Die Beliebtheit von hochwertigem Single Malt ist weltweit ungebrochen und den meisten Liebhabern des Lebenswassers wird nicht verborgen geblieben sein, dass die Passion zum Produzieren von hervorragendem Whisky nicht an den rauhen Klippen Schottlands und Irlands halt gemacht hat. Mittlerweile werden in den entlegensten Ecken der Welt erstklassige Single Malt Whiskys hergestellt, die bereits etliche Herzen von Kennern für sich gewinnen konnten. Manchmal muss man sich allerdings gar nicht so weit vom Mutterland des uisge beatha entfernen, um Destillerien zu finden, die mit großer Hingabe Whisky produzieren. Bei Skandinavien denken viele wahrscheinlich zuerst an Ikea, Smörrebröd, Akvavit oder Elchblut. Und während Mackmyra aus Schweden Whiskykennern vermutlich noch ein Begriff ist, fliegen viele andere junge, kleine Destillen auf der skandinavischen Halbinsel noch etwas unter dem Radar der Whiskycommunity.
Mit dem Ziel daran etwas zu ändern und der Whiskywelt die kleinen Destillerien Skandinaviens näher zu bringen, betreibt Helge Wiemann den Online Shop „Skandinavischer Whisky“.
Wenn man sich mit dem Thema weltweiter Whiskys beschäftigt, hat man das Problem, dass die Auswahl einen fast erschlägt, was bei schottischem Whisky nicht viel anders ist, die Qualität und Machart allerdings stark variieren und man bei vergleichsweise hohen Preisen schnell Gefahr läuft eine Enttäuschung zu erleben. Um nicht nur den Werbeversprechungen der Marketingstrategen Glauben schenken zu müssen, helfen Reviews und Verkostungsnotizen anderer Whiskyliebhaber weiter, im besten Falle kann man sogar ein Sample ergattern. Im Falle der Skandinavier muss man aber feststellen, dass beides, hilfreiche Bewertungen und die Verfügbarkeit von ausreichend Samples, noch kaum vorhanden sind. Hier kann glücklicherweise Helge Wiemann weiterhelfen, da man in seinem Shop Samplepakete aller Whiskys bestellen kann, um die bislang relativ unbekannten Destillate vorab für kleines Geld zu probieren.
Netterweise wurde uns von ihm ein kleines Samplepaket zur Verfügung gestellt, welches ich auch gerne zusammen mit dem Whiskygraphen Patrick umgehend verkostet habe. Unsere Eindrücke sowie Recherchen zum Thema skandinavischer Whisky möchte ich im Folgenden in Form von drei Whiskygrammen vorstellen. Wir behaupten unabhängig zu sein, bleiben auch dabei und geben daher auch unsere ehrliche Meinung wieder. Die Empfehlung für Helge’s Onlineshop geben wir folglich auch gerne weiter.
Was die Whiskys angeht haben wir uns bemüht sie nicht mit den schottischen Pendants zu vergleichen. Alleine vom Know-how und der Produktionskapazität her wäre das ein ungerechter Vergleich. Wir sind der Meinung, dass jede Destille einer Region mit den vor Ort vorhandenen Rohstoffen, mit einer Idee und mit Passion, gerne nach schottischem Vorbild, Whisky herstellen sollte, der eine eigene Identität besitzt. Wir werden sehen, ob dies bei den folgenden drei Skandinaviern gelungen ist.
1. Nordmarkens „Initium“
Initium ist lateinisch und bedeutet der Anfang. Und mit diesem Whisky startete eine kleine Gruppe von jungen Geschäftsgründern aus Schweden ihr Sortiment, vorerst als unabhängige Abfüller. Denn dieser Whisky wurde noch nicht in der eigenen Brennerei destilliert, sondern zwischen 2011 und 2012 in der ebenfalls schwedischen Distillerie Grythyttan Whisky AB. Der erste eigene New Make floss Ende 2016 aus den Brennblasen, reift also noch in den verschiedensten Fässern und wartet darauf richtig Whisky genannt werden zu dürfen. Für den Initium wurden mehrere kleinere Sherryfässer (50-100 Liter) mit rauchigem und nicht rauchigem Whisky Ende 2015 aufgekauft und zum Finishing in einem größeren Ex-Bourbonfass von Makers Mark vermählt. Ende 2016 abgefüllt kommt man also auf ein Alter von gut 4 Jahren. Sherry- oder Bourbonfass – welches wird die Aromen des Whiskys dominanter beeinflusst haben?
Distille: Grythyttan Whisky AB, Schweden
Abfüller: Nordmarkens Distilleri AB
Typ: Single Malt Whisky
Land / Region: Schweden
Alter: 4 Jahre
Fasstypen: Ex-Sherryfässer und Ex-Bourbon
Flaschenanzahl: 400
Alkoholgehalt: 48%
Kühlfiltrierung: nein
Färbung: nein
Preis: 65 Euro
Whiskybase ID: 84096
Auge / Anblick, Farbe:
Bernstein
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 7,5
Erster Gedanke: Der ist nicht einfach, es gibt viel zu entdecken. Vordergründig erkennt man getrocknete Orangenscheiben und einen getreidigen Duft, bei dem ich, vielleicht auch, weil ich weiß, dass es sich um einen Schweden handelt, an Knäckebrot denken muss. Das Eichenholzaroma ist eher dezent, aber ganz typisch für Bourbonfässer vanillig. Daneben gibt es noch eine Kräuternote, vielleicht frischer Estragon aus dem Garten und ein Duft nach einem mit Veilchen und Kräutern ummantelten, geräucherten Schinken, Rauch ist aber, wenn überhaupt, nur ganz leicht zu vernehmen. Nach einem Weilchen im Glas entdecken wir noch ein gewisse Nussigkeit und einen Hauch von frischer Butter. Für dieses vielfältige Erlebnis vergeben wir gut und gerne 7,5 Punkte.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 6,5
Auf der Zunge entfalten sich sofort Kräuter, das Mundgefühl ist trocken mit einem gewissen Catch von weißem Pfeffer. Unmittelbar macht sich auch die Haselnuss bemerkbar, die wir eben noch in der Nase hatten. Am Gaumen schmeckt man nach dem ersten Schluck eine gewisse Bitterkeit, die aber ab dem 2. Schluck und mit jeder weiteren, vergangenen Minute mehr und mehr einem ziemlich typischen, süß-vanilligen Bourbonfassaroma weicht. Die 48% sind nun milder und wunderbar zu trinken. Nicht ganz so vielschichtig wie die Nase, aber sehr lecker. 6,5 Punkte.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 6,5
Der mittellange Abgang ist weiterhin trocken und geprägt von leicht bitterer, aber milder Eiche. Passt genau zum Gesamteindruck und ist stimmig.
Gesamtbewertung (0 – 10): 7
Ein leckerer Malt bei dem es vor allem in der Nase viel zu entdecken gibt. Im Mund bleibt der pfeffrige Antritt in Erinnerung, welcher sich aber mit ein wenig Zeit in eine mildere Bourbonsüße wandelt. Diese leichte Schärfe ist eventuell auf die kleine Fassgröße von nur 50 Litern Fassungsvermögen zurückzuführen, da im Flächenverhältnis der Einfluss der Fasswand auf den Rohbrand viel größer ausfällt als bei größeren Fässern. Auch das trockene Mundgefühl lässt auf einen recht hohen Gehalt an Tanninen schließen. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt, um den Whisky nicht zu lange reifen zu lassen, es eröffnet sich einem aber die Möglichkeit, Whiskys in kürzerer Zeit zu entwickeln. In diesem Fall gerade noch gut gegangen und man darf gespannt beobachten, was das Team von Nordmarkens zukünftig noch herausbringen wird.
2. Trolden „Nimbus No. 4“
Trolle heißen Trolden auf dänisch und Trolden Bryghus ist eine in der Nähe des Kolding Fjord gelegene Brauerei mit angeschlossener Destille in Dänemark. Nimbus kommt aus dem Lateinischen, heißt wörtlich übersetzt etwa „Regenwolke“, bedeutet aber Ruhm und Glorie, in der Regel wird aber ein Heiligenschein so bezeichnet. Bereits der erste Whisky der Destille, der im Jahr 2014 erschienen ist, trug den Namen Nimbus. Vielleicht ein wenig hoch gegriffen. Nimbus kann aber auch einfach nur Reputation bedeuten, welche man sich mit dem Whisky erarbeiten möchte. Ein erster Achtungserfolg ist die Auszeichnung des Nimbus No. 4 von Jim Murray in seiner Whisky Bible mit satten 94 von 100 Punkten. 5 Jahre Reifezeit in Ex-Sherryfässern klingen nach sicherer Bank, schauen wir uns das doch mal genauer an.
Distille: Trolden Distillery
Abfüller: Originalabfüllung
Typ: Single Malt Whisky
Land / Region: Dänemark
Alter: 5 Jahre
Fasstypen: Ex-Sherryfässer
Flaschenanzahl: 294
Alkoholgehalt: 46%
Kühlfiltrierung: nein
Färbung: nein
Preis: 80 Euro
Whiskybase ID: 105280
Auge / Anblick, Farbe:
Dunkles Gold.
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 7
Auffallend ist sofort die kühlende Wirkung ätherischer Öle in der Nase, ein leicht harziges Aroma, dass an Rezina oder den ein oder anderen Aquavit erinnert, dazu Rosen und Kräuter. Besonders gefällt aber eine schöne fruchtig-säuerliche Note wie Sanddorn. Leicht ungewöhnlich, aber sehr interessant und uns 7 Punkte wert.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 7
Die ätherischen Öle, die so primär in der Nase aufgefallen sind, findet man auch in der Form von Kräutern, wie Rosmarin oder Thymian, auf der Zunge wieder. Die leicht harzige Note wandelt sich zu grüner Walnuss und recht viel Würze. Aber auch Karamell und eine leichte Süße sind zu schmecken. Überraschend und sehr schmackhaft!
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 6,5
Den Abgang kann man gerade noch als mittellang bezeichnen, einiges an Holzaromen und überraschenderweise die Assoziation zu Pfeifentabak verbleiben am Gaumen.
Gesamtbewertung (0 – 10): 7
Die Aromaüberaschung aus dem Sherryfass. Hier wäre es interessant zu wissen, welche Art Sherry zunächst in diesem Fass schlummerte und die wie vielte Befüllung hier erfolgte. Die Balance zwischen den kräuterwürzigen und fruchtig-säuerlichen Aromen ist auf jeden Fall mal eine Geschmacksprobe wert und vielleicht war diese auch der Antrieb für Mister Murray auf diesen Tropfen aufmerksam zu machen.
3. Fary Lochan „Forar“
Seit einigen Jahren wird auch in Farre, einem kleinen Dorf im Herzen von Jütland, in der kleinen Destillerie Fary Lochan Malt Whisky nach schottischer Tradition hergestellt. Das Sortiment umfasst verschiedene Abfüllungen aus Sherry- und Bourbonfässern, welche die vier Jahreszeiten repräsentieren. Hier bekamen wir die Gelegenheit Forar zu verkosten, den Frühling.
Distille: Fary Lochan
Abfüller: Originalabfüllung
Typ: Single Malt Whisky
Land / Region: Dänemark
Alter: rechnerisch 4 Jahre, deklariert 5 Jahre
Fasstypen: Ex-Bourbonfässer mit einem Finish im Laphroaig-Fass
Flaschenanzahl: 1.500
Alkoholgehalt: 47%
Kühlfiltrierung: nein
Färbung: nein
Preis: 70 Euro
Whiskybase ID: 93938
Auge / Anblick, Farbe:
Gold.
Nase / Geruch, Aroma (0 – 10): 8
Die Gerste für diesen leicht rauchigen Single Malt wurde nicht über Torf, sondern über Brennnesseln geräuchert. Ein Aroma das sicherlich bislang einzigartig ist und in der Nase keinen Zweifel daran lässt, dass man hier eine Rarität im Glas hat. Das Glas ist voll von frischen Aromen nach Lauch, Frühlingszwiebeln und frischem Heu. Richtiger Islay-Rauch, wie man ihn als Ergebnis vom Finish im ehemaligen Laphroaigfass vermutet hätte, findet sich nur ganz tief im Glas. Dazu gesellt sich ein süßlicher Zitrusduft, den man in der Nase hat, wenn man in der späten Wintersaison eine große Honeypomelo schält. Ein Vabanquespiel zwischen den Jahreszeiten, letztlich mit dem besseren Ende für den Frühling. Bei der Namensgebung hat sich man sich also etwas gedacht. Aufgrund der Einzigartigkeit gibt es hier 8 Punkte.
Mund / Geschmack, Körper, Konsistenz (0 – 10): 7
Kräftiger Antritt, der gute Tropfen wird als leicht beschrieben, schiebt aber recht ordentlich Geschmack auf die Zunge. In einem Blindtasting würde ich dem Forar wahrscheinlich mehr als 50% zutrauen. Dominierend ist der Geschmack nach Heu, Kräutern und eindeutig dem Brennnesselrauch. Wobei der Rauchgeschmack eher in Richtung zu feuchter Asche tendiert. Als Begleitung bleiben auch am Gaumen Zitrusnoten. Kein gewöhnlicher Single Malt, aber interessant und lecker.
Rachen, Speiseröhre, Magen / Abgang, Nachklang (0 – 10): 7
Der Abgang gestaltet sich durchaus etwas länger, er wärmt die Speiseröhre und klingt mit der genannten Pomelo und Limonen nach.
Gesamtbewertung (0 – 10): 7,5
Mal etwas ganz anderes, das man auch mal probiert haben sollte. Der Brennnesselrauch hinterlässt Eindruck, das Experiment mit dem Laphroaigfass hingegen hinterlässt im Gegensatz dazu wenig Gewicht. Unterm Strich kann man aber festhalten, dass auch dieser Whisky für das junge Alter hervorragend gemacht ist.
Fazit:
Bei deutschen Whiskys hat man hin und wieder das Gefühl einen Malt-Obstler im Glas zu haben, was gar nicht schlecht sein muss und einfach daherrührt, dass viele Destillerien Malt Whisky mit ihren vorhanden Säulendestillationsanlagen herstellen, durch die sonst Williamsbirne oder Himbeergeist fließen. Bei allen drei skandinavischen Whiskys hatten wir nicht das Gefühl die malzige Version eines Akvavits, Vodkas oder Elchbluts zu trinken. Trotzdem waren sie alle gänzlich anders, sehr interessante Tropfen und wenn wir uns daran halten, sie nicht mit schottischen Single Malts zu vergleichen, doch richtig gut. Die Qualität ist vorhanden.
Den Punkt Preisleistungsverhältnis haben wir in den Whiskygrammen absichtlich außen vorgelassen. Denn hier können die Skandinavier nicht punkten und das würde das gute Bild stark verzerren. Rund 80 Euro für einen halben Liter Whisky mit einem Alter von meist um die 5 Jahre sind nicht preiswert. Und wer dann doch den Vergleich mit seinem 20 Jahre gereiften Lieblingswhisky aus Schottland anstellt, wird damit nicht glücklich werden. Man darf jedoch nicht vergessen, dass dies alles kleine Destillerien mit sehr geringer Produktionskapazität sind. Fast jedes Batch eines Whiskys ist eine Rarität.
Ich bin mir sicher, dass die Skandinavier ihre Liebhaber finden und sich einen Platz in der weltweiten Whiskywelt erobern werden. Für den Anfang sehr gut gemacht, aber Luft nach oben ist durchaus noch da, also können wir gespannt auf die Abfüllungen der nächste Jahre sein. Die ein oder andere Flasche wird es sicherlich mal in unser Regal schaffen. In diesem Sinne: Skål!
The Liquid Madness - Find 2 - Fary Lochan Danish Single Malt Whisky - Whiskygraphie
[…] und zwar nach Dänemark zur Distilleri Fary Lochan. Von dort durften wir bereits vor längerer Zeit etwas probieren und fanden die Qualität des Whiskys schon richtig gut. Von daher ist hier schon mal nichts […]