicht unerheblicher Anteil Fässer geliefert. Und dann gibt es ja auch noch viele sehr renommierte unabhängige Abfüller, die tagtäglich darum bemüht sind, die besten Fässer für sich zu gewinnen. Da bleibt für den Whiskybroker, den Makler, nicht mehr so viel übrig – kein leichtes Business!
Wie hat also ein kleines 2-Mann-Unternehmen überhaupt eine Chance an spannende Fässer zu kommen? Die Lösung: Glück, ein gutes Näschen und extreme Schnelligkeit!
Teaninich
Die Brennerei Teaninich liegt in den nördlichen Highlands in der Nähe von Dalmore und Glenmorangie. Sie gehört zum Diageo-Konzern und der Großteil des 2,6 Mio. großen Produktionsvolumens wird in Blends eingesetzt, zum Beispiel als Hauptkomponente von Johnnie Walker. Als einzige Standardabfüllung der Destillerie gilt ein 10-jähriger Single Malt aus der Flora & Fauna – Serie von Diageo. Weiterhin gibt es auch einige andere unabhängig abgefüllte Whiskys, zum Beispiel von Signatory Vintage oder Coopers Choice.
Ein Whisky, den man so also nicht alle Tage bekommt. Lasst uns ihm ein wenig Zeit widmen.
Distille: Teaninich
Abfüller: The Barreliers
Typ: Single Malt
Land / Region: Schottland/Highlands
Alter: 6 Jahre
Abgefüllt: 2020
Fasstypen: Hogshead
Flaschenanzahl: 295
Alkoholgehalt: 61,2 %
Kühlfiltrierung: Nein
Färbung: Nein
Preis: 46,90 Euro
Whiskybase ID: 153598
Auge / Anblick, Farbe: Heller Riesling
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 6
Frische Hefe, helle Früchte, Aprikosen, Mirabellen, Birnen und etwas süßes in der Nase – an was erinnert mich das? Das ist Aprikosenmarmelade! Das getreidige und malzige erinnert aber auch an ein Frühstücksporridge oder den herzhaften Frühstücker an ein IPA-Bier. Insgesamt sehr frisch! Gedanklich bin ich bei einem frisch destillierten New Make – im besten Sinne! Bei gerade 6 Jahren Fassreifung stehen die Chancen gut, dass hier noch viel vom Destillerie-Charakter vorhanden ist.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 5
Getreidig, malzig, leicht süß und etwas holzig auf der Zunge. Der Gaumen spiegelt wieder, was die Nase erahnen ließ. Der Fasseinfluss stellt sich tatsächlich als noch ziemlich gering heraus.
Gerade ein Hogshead ist immer eine gewisse Wundertüte oder wie Forrest Gump sagen würde: Ein Hogshead ist wie eine Schachtel Pralinen – man weiß nie, was man bekommt. Fässer aller Art werden in Einzelteilen aus aller Welt nach Schottland verschifft, wo sie in Küfereien wieder zusammengesetzt werden. Bei den sehr gebräuchlichen Hogsheads werden, im Gegensatz zum Originalfass, einige Dauben mehr eingesetzt, um ein größeres Fass bei gleichbleibender Stabilität zu erhalten. In den meisten Fällen bestehen Hogsheads aus Ex-Bourbon-Barrels. Da es bei der Arbeit und beim Transport aber auch immer wieder zu Bruch kommt, verbleiben eine bestimmte Menge Restdauben verschiedenster Fassarten, die schließlich auch wieder zu Hogshead zusammengebaut werden. Dadurch können in einem Fass nicht nur Teile von Ex-Bourbon-, sondern auch von Ex-Sherry- oder Portwein-Fässern enthalten sein. Das macht einerseits den Reiz aus. Wer aber eher wissen will, was er bekommt, sollte gezielt nach definierten Bourbon- oder Sherry-Hogsheads Ausschau halten.
Zurück zum Whisky: Die 61,2% sind kräftig, aber erstaunlich gut trinkbar. Trotzdem versuche ich es mit einem ordentlichen Spritzer Wasser und muss feststellen, dass nicht nur die Nase wesentlich fruchtiger wird, sondern sich auch im Geschmack deutlich Zitrusnoten bemerkbar machen. Interessant ist auch, dass das Mundgefühl sahniger wird.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 5
Der Abgang ist kurz und knackig, hinterlässt ein paar leicht bittere Holznoten und ein wenig Malz klingt nach.
Preisleistung (0 – 10): 7
Ein Preis von 48,90 Euro für eine 6-jährige Einzelfassabfüllung einer eher selten abgefüllten Destille ist fair, da kann man nicht meckern.
Gesamtbewertung (0 – 10): 5,8
Fazit:
Ja so ein wenig ratlos lässt der Teaninich einen doch zurück. Bei 6 Jahren Reifezeit aus einem rund 250 Liter großen Holzfass erwartet man nicht unbedingt ein Komplexitätsfeuerwerk. Allerdings ist es auch erstaunlich, wie wenig Einfluss das Fass in dieser Zeit auf den Spirit genommen hat. Das kann von der vielfachen Verwendung des Fasses bis zum Lagerort oder der Temperatur die verschiedensten Gründe haben. Das ganze ist aber auch richtig interessant! Denn der noch junge Whisky schmeckt doch ganz gut, das Destillat ist von höchster Güte und man kann sich mit dem Charakter der Destillerie Teaninich auseinandersetzen und etwas mit ein paar Tropfen Wasser spielen. Im übrigen hat mir die Kombination aus dem Single Malt mit einem herb-frischen Pils an einem lauen Frühlingsabend sehr gut gefallen – jetzt darf auch gerne der Sommer kommen.